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Rezensionen

Siberia

Umberto Giordano: Siberia. Yoncheva, Sturua, Petean u.a., Chor und Orchester des Maggio Musicale Fiorentino, Gianandrea Noseda; Regie: Roberto Andò, Dynamic Bluray 57928

Das Werk hat ein grundlegendes Inszenierungsproblem: Wie in Janáčeks „Totenhaus“ oder im letzten Akt von „Lady Macbeth von Mzensk“ ist die Darstellung dreckig-armer-roher Lager-Realität kaum zu bewältigen – welcher Chor, welche Solisten würden in derartigen Kostümen auftreten?

Umberto Giordano: Siberia. Yoncheva, Sturua, Petean u.a., Chor und Orchester des Maggio Musicale Fiorentino, Gianandrea Noseda; Regie: Roberto Andò

Umberto Giordano: Siberia. Yoncheva, Sturua, Petean u.a., Chor und Orchester des Maggio Musicale Fiorentino, Gianandrea Noseda; Regie: Roberto Andò

Umberto Giordano wollte seinen Geniestreich „André Chenier“ wiederholen. Das gelang 1898 mit „Fedora“ nur in Teilen – und das 1903 uraufgeführte Musikdrama „Siberia“ hat bis heute zu kämpfen: Der Schlussakt spielt in einem öden Straflager…

Die Dramatik von Luigi Illicas Libretto kann in Teilen überzeugen. Der jugendliche Offizier Vassili liebt die zur fürstlichen Edelkurtisane aufgestiegene Stephana und erschießt den Fürsten. Er wird nach Sibirien verbannt, sie folgt ihm. Ihr geschäftstüchtiger Zuhälter will sie dort zurückgewinnen, indem er sie erpresst; auf der Flucht des Liebespaares opfert sich Stephana und fängt die tödlichen Kugeln ab – sterbend küsst sie die Erde Sibiriens. Gutwillige Analytiker sehen in den Akt-Titeln „Hetäre – Liebende – Heldin“ ein Läuterungsdrama mit „Maria-Magdalena-Zügen“ – was nicht ganz überzeugt. Insbesondere der Finalakt häuft zu viel auf einmal. Das Bühnenteam um Regisseur Roberto Andò will das Ganze retten, indem es die Bühnenhandlung als Aufzeichnung eines B-Movies mit einem Kamera-Team in den Szenen „vorführt“. Um die Glaubwürdigkeit des Ganzen zu erhöhen, fahren wiederholt Leinwände herunter und zeigen alte S-W-Filmsequenzen von Revolutionen, Verhaftungen und Gefangenen-Märschen. Warum zu Stephanas Sterben in der Osternacht dann ein Stalin-Porträt aufscheint, bleibt befremdlich.

All diese Probleme überstrahlt Giordanos Komposition. Er hat russische Melodien, vom „Lied der Wolgaschlepper“ bis zur Zarenhymne, verarbeitet und lässt die Chorpassagen wogen. Vor allem aber flammt in den durchkomponierten Szenen wiederholt große Emotion auf – und diese glutvolle Italianità hat immer wieder erste Starsänger angezogen. Jetzt beeindruckt das gewählte Solisten-Trio, voran Sonya Yoncheva – und macht das Werk hörenswert.

Wolf-Dieter Peter

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