|
Lexikalisches Lesevergnügen
Der New Grove ist erschienen
The New Grove Dictionary of Music & Musicians. 2. Auflage,
28 Bde.+Register, 9.750 Mark
Einer der beiden Herausgeber des New Grove ist der englische Musikwissenschaftler
Dr. Stanley Sadie, der seit 1970 für den Grove
arbeitet und dessen Spezialgebiete Händel, Mozart und die Oper
sind. Er arbeitete auch als Musikkritiker für die Times
und war für die berühmte BBC-Fernsehserie Man and
Music als Fachberater tätig. Im Wesentlichen handelt
es sich beim Grove um eine Philosophie, die sich auf
George Grove berufen kann. Es geht darum, über die Musik zu
informieren in einer lesbaren, interessanten und vernünftigen
Art und Weise, so umfassend wie möglich und eben auch nachprüfbar.
Alle möglichen Strömungen und Meinungen in der Gesellschaft
sollen zu Wort kommen. Und dies soll so aufbereitet sein, dass damit
jedermann etwas anfangen kann. Die intelligenten Schulkinder genauso
wie die professionellen Musikwissenschaftler, praktizierende Musiker
und natürlich die Heerschar der Musikliebhaber. Es soll die
Freude an der Musik vertiefen durch mehr Wissen. So verstanden ist
für Stanley Sadie der Grove ein Lexikon, in dem
man nicht bloß nachschlägt, sondern das man tatsächlich
wie ein Buch liest, in dem man schmökert und sich festlesen
kann oder in dem man einfach nur interessiert blättert. So
wie es Sir George Grove, der Begründer des Lexikons, seinerzeit
gegen Ende des 19. Jahrhunderts intendiert hatte.
Und exakt dies ist eine englische Tugend, die musikwissenschaftlichen
Werken hier zu Lande oft abgeht, die zwar zumeist fachlich höchstes
Niveau repräsentieren, die aber dafür kaum noch lesbar
sind, zumindest nicht für den musikinteressierten Laien. Deshalb
legten die sechzig in der Hauptsache englischen Fachredakteure großen
Wert darauf, dass die sprachliche Durchdringung des Stoffes nicht
auf Kosten der Allgemeinverständlichkeit geht, und dass dabei
auch das Lesevergnügen nicht zu kurz kommt. So mancher der
Artikel, die sich mit durchaus streitbaren Urteilen nicht zurückhalten,
bietet bei aller gebotenen Objektivität reichlich Lesespaß.
Bei über 6.000 Autoren kann dies nicht in jedem Fall gelingen,
aber das Ergebnis kann sich sehen und lesen lassen.
Gottfried Blumenstein
|