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Überzeugender Neuanfang
Der erste Ballettabend Olaf Schmidts in Regensburg · Von
Juan Martin Koch
Wenn die vergangenen Jahre für das Regensburger Ballett keine
sonderlich herausragenden waren, so lag das weniger an der Compagnie
selbst, in der es immer wieder gute Tänzerinnen und Tänzer
gab. Was fehlte, war vielmehr eine Persönlichkeit, die mit
eigenständigem Profil an die erfolgreiche Arbeit des langjährigen
Ballettchefs Dieter Gößler hätte anknüpfen
können. Die kurze Episode konturlosen Showtanzes unter Ricardo
Fernando hatte das Defizit vollends spürbar gemacht, doch dessen
überraschender Abgang schaffte nun die Chance für einen
Neuanfang.
Und die nutzte Olaf Schmidt, seit dieser Spielzeit in der Chefposition,
mutig und engagiert. Das beinahe etwas überladene Libretto,
zu dem er sich gemeinsam mit Claudia Rieger von den „Vier
Jahreszeiten“ Vivaldis inspirieren ließ, beschreibt
einen mit konkreten Handlungselementen nicht sparenden Zyklus von
Paarbeziehungen. Ausgehend von der trostlosen Winterkälte einer
auseinander gelebten Ehe begegnen wir mehreren Frauen auf der Suche
nach dem individuellen Glück, nach erfüllter Liebe. Ein
Park im Frühling, ein Hotel in der Schwüle des Sommers,
eine herbstliche Abflughalle: Diese durch sparsame Bühnenelemente
und klare Lichteffekte angedeuteten Szenarien liefern das räumliche
Ambiente; ein in die Beobachtung gefangener Engel bildet den Kommentar
dazu.
Die von Sara Leimgruber souverän gestalteten klassischen Elemente
bauen hier den sinnfälligen Kontrast zu einer ansonsten modernen
Tanz- und Gestensprache auf, die auch dort, wo sie bisweilen zu
sehr an die Handlung gebunden erscheint, immer aussagekräftig
und musikalisch plausibel bleibt. Den stärksten Eindruck hinterlassen
Julia Leidhold und Jerôme Delbey in ihrem von Hemmnissen geprägten
und letztlich vergeblichen Versuch einer Annäherung, einem
Moment, der seine Kraft ganz aus dem Tanz heraus entwickelt.
Dem folgt nach der Pause eine lockere Reihung von Nummern, die
in den Paarbildungen aber doch Querverbindungen erkennen lassen.
Einzig dem eröffnenden Fragment aus dem langsamen Satz von
Schuberts Streichquintett – einer noch ausbaufähigen
Gruppenstudie – fehlt noch die Bindung an das übrige
Programm, das sich dann als Feuerwerk intelligenten Tanztheaters
entpuppt.
Denn es ist schon ein Kunststück, einer derart unsäglichen
Version von Piazzollas „Balada para un loco“ (Milva!)
ein so konzentriertes und packendes Stück abzulauschen. Nylea
Mata Castilla, die beweglichste Tänzerin des Ensembles, liefert
hier ebenso eine Glanznummer ab wie Sara Leimgruber und Jérôme
Delbey im anschließenden Quintettsatz Piazzollas. Die stilisierten
Anspielungen auf getanzten Tango bilden die Folie, auf der sich
ein subtiles, augenzwinkernd einschlägige Klischees bedienendes
Spiel um erotische Anziehung entwickelt. Nach zwei Tänzen,
von denen der zweite sinnfällig mit dem individuellen Ausscheren
aus der Gruppe arbeitet, variieren Julia Leidhold und Roberto da
Silva diese Konstellation, die dann im abschließenden Bolero
multipliziert wird. Was sich da unter der Diskokugel an Balzverhalten
beiderlei Geschlechts abspielt, ist zum Brüllen komisch, staunenswert
intensiv und der Musik Ravels entsprechend eine einzige Steigerung.
Berechtigter Jubel für eine Truppe, die noch zusammenwachsen
wird, und für einen Auftakt, der zu großen Hoffnungen
berechtigt.
Juan Martin Koch
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