L‘Arlesiana
Francesco Cilea: L’Arlesiana. Coro Marchigiano Vincenzo Bellini, Orchestra Filarmonico Marchigiana; ML: Francesco Cilluffo, R: Rosetta Cucchi. Dynamic / Naxos Bluray 57688
Die Arie „È la solita storia“ machte Caruso zum Erfolgsstück – die Oper selbst ist fast vergessen: Daher gibt der Mitschnitt von Cileas dritter Oper „L’Arlesiana“ aus dem Teatro Pergolesi den ersten Komplett-Eindruck.
Francesco Cilea: L’Arlesiana. Coro Marchigiano Vincenzo Bellini, Orchestra Filarmonico Marchigiana; ML: Francesco Cilluffo, R: Rosetta Cucchi. Dynamic / Naxos Bluray 57688
Die hier gezeigte Fassung ist ein ernsthaftes Werk über dörfliche Enge, Fremdenaversion und problematisches Matriarchat. Cilea hat die französische Provence nicht folkloristisch ausgebeutet, und so klingen die Chöre nur atmosphärisch aus dem Off herein. Dramaturgisch singulär bleibt, dass die vom Dorfburschen Federico geliebte „Arlesianerin“ überhaupt nicht auftritt. Sein Scheitern und Selbstmord lassen an Werther denken, doch Regisseurin Rosetta Cucchi betont sehr klar und eindringlich eine auf „Ausbruch“ fixierte manische Erkrankung, die tödlich endet – und das in expressiver Personenführung bis hin zu surrealen Wahn-Bildern für Federicos Hoffnungen und Leidensträume, alles auf der Höhe heutiger Musiktheaterregie. Das gelingt, denn trotz der fundamentalen Krise der italienischen Oper belegt die Aufführung, dass es erstklassige einheimische Sänger gibt: voran Mezzosopranistin Annunziata Vestri als „auf Sohnesglück, Dorf und Heimat“ fixierte Mutter, die den Sohn „aus Liebe“ ruiniert, daneben Mariangela Sicilia als unglücklich liebendes Mädchen aus dem Dorf oder der Dorfälteste Stefano Antonuccis. Dem begeisternden russischen Tenor Dmitrj Golovnin gelingt ein fesselndes Porträt Federicos. Sie alle beweisen die theatralische Lebenskraft von Cileas Werk.
Wolf-Dieter Peter
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