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Was Giuseppe Verdis Falstaff zur Berliner Kulturpolitik
sagen würde, ist klar: Alles auf Erden ist nur Spaß
und zu böser Letzt bleiben nur Gefoppte zurück,
weil Torheit die Menschen verleitet, sich gegenseitig zum
Narren zu halten. Das mit den Gefoppten mag ja zutreffen,
ob es aber nur Spaß ist, wenn ein großstädtisches
Publikum in der Deutschen Oper Berlin die Neuenfels-Interpretation
des Nabucco niederbrüllt, der Kultur-Senator am Haushaltsrecht
des Parlaments vorbei regiert, seine Nachfolgerin in später
Erkenntnis ihrer Aufgaben lieber zurücktritt und der
Regierende Bürgermeister seiner abgrundtiefen Skepsis
der Kultur gegenüber Ausdruck verleiht und erklärt,
er denke nicht daran, abgetanzte, abgelatschte Künstler
durchzufüttern?
Die Probleme der Berliner Kulturpolitik sind hausgemacht
und simpel: Zum ersten Male seit Ende der zwanziger, Anfang
der dreißiger Jahre, seit Schwarzem Freitag, Papen-Putsch
und Machtergreifung, ist Berlin wieder eine ganz normale Großstadt,
in der eine Landesregierung (noch ohne Brandenburg und daher
nicht in Potsdam) und die deutsche Regierung ihren Sitz haben.
Aber das will Berlins Kulturpolitik nicht wahrhaben. Die Großmannssucht
der die Kultur missbrauchenden NS-Goldfasanen in der Welt-Hauptstadt
des Großdeutschen Reiches, dann der Wettstreit zwischen
der Insel hinter dem Eisernen Vorhang und der Hauptstadt der
Deitschen Demkratschen Replik, in dem Geld
keine Rolle spielte diese 60 Jahre haben sich ins Bewusstsein
Berlins so tief eingegraben wie die Radspuren ins Pflaster
der Straßen des römischen Imperiums.
Kulturpolitik in Deutschland vor 1933 war immer föderal;
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