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Förderung des Tanzes wird großgeschrieben
Der
Hauptstadtkulturfonds unterstützt die Berliner Tanzszene. Die
Tanzcompagnie von Sasha Waltz wird für 2005 mit 575.000 Euro
gefördert, „Tanz im August“ mit 400.000 Euro und
das Festival des zeitgenössischen brasilianischen Tanzes mit
200.000 Euro. Außerdem wird das Theaterprojekt „Phaidra“
des Budapester Kretakör-Theaters in Zusammenarbeit mit den
Salzburger Festspielen und den Sophiensälen gefördert.
Die Vergabe-Kommission des Fonds hat sich aufgrund der laut gewordenen
Kritik darauf verständigt, die Jury-Mitglieder künftig
von Mitgliedern der Akademie der Künste auswählen zu lassen,
um die Entscheidungen transparenter zu machen.
Auch die Bundeskulturstiftung in Halle will den Tanz fördern
und ihm damit mehr Renommee verschaffen. Von den 17,9 Millionen
Euro, die der Stiftung in den Jahren 2005 bis 2009 für „Initiativprojekte“
zur Verfügung stehen, sollen 12,5 Millionen dem zeitgenössischen
Tanz zufließen. Der „Tanzplan Deutschland“ sieht
unter anderem vom 30. Juni bis 3. Juli erstmals seit 1935 wieder
einen internationalen Tanzkongress im Berliner Haus der Kulturen
vor. Außerdem sollen fünf noch auszuwählende Städte
zu Tanzhochburgen werden. Die Städte, die sich auch selbst
finanziell beteiligen müssen, sollen ein ganzes Bündel
von Maßnahmen ergreifen, um dem Tanz eine Bühne zu bieten,
sagte die künstlerische Direktorin der Bundeskulturstiftung,
Hortensia Völckers. Tanz gehöre „wie Musik und Kunst
zur Allgemeinbildung“, sagte die gebürtige Argentinierin,
die bis 1995 das Münchner „Dance Festival“ leitete.
„Der Tanz muss raus aus der Hüpfecke.“
1-Euro-Jobs für die Kultur
Seit
dem 01.01.2005 sind Empfänger von Arbeitslosengeld II verpflichtet,
Arbeitsgelegenheiten wahrzunehmen. Sie erhalten für diese Tätigkeit
ein bis zwei Euro pro Stunde. Den Einrichtungen, die so genannte
1-Euro-Jobber beschäftigen, entstehen keine Kosten, da sowohl
das Entgelt für den 1-Euro-Jobber als auch so genannte Regiekosten
von der Bundesagentur für Arbeit getragen werden.
Der Kulturbereich gilt als einer der Sektoren, in denen 1-Euro-Jobber
tätig werden sollen. In Berlin wird zur Zeit ein Projekt entwickelt,
insgesamt 20.000 Langzeitarbeitslose auf der Basis eines 1-Euro-Jobs
zur Digitalisierung von Kulturgut für zwei Jahre einzusetzen.
Ob 1-Euro-Jobs Wohl oder Wehe des Kulturbereichs sein werden, lässt
sich noch nicht abschätzen. Klar ist jedoch, dass sie einen
„ersten Arbeitsmarkt Kultur“ gefährden. Der Deutsche
Kulturrat prüft derzeit die Chancen und Risiken der 1-Euro-Jobs
für den Kulturbereich.
Konzerthaus-Trouble
Ulrich
Andreas Vogt hat zum 31. Juli 2005 seinen Intendantenvertrag am
Konzerthaus Dortmund vorzeitig gekündigt. Eine vernünftige
Zusammenarbeit sei wegen des „Stils und Niveau der öffentlichen
politischen Diskussion“ und wegen ständiger „diskriminierender
Äußerungen“ hinsichtlich seiner Person nicht mehr
möglich. Die im Herbst vergangenen Jahres neu gewählte
Koalition aus SPD und Grünen habe immer wieder seine wirtschaftliche
Kompetenz für die Leitung des Dortmunder Konzerthauses angezweifelt,
das von Anfang an unterfinanziert gewesen sei, betonte Vogt. Die
Konzerthaus Dortmund GmbH hat Vogt daraufhin mit sofortiger Wirkung
von seinen Ämtern abberufen. Kommissarisch soll das Konzerthaus
nun von dem Geschäftsführer und Intendanten des Dortmunder
Theaters, Albrecht Döderlein, geführt werden. Zugleich
ist man auf der Suche nach einem dauerhaften Nachfolger für
Vogt.
Schindhelm wird Generaldirektor der Opernstiftung
Der
1960 in Eisenach geborene Michael Schindhelm, derzeit Intendant
des (Dreisparten-)Theaters Basel, wird der erste Generaldirektor
der mit dem 1. Januar 2004 errichteten „Stiftung Oper in Berlin“.
Obschon noch bis 2006 in Basel gebunden, wird er seine Arbeit in
Berlin sofort aufnehmen: Die Theatergenossenschaft Basel hat ihr
Einverständnis erklärt, dass Schindhelms Tätigkeit
dort sukzessive abnimmt.
Schindhelm ist an der Internationalen Universität Woronesch
ausgebildeter Diplom-Chemiker; von 1984 an arbeitete er an der Ostberliner
Akademie der Wissenschaften – übrigens in unmittelbarer
Nähe einer Diplom-Physikerin namens Angela Merkel. Noch zu
DDR-Zeiten wechselte er das Metier: Als Dramaturg, Schriftsteller,
Übersetzer zieht er sich zu seiner Familie nach Nordhausen
zurück. Nach der Wende übernimmt er das dortige Theater,
geht dann als Generalintendant an die fusionierten Bühnen Altenburg-Gera,
um 1996 nach Basel zu wechseln.
Schon dort hatte man sich nicht daran gestört, dass Schindhelm
1984 als „IM Weih“ in Woronesch von der Staatssicherheit
angeworben worden war; ein im Vorfeld seiner Berufung nach Berlin
einberufener „Ehrenrat“, dem neben Walter Momper die
DDR-Bürgerrechtler Ulrike Poppe, Lutz Rathenow und Wolfgang
Templin angehörten, bestätigte die Erkenntnisse Basels:
Schindhelm hat niemanden geschädigt und keine Vorteile gezogen.
Nach Vorlage des Bewertungsberichts am 19. Dezember 2004 konnte
Kultursenator Thomas Flierl am 21. bekannt geben, dass seinem Wunschkandidaten
für das Direktorenamt die Zustimmung des Stiftungsrates erteilt
wurde. Vielleicht noch wichtiger: Auch die vier Berliner Intendanten
und der Chef der Staatskapelle Berlin haben sich für Schindhelm
ausgesprochen, der seinen Einstieg so kommentierte: „Ich bin
es gewohnt, in schwierigen Zeiten Theater zu übernehmen.“
Siemenspreis an Dutilleux
Der
französische Komponist Henri Dutilleux erhält in diesem
Jahr den internationalen Ernst von Siemens Musikpreis. Die mit 150.000
Euro dotierte Auszeichnung wird Dutilleux am 3. Juni 2005 in den
Münchner Kammerspielen von der Bayerischen Akademie der Schönen
Künste überreicht. Die Laudatio hält der französische
Musikforscher Dominique Jameux.
In der Begründung der Jury heißt es unter anderem: Neben
Messiaen und Boulez gilt Henri Dutilleux als die große Einzelpersönlichkeit
in der französischen Musik von heute. Er trat 1948 mit seiner
Klaviersonate hervor. Den Durchbruch schaffte er 1959 mit seiner
2. Sinfonie „Le Double“ und 1964 mit dem Orchesterstück
„Métaboles“, das ihm die Anerkennung auch der
Avantgardisten verschaffte. Doch Dutilleux blieb in all den Jahren
unabhängig vom Zeitgeist, obgleich er die Entwicklung der Neuen
Musik stets aufmerksam verfolgte.
Seine organisch gewachsene, filigran gearbeitete Musik entfaltet
sich mit poetischer Klarheit, fernab von traditionellen Formen.
Obwohl sie keine Botschaften verkünden will, ist sie von großer
Spiritualität bewegt, als ob sie auf eine äußerst
feinfühlige Weise die Frage nach der menschlichen Existenz
stellen möchte.
Zur Biografie des Komponisten:
Henri Dutilleux, am 22. Januar 1916 in Angers geboren leitete von
1944 bis 1963 die Musikproduktion von Radio Télévision
Francaise. Von 1961 bis 1970 war er Professor für Komposition
an der Ecole Normale de Musique und Gastprofessor am Konservatorium.
Die Auszeichnung mit dem Siemens-Musikpreis sollte bewirken, dass
Dutilleux’ Schaffen auch im deutschen Musikleben künftig
stärker und vor allem kontinuierlicher präsent ist. Auf
Schallplatten liegt Henri Dutilleux’ Werk allerdings einigermaßen
vollständig vor. gr
Victoria de los Angeles tot
Die
Grande Dame der spanischen Oper ist am 15. Januar im Alter von 81
Jahren in einer Klinik in Barcelona gestorben. Begonnen hatte die
Karriere der Sopranistin, die zu den ganz großen Opern-Interpretinnen
des 20. Jahrhunderts zählt und deren Repertoire auf mehr als
60 Tonträgern dokumentiert ist, bereits 1941 mit Puccinis Mimi
und Mozarts Gräfin in ihrer Heimatstadt Barcelona; über
Mailand, Paris und London führte sie ihr Weg schon in den fünfziger
Jahren an die Met, an der sie sich ein Repertoire von Mozart bis
Wagner ersang. Furore machten ihre Traviata und, im Bayreuther Festspielsommer
1961, ihre Elisabeth in „Tannhäuser“; ihre Manon
in Massenets Oper (unter Pierre Monteux) und ihre Charlotte im „Werther“
(unter George Prêtre) gelten noch heute als maßstabsetzend.
Als sie sich 1979 von den Opernbühnen verabschiedete, zog sie
Gewinn aus ihrer Lehrzeit bei der großen Liedinterpretin Elena
Gerhardt: Sie erarbeitete sich mit stupender Intuition das französische
und das deutsche Kunstlied. Ihren letzten Liederabend in Deutschland
gab sie 1990 in Berlin. „Die Allergrößte der Zarten“,
nannte sie Sir Thomas Beecham.
Mozart komplett
Salzburg
wird im Sommer 2006 zum Schauplatz des größten Mozart-Opernspektakels
aller Zeiten. Zum 250. Geburtstag des Komponisten sollen während
der Salzburger Festspiele 2006 erstmalig sämtliche 22 Bühnenwerke
Mozarts aufgeführt werden. „Wir wollen damit einen bewussten
Gegenakzent zur modischen Highlight-Kultur setzen“, sagte
Festspielintendant Peter Ruzicka. Die Werke wurden oder werden eigens
für die Salzburger Festspiele erarbeitet, teilweise sind es
Koproduktionen mit anderen Theatern und Festivals. Insgesamt sieht
der Spielplan der Festspiele 2006 die Rekordzahl von 87 Opernaufführungen
vor.
Bieito entnervt
Das
Nationaltheater Mannheim kann den als Bühnenbild für Calixto
Bieitos’ Inszenierung des „Don Carlo“ von Giuseppe
Verdi gedachten Bahnhof einmotten und die Suche nach bühnenbodengeeigneter
Blumenerde einstellen, die durch heftigen Regen in Schlamm verwandelt,
nach jeder Vorstellung schnell und keimfrei wieder trocknet. Bieito,
der mit seinen drei Verdi-Inszenierungen in Hannover und zuletzt
mit seiner als „Handbuch der Sexualpraktiken“ kritisierten
„Entführung“ an der Komischen Oper Berlin einigen
Wirbel ausgelöst hatte, gab „in tiefer Depression und
allein aus persönlichen Gründen“, wie das Nationaltheater
verlauten ließ, die Regie zurück, nachdem ihm binnen
zweier Probentage bereits sein König Philipp abhanden gekommen
war.
Generalintendant Ulrich Schwab gab „als gute Lösung der
schwierigen Situation“ bekannt, dass Werner Düggelins
Zürcher Inszenierung der vieraktigen Mailänder Fassung
von „Don Carlo“ aus dem Jahr 2001 nach Mannheim eingeladen
worden sei. Düggelin werde die Übernahmeproben selbst
leiten, Enrico Dovico werde dirigieren.
Veränderungen in Niedersachsen
Das
Land Niedersachsen wird angesichts der „in der Landesgeschichte
einmalig dramatischen Verschuldung“ nicht umhin kommen, bei
der Förderung der Theater einschneidende Veränderungen
vorzunehmen. „Möglicherweise“, ließ Kulturminister
Lutz Stratmann durch seinen Pressesprecher Thomas Philipp Reiter
erklären, „steht die Kulturförderung der Theater
in Niedersachsen vor einer Neudefinition.“
Hohe Einsparungen mussten die drei niedersächsischen Staatstheater
(Hannover, Braunschweig, Oldenburg) bereits erbringen; die Verträge
über die staatlichen Zuwendungen an die fünf kommunalen
Theater (Celle, Göttingen, Hildesheim, Lüneburg und Osnabrück)
sowie an die beiden Landesbühnen in Hannover und Wilhelmshaven
wurden im Herbst 2004 mit Wirkung ab 2007 gekündigt. Innerhalb
dieser zwei Jahre, teilte das Ministerium mit, müsse die Neustrukturierung
der niedersächsischen Theaterlandschaft gemeinsam diskutiert
und herbeigeführt werden. Eine „Rasenmäher-Kürzung“
werde es nicht geben. Die Aufgaben der Bühnen müssten
geprüft und neu definiert werden: „Da muss man sicherlich
Unterscheidungen zulassen und die werden sich in der Förderung
widerspiegeln.“
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