Die VdO tagte in Weimar
Zu ihrer jährlichen Versammlung trafen sich die Bundesdelegierten
am 10. November 2002 in Weimar, tags darauf trat der Bundestarifausschuss
zusammen. Beide Gremien hatten ein umfangreiches Programm zu bewältigen.
Die satzungsgemäßen Aufgaben eröffneten die Tagesordnung.
Da das Geschäftsjahr zufriedenstellend verlaufen, die Zahl
der Mitglieder ungeachtet des anhaltenden Personalabbaus an den
Theatern sogar geringfügig gestiegen war, der Streik- und Solidaritätsfonds
verstärkt werden konnte und die Revisoren den Jahreshaushalt
2001 ohne Beanstandungen testiert hatten, wurden Hauptkasse und
Vorstand einstimmig entlastet. Margot Ehrlich dankte namens der
Betroffenen dem Bundesvorstand besonders für seinen Beschluss,
hochwassergeschädigten VdO-Mitgliedern zinslose Darlehen zu
gewähren.
Bei den Berichten aus den Landesverbänden, bei denen die finanziellen
Probleme insbeson-dere der kleinen und mittleren Theater gleichsam
den Roten Faden bildeten, hatten auch die drei Neuen in der durch
die Teilung des ehemaligen Landesverbandes Sachsen/Thüringen
von neun auf zehn Mitglieder vergrößerten Bundesdelegiertenversammlung
Gelegenheit, sich vorzustellen: Margot Ehrlich vertritt Sachsen,
Horst Magin Thüringen und Stefan Moser (Bayerisches Staatsballett)
ist als Nachfolger Johann Bohdanskys Landesvorsitzender in Bayern.
Im neu zu wählenden Bundesvorstand waren zwei Positionen vakant,
da Thomas Heymann und Horst Korte nicht mehr kandidierten. Der einstimmig
wiedergewählte Bundesvorsitzende, Winfried Knoll, dankte beiden
im Namen aller Mitglieder für ihre engagierte Arbeit. Wiedergewählt
wurde auch Harro Brodersen, neugewählt wurden Margot Ehrlich
und Jan Herrmann. Neugewählt wurde auch der Bundestarifausschuss
(vgl. Wahlergebnisse im Überblick).
Mit lang anhaltendem Dankesbeifall wurde der seit 1991 amtierende
Hauptkassierer Josef Klütsch bedacht, der aus Altersgründen
Ende 2002 ausscheidet. Der Bundesvorstand bestellte Heinz Potztal
(Essen) zu seinem Nachfolger. Zu Revisoren wurden für das noch
von Klütsch zu verantwortende Geschäftsjahr 2002 wieder
Nelly Umlauf-Boers und Wolfgang Schulz gewählt, die Bundesdelegiertenversammlung
2003 muss, da beide sich zur Ruhe setzen wollen, nach neuen Revisoren
Ausschau halten.
Die erforderlichen Änderungen der VdO- Satzung, die vor allem
aus dem Aufgehen der DAG in ver.di, aus der Teilung des Landesverbandes
Sachsen/Thüringen, aus der DM/Euro-Umstellung, aus dem neuen
Urhebervertragsrecht und aus tarifrechtlichen Gegebenheiten resultieren,
wurden mit qualifizierten Mehrheiten beschlossen. Neu in ihr ist,
dass künftig Mitglieder, die arbeitslos, in Elternzeit oder
länger als sechs Wochen ohne Unterbrechung erkrankt sind, auf
Antrag beitragsfrei gestellt werden können.
Begrüßt wurde die Bereitschaft der Dienstleistungsgewerkschaft
ver.di, mit der VdO einen Kooperationsvertrag abzuschließen;
der Vorstand wurde beauftragt, den vorliegenden Vertragsentwurf
weiter auszuverhandeln.
Der Entwurf des Normalvertrages Bühne, der die Tarifverträge
Solo, BTT/BTTL und Chor/Tanz zusammenfasst (vgl. O&T, Ausgabe
5/02, S. 29) war Gegenstand der Beratungen des Bundestarifausschusses.
Dabei nahmen die von ver.di erhobenen Bedenken gegen die Ausdehnung
des Geltungsbereichs im BTT auf solche Berufe, die bisher nur in
den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes genannt waren,
breiten Raum in der Diskussion ein; die Personal- und Betriebsratsvertreter
der Bühnenkonferenz erläuterten sie ausführlich.
Der Bundestarifausschuss vermochte diese Bedenken insoweit zu teilen,
als er die Gefahr eines Missbrauchs des ausgedehnten Geltungsbereichs
durch die Theater nicht ausschließen konnte; die Frage, ob
die künstlerische Tätigkeit dem Gesamtbild der Beschäftigung
eines Technikers tatsächlich das Gepräge gibt, könne
im Einzelfall zum Streit führen. Doch andererseits widerspiegelte
der neue BTT nur längst an den Bühnen Praktiziertes und
von den meisten Beschäftigten auch Gewolltes; für ver.di-Mitglieder
entfalte er auch keine zwingende Wirkung. Mit dem Günstigkeitsprinzip
im Rücken könne ver.di den neuen BTT sogar werbend nutzen.
Die ebenfalls erörterte Frage, ob die VdO einen NV Bühne
ohne die Sonderregelungen BTT abschließen könne, musste
aus tariftechnischen und tarifpolitischen Gründen verneint
werden. Ein VdO-Spezialvertrag müsse eine Vielzahl von Änderungen
auch im Allgemeinen Teil enthalten, würde Anlass zu neuen politschen
Debatten über undurchschaubares Tarifrecht bieten und würde
in der Sache niemandem dienen.
Da der Normal-Vertrag Chor/Tanz materiell unangetastet bleibt,
da die Beteiligung der VdO am NV Solo Auftrag des Bundestarifausschusses
bereits seit 1999 war und da der NV Bühne vor allem für
die Solisten eine tarifrechtliche Besserstellung bringt, war es
am Ende der mehrstündigen lebhaften Debatte keine Überraschung
mehr, dass der Bundestarifausschuss den Vorstand – bei einer
Stimmenthaltung – einstimmig bevollmächtigte, den neuen
Normalvertrag Bühne in Gänze zu unterschreiben.
Wahlergebnisse im Überblick
Der Bundesvorstand
Winfried Knoll (Vorsitzender, Nationaltheater Mannheim)
Harro Brodersen (Hamburgische Staatsoper)
Margot Ehrlich (Sächsische Staatsoper Dresden)
Jan Herrmann (Deutsche Oper Berlin)
Die Bundesdelegierten/Landesvorsitzenden
Baden-Württemberg: Winfried Knoll (Mannheim)
Stellv. Johannes Egerer (Stuttgart)
Bayern: Stefan Moser (München)
Stellv. Antje Blaschke (München)
Berlin: Jan Herrmann, Stellv. Angelika Huhle und Bernd Halzl
Brandenburg/Mecklenburg-Vorpommern: Sylke Urbanek (Neustrelitz)
Stellv. Günter Walke (Cottbus)
Nord: Harro Brodersen (Hamburg)
Stellv. Klaus-Peter Hallacker (Kiel)
NRW: Michael Kühner (Essen)
Stellv. Bernhard Schmitt (Krefeld) und Maria Hiefinger (Dortmund)
Sachsen: Margot Ehrlich (Dresden)
Stellv. Hans-Wilhelm Wendt (Plauen-Zwickau) und Stephan Breithaupt
(Leipzig)
Sachsen-Anhalt: Helmut Lutze (Magdeburg)
Stellv. Helmut Müller (Halberstadt)
Thüringen: Horst Magin (Weimar)
Stellv. Thomas Briesemeister (Erfurt)
West: Horst Korte (Wiesbaden)
Stellv. Jürg Huggler (Trier) und Klaus Riedelsheimer (Darmstadt)
Dem Bundestarifausschuss gehören die 10 Landesvorsitzenden
an, ferner
Birgit Brux (Staatsoper Berlin)
Johannes Egerer (Staatsoper Stuttgart)
Vera Freese (Theater Bielefeld)
Klaus-Peter Hallacker (Bühnen Kiel)
Eberhard Pöhner (Theater Augsburg)
Der Rechtsausschuss
Margot Ehrlich (Dresden)
Klaus-Peter Hallacker (Kiel)
Bernhard Schmitt (Krefeld-Mönchengladbach)
Der Hauptkassierer (ab 01.01.2003)
Heinz Potztal (Essen)
Die Revisoren (bis 31.08.2003)
Nelly Umlauf-Boers, Wolfgang Schulz
ver.di droht: Warnstreiks im öffentlichen
Dienst
Die Forderungen der Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes,
angeführt von ver.di, die Löhne und Gehälter um mindestens
drei Prozent anzuheben und bis 2007 die Ost/West-Angleichung vorzunehmen,
sind bei der Auftaktverhandlung im November in Stuttgart arbeitgeberseitig
auf Ablehnung gestoßen. Bund, Länder und Gemeinden erklärten
unter Hinweis auf die überschuldeten öffentlichen Haushalte
und die hohen Steuerausfälle, die Gewerkschaften sollten, auch
im Interesse des Erhalts der Arbeitsplätze, über die Möglichkeit
einer „Nullrunde“ nachdenken. Ein „Nullsummenspiel“
würden die Gewerkschaften nicht mitmachen, erwiderte ver.di-Vorsitzender
und Verhandlungsführer Frank Bsirske. Der öffentliche
Dienst dürfte von der Lohnentwicklung in der Privatwirtschaft
nicht abgehängt werden, in der im Frühjahr Abschlüsse
mit einer Drei vor dem Komma erreicht worden seien.
Nicht nur atmosphärisch belastet ist die Lohnrunde im öffentlichen
Dienst von der nach der Bundestagswahl panikartig ausgebrochenen
Spardebatte, die ohne bisher erkennbare Reform-Konzeption einzig
das Ziel hat, die öffentlichen und sozialen Haushalte zu entlasten
bzw. ihnen Mehreinnahmen zu verschaffen. Sie betrifft auch die Beschäftigten
im öffentlichen Dienst. Die „Bull-Kommission“ hat
in Nordrhein-Westfalen den Auftrag, die Möglichkeiten einer
generellen Abschaffung des Beamtenstatus und einer Angleichung des
öffentlichen Arbeitsrechts an das der Privatwirtschaft zu prüfen;
Berlin will die bundeseinheitliche Beamtenbesoldung aufbrechen;
Bayern hat vorgeschlagen, einzelne Tarifverträge des öffentlichen
Dienstes, so die über die Arbeitszeit, die Altersteilzeit,
die Zuwendungen und das Urlaubsgeld alsbald zu kündigen –
und Berlin, das Land mit der höchsten Pro-Kopf-Schuldenlast,
hat auch schon gehandelt: Es kündigte seine Mitgliedschaft
im Arbeitgeberverband, nachdem die Verhandlungen mit ver.di über
einen regionalen „Solidarpakt“ gescheitert waren.
Bsirske hingegen sieht einen anderen Weg, das fiskalische Desaster
zu beenden. Er forderte die Länder auf, die Vermögenssteuer
wieder einzuführen und die Erbschaftssteuer kräftig anzuheben.
Große Vermögen und Erbschaften seien im Vergleich zu
anderen Industriestaaten in Deutschland viel zu gering belastet.
Die Arbeiter, Angestellten und der Mittelstand hätten bereits
den Aufbau der sozialen Sicherungssysteme in den neuen Bundesländern
allein finanzieren müssen; der Zustand, dass „Müllmänner
und Krankenschwestern mehr Steuern zahlten als Daimler-Chrysler“
könne nicht länger hingenommen werden.
Die Künstlergewerkschaften VdO, GDBA und DOV können aufgrund
der Struktur ihrer Tarifverträge Gehaltstarifverhandlungen
erst nach Abschluss der Verhandlungen im öffentlichen Dienst
aufnehmen, deren Fortsetzung für den 18./19. Dezember 2002
vorgesehen ist.
Flutschäden absetzbar
Flutschäden gelten als „außerordentliche Belastung“
i. S. v. § 33 Einkommenssteuergesetz und können steuermindernd
in der Steuererklärung 2002 angegeben werden.
Abzuziehen von den Instandsetzungs- oder Wiederbeschaffungskosten
sind Versicherungsleistungen sowie „die zumutbare Belastung“
, die je nach Einkommen und Familienstand zwischen einem und sieben
Prozent des Bruttoeinkommens abzüglich Werbungskosten ausmacht.
Wir gratulieren
zum 25-jährigen Jubiläum
Heidrun Brockhoff, Staatstheater Braunschweig
Harro Brodersen, Hamburgische Staatsoper
Richard Charles-Fawcett, Hamburgische Staatsoper
Steven Dorn Gifford, Hamburgische Staatsoper
Marlies Gloger, Staatstheater Kassel
Marianne Mann, Deutsche Oper am Rhein Düsseldorf-Duisburg
Christina-Maria Reil, Staatstheater Oldenburg
Reinhard Schüttle, Deutsche Oper Berlin
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