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Kulturpolitik
Brennpunkte
Zur Situation Deutscher Theater und Orchester
Thüringen
Das Land Thüringen will in Zukunft für zwölf Theater und Orchester mehr Geld in die Hand nehmen. Das Land hatte mit den beteiligten Kommunen seit über einem Jahr über die künftige Finanzierung diskutiert. Nun soll es ab 2025 nach und nach mehr Geld geben, sodass es laut einem Kabinettsbeschluss, den Kulturminister Benjamin-Immanuel Hoff (Linke) bereits Anfang Juli in Erfurt vorgestellt hat, bis 2032 um deutlich mehr als 100 Millionen Euro jährlich gehen wird. Allerdings solle 2028 nachverhandelt werden. Im laufenden Jahr liegen die Ausgaben des Freistaats bei etwa 83 Millionen Euro.
Es sollten vor allem historisch gewachsene Strukturen erhalten werden können, sagte Hoff. „Neue Sparten können wir nicht finanzieren”, betonte er. Mit dem Aufwuchs würden vor allem steigende Kosten abgefangen werden, die sich etwa aus Tarifsteigerungen für die Theatermitarbeiterinnen und -mitarbeiter ergeben werden. Die betreffende Finanzierungsvereinbarung solle noch im laufenden Jahr unterzeichnet werden, jedoch müssen die Kommunen noch Ihre Gremien einbeziehen, was bis Herbst abgeschlossen sein solle.
Sachsen-Anhalt
Laut einer Mitteilung von Ende Juni will Sachsen-Anhalts Kulturminister Rainer Robra die Theater und Orchester in den kommenden Jahren stärker unterstützen als bisher; dem Minister zufolge sei mit Blick auf die anstehenden Verhandlungen zu den Theater- und Orchesterverträgen für die Jahre 2024 bis 2028 angestrebt, die Grundfinanzierung nochmal zu erhöhen. Darüber hinaus sei das Land bereit, die deutlichen Steigerungen der Personalkosten mitzutragen – zumindest zum Teil. Allerdings müssen wohl auch die kommunalen Träger der Häuser dabei mitgehen.
Wie wichtig die Beteiligung der Kommunen ist, zeigt das Beispiel des Nordharzer Städtebundtheaters, das wegen erheblicher Unterfinanzierung und der vor diesem Hintergrund geplanten Rechtsformänderung zuletzt in die Schlagzeilen geraten war (s.a. Brennpunkt S. 6 in Oper & Tanz Ausgabe 2/2023), und infolgedessen vom Landkreis Harz auch das Orchester mit seinen 35 Stellen in Frage gestellt wurde. Robra sagte hierzu, dass die Kultur wichtig sei für den Tourismus im Harz und „nicht, auch nicht durch politisches Fingerhakeln“ das Orchester gefährdet werden solle.
Mecklenburg-Vorpommern
Auch in Mecklenburg-Vorpommern läuft die Diskussion über die Kulturfinanzierung. Das Land, so erklärte jüngst die Ministerin für Wissenschaft und Kultur Bettina Martin (SPD), werde am Theaterpakt festhalten, der u.a. eine jährliche Erhöhung der Zuschüsse von 2,5% vorsehe. Gleichzeitig betonte sie aber, dass die Häuser darüber hinaus weitere Kostensteigerungen zunächst selbst tragen müssten, wobei das Land in Notfällen aushelfen werde. Angesichts der aktuellen Kostensteigerungen durch Energie und steigende Personalkosten, die eher im zweistelligen prozentualen Bereich zu verorten sind, ist dann wohl der flächendeckende Notfall zu erwarten. Dementsprechend äußert sich auch Kritik vor allem aus den Reihen der oppositionellen CDU, die Nachbesserungsbedarf sieht, da eben nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Häuser die fehlende Finanzierung durch Rücklagen ausgleichen könnten.
Standort Lüneburg:
Bereits Ende 2022 hatten die Gesellschafter des Theaters Lüneburg entschieden, eine externe Untersuchung zur zukünftigen Aufstellung des Theaters in Auftrag zu geben. Die mit der Untersuchung beauftragte Firma actori hat nun drei Szenarien vorgelegt:
- Verkleinerung des Orchesters um etwa ein Drittel
- Abschaffung des gesamten Orchesters bei Beibehaltung eines Spielbetriebs in der Sparte Musiktheater
- Komplette Schließung der Sparte Musiktheater.
Wie auch bei den von actori in der Vergangenheit an anderen Standorten vorgenommenen Untersuchungen wurde wieder einmal festgestellt, dass das Theater bereits jetzt äußerst kosteneffizient arbeite und dass Einsparungen in relevanten Größenordnungen nur über einen Personalabbau realisiert werden könnten. Der Abschlussbericht soll erst in einigen Wochen vorliegen. Im letzten Quartal 2023 sollen dann die Szenarien vorgestellt und politisch beraten werden. Diese Entwicklungen in Lüneburg werfen einen beunruhigenden Schatten auf die kulturelle Landschaft dieser Stadt. Die schockierenden Gedankenspiele, das Orchester oder sogar das gesamte Musiktheater abzuschaffen, sind ein deutlicher Weckruf. Eines der Hauptprobleme, mit denen das Theater in Lüneburg konfrontiert ist, ist der Umstand, dass die vergangenen Tarifsteigerungen nicht in vollem Umfang übernommen wurden. Dies hat zu einem finanziellen Notstand geführt, der die externe Überprüfung der zukünftigen Finanzierung ausgelöst hat. Alle von actori vorgeschlagenen Szenarien würden nicht nur die Arbeitsplätze der Theatermitarbeiter*innen gefährden, sondern auch die Qualität und Vielfalt des kulturellen Angebots in der Region – und damit das Lüneburger Publikum – schwer treffen. Sie würden Lücken in die kulturelle Landschaft reißen und das kulturelle Angebot der Stadt nachhaltig beschädigen.
Die VdO erwartet nun von der Politik, dass sie, statt das Musiktheater zu opfern, nach Lösungen sucht, um die finanzielle Stabilität des Theaters sicherzustellen, ohne dabei die Qualität und den Umfang des kulturellen Angebots zu beeinträchtigen. |