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Der Betriebsübergang und der erweiterte § 613a BGB
Der § 613a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) regelt
Rechte und Pflichten des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers im Falle
eines Betriebsüberganges, zum Beispiel auch bei der privatisierenden
Umwandlung eines bisher als Regie- oder Eigenbetrieb geführten
städtischen oder staatlichen Theaters in eine Gesellschaft
mit beschränkter Haftung (GmbH).
Der bisherige § 613a BGB bestand aus vier Absätzen,
von denen die Absätze 1 und 4 für die Arbeitnehmer besondere
Bedeutung haben. In Absatz 1 ist geregelt, dass „der neue
Inhaber“ in die Rechte und Pflichten aus den zum Zeitpunkt
des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen eintritt.
Gründen diese Rechte und Pflichten des Arbeitnehmers auf den
Bestimmungen eines Tarifvertrages, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses
zwischen dem Arbeitnehmer und dem neuen Inhaber und dürfen
vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs nicht
zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden.
Diese sogenannte Veränderungssperre gilt dann nicht, wenn
während des Jahres die Rechte und Pflichten des Arbeitnehmers
durch einen anderen (neuen) Tarifvertrag geregelt werden. Das BGB
nennt an dieser Stelle zwar auch „andere Betriebsvereinbarungen“,
also Vereinbarungen zwischen dem Betriebsrat (z.B. der GmbH) und
dem neuen Inhaber (z.B. der GmbH), doch schließt § 77
Absatz 3 des Betriebsverfassungsgesetzes ausdrücklich aus,
dass „Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die
durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt
werden“ Gegenstand von Betriebsvereinbarungen sein können.
Nach Ablauf des Sperrjahres gelten die in das Arbeitsverhältnis
transformierten tarifrechtlichen Kollektivrechte grundsätzlich
weiter und können nur durch neue Tarifverträge oder individualrechtliche
Gestaltungsmittel wie z.B. Änderungskündigungen modifiziert
werden. Mit nicht tarifgebundenen, also gewerkschaftlich nicht organisierten
Arbeitnehmern können ohnehin, gleichgültig ob der Arbeitgeber
tarifgebunden ist oder nicht, im Einzelarbeitsvertrag ungünstigere
Regelungen vereinbart werden als der Tarifvertrag sie vorsieht.
Für sie gilt der Tarifvertrag, wenn im Arbeitsvertrag auf ihn
Bezug genommen wird, nur im Sinne einer Gleichstellungsverabredung,
nicht im Sinne eines zwingenden Rechtsanspruchs. Absatz 4 des §
613a BGB erklärt Kündigungen eines Arbeitnehmers aus Anlass
des Betriebsüberganges, seien sie vom alten oder vom neuen
Betriebsinhaber ausgesprochen, für rechtsunwirksam.
Mit Wirkung vom 1 April 2002 ist § 613a BGB um zwei neue
Absätze ergänzt worden, die auch für die Arbeitnehmer
von Wichtigkeit sind. Der neue Absatz 5 sichert das Informationsinteresse
des vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmers. Die neue
Vorschrift besagt, dass der bisherige oder der neue Betriebsinhaber
den Arbeitnehmer in schriftlicher Form über Grund und Zeitpunkt
des Betriebsüberganges zu unterrichten hat, ferner über
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs
sowie über die in Aussicht genommenen Maßnahmen wie zum
Beispiel Änderungen der Produktionsabläufe oder absehbare
Auswirkungen auf die berufliche Entwicklung des Arbeitnehmers.
Absatz 6 räumt dem betroffenen Arbeitnehmer das Recht ein,
innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz
5 dem Übergang schriftlich zu widersprechen mit der Folge,
dass sein Arbeitsverhältnis mit dem bisherigen Arbeitgeber
fortbestehen bleibt – und gegebenenfalls von diesem betriebsbedingt
gekündigt werden müsste.
Der neue Absatz 6 hat zwei Folgen. Unterlässt der alte oder
der neue Arbeitgeber die Unterrichtung oder vollzieht er sie fehlerhaft,
so können die Arbeitnehmer zeitlich unbegrenzt dem Übergang
ihres Arbeitsverhältnisses widersprechen. Die einen Monat währende
Widerspruchsfrist beginnt erst nach Zugang der vollständigen
Unterrichtung. So lange sie dem Arbeitnehmer nicht vorliegt, muss
er sich nicht erklären.
Andererseits: Liegt ihm die Unterrichtung nach § 613a Absatz
5 BGB formgerecht vor, so muss er sich binnen eines Monats schriftlich
äußern. Bloßes Schweigen kann künftig nicht
mehr als Widerspruch gewertet werden; wer den Monat verstreichen
lässt, hat damit dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses
zugestimmt. M.
Steuerfreie Aufwandsentschädigung
Aushilfstätigkeiten eines Opernchormitgliedes, die kurzfristig
an einer anderen Bühne ausgeübt werden (§ 40 Abs.
2 NV Chor/Tanz) sind grundsätzlich bis zu einer Höhe von
3.600 Mark (1.840 Euro) im Jahr steuerfrei. Das ergibt sich aus
§ 3 Nr. 26 Einkommensteuergesetz, der besagt, dass Aufwandsentschädigungen
für nebenberufliche künstlerische Tätigkeiten bis
zur o.g. Höhe steuerfrei sind. Dabei spielt es keine Rolle,
wie die entsprechenden Einnahmen des Opernchormitgliedes deklariert
sind. Der Bundesfinanzhof hat in einem Urteil vom 30. März
1990 (AZ.: VR R 188/87) entschieden, dass die Steuerfreiheit auch
dann gegeben sei, wenn dem Steuerpflichtigen für eine der in
§ 3 Nr. 26 EStG genannten nebenberuflichen Tätigkeiten
keine Aufwandsentschädigung, sondern eine Vergütung für
seine (selbstständige oder unselbstständige) Arbeit gezahlt
worden sei. „Der Umstand, dass eine Vergütung keine Aufwandsentschädigung
ist, steht deshalb der Anwendung des § 3 Nr. 26 EStG nicht
entgegen“, führte der Bundesfinanzhof aus.
Auswirkungen der Schuldrechtsreform auf Arbeitsverhältnisse
Der in die Schuldrechtsbestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches
(BGB) neu eingefügte § 619a sieht eine Umkehrung der Beweislast
bei Verschulden vor. Ein Arbeitnehmer, der eine Vertragsverletzung
begeht, schuldet dem Arbeitgeber nur dann Schadensersatz, wenn dieser
ein Verschulden des Arbeitnehmers nachweisen kann.
Anders als bisher muss zuviel bezahlter Lohn in jedem Fall zurückgezahlt
werden. Nach bisherigem Recht musste der Arbeitnehmer den zu viel
erhaltenen Betrag nur dann dem Arbeitgeber erstatten, wenn er das
Geld oder den entsprechenden Gegenwert zum Zeitpunkt der Feststellung
der Zuvielzahlung noch hatte. Nach neuem Recht (§§ 812
ff. BGB) kann er sich nicht mehr darauf berufen, er verfüge
über das Geld nicht mehr.
Das sogenannte „Schuldrechtsmodernisierungsgesetz“,
in dem auch eine einheitliche Verjährungsfrist von drei Jahren
geschaffen wurde, die ebenso Ansprüche aus Arbeitsverträgen
erfasst, ist am 1. Januar 2002 in Kraft getreten. Der Normalvertrag
Chor/Tanz enthält in § 79 allerdings eine sechsmonatige
Ausschlussfrist.
Nebenverdienst bei vorzeitiger Altersrente
Der Rechtsmeinung eines Rentenversicherungsträgers, die Nebenverdienstgrenze
bei vorzeitigem Altersrentenbezug liege bei 325 Euro pro Monat,
mochte das Bundessozialgericht sich nicht anschließen. Es
entschied, dass zweimal im Jahr bis zu 650 Euro Nebenverdienst erzielt
werden dürfe, ohne dass sich dies nachteilig auf die Rente
auswirke. Dabei sei es gleichgültig, ob es sich um Urlaubs-
oder Weihnachtsgeld oder um Mehrarbeitsvergütungen handele
(AZ.: B 13 RJ 33/01 R).
Entfernungspauschale
Die VdO ist der Rechtsmeinung, die Nichtberücksichtigung
dienstlich erforderlicher Mehrfachfahrten pro Tag von der Wohnung
zur Arbeitsstätte durch die mit Wirkung vom 1. Januar 2001
eingeführte Entfernungspauschale sei entweder eine Regelungslücke
im Einkommensteuergesetz oder aber mit der Verfassung nicht im Einklang
(vergleiche Oper & Tanz Ausgabe 3/02 S.24).Der Bundesvorstand
gewährt allen einschlägig klagenden Mitgliedern Rechtsschutz.
Inzwischen ist eine Reihe entsprechender Verfahren vor den jeweils
örtlich zuständigen Finanzgerichten anhängig gemacht
worden. Die betreffenden Gerichte bzw. die Aktenzeichen können
beim VdO-Justitiariat in Köln erfragt werden (Telefon: 0221/516881).
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