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Kooperation und Zusammenarbeit
Royston
Maldoom: „Tanz um dein Leben. Meine Arbeit, meine
Geschichte“ (aus dem Englischen von Nora Petra Lachmann),
S. Fischer Verlag, 315 Seiten, ISBN 978-3-10-047390-5. 22,95 Euro. Jeder Mensch ist ein Tänzer“ – diese Feststellung
des Bewegungstheoretikers Rudolf von Laban in den 1910er-/20er-Jahren
war in Vergessenheit geraten – bis der Brite Royston Maldoom
sie wieder in Erinnerung brachte, genauer: mit seinen Laienprojekten
konkret umsetzte. Obgleich schon seit einem Vierteljahrhundert
als leidenschaftlich engagierter Pädagoge und Choreograf des „Community
Dance“, des Gemeinschaftstanzes mit Nicht-Tänzern, zwischen
Nord-irland und Südafrika, Bosnien, Litauen, Peru und Deutschland
unterwegs, wurde Maldoom international erst durch den Film „Rhythm
is it!“ bekannt, eine Dokumentation des 2003 von Simon Rattle
und den Berliner Philharmonikern organisierten Tanzprojekts, in
dem der Wahlberliner Maldoom mit 250 Kindern und Jugendlichen eine
Choreografie zu Strawinskys „Le Sacre du Printemps“ („Frühlingsopfer“)
erarbeitete. Jetzt erzählt seine Autobiographie „Tanz
um dein Leben – Meine Arbeit, meine Geschichte“ seine
ungewöhnliche Laufbahn vom Tanz-Spätstarter zur Galionsfigur
des „Community Dance“.
„
Okay, are you ready – Yes!“ und „It‘s called
cooperation“, so begrüßt er seine Workshop- und
Projektteilnehmer mit einem hörbaren Mutmach-Willkommen in
der Stimme. Kooperation, Zusammenarbeit ist das Prinzip seiner
Arbeit und seines Erfolgs. Dass er Menschen gleich welchen Alters,
welcher Hautfarbe oder sozialer Herkunft, Behinderte wie Straßenkinder
und Gefängnisinsassen, so erfolgreich zum Tanzen bringen
kann, erklärt sich aus
seiner eigenen Biographie: Vom Landwirtschaftslehrling zum Tanz-Spätberufenen
mit 20, der seinen nicht mehr ganz so gefügigen Körper
in verschiedenen Tanzstudios der knüppelharten Trainingsdisziplin
unterzieht; der, mittellos, sich mit Jobs jeglicher Art über
Wasser hält, zeitweise sogar auf der Straße lebt. Dieser
steinige Weg war für ihn die große Lehre, in jedem Menschen
ein Bewegungstalent zu entdecken.
Maldoom beschreibt seinen Werdegang, die Härten wie die unerwarteten
kleinen und großen Lebenshilfen, die choreografischen Hürden,
die Selbstzweifel und das Gelingen seiner Projekte, schildert das
alles, die Landschaften, die Menschen, die Begegnungen und seine
tanztheoretischen Einsichten (in gesondert eingeschobenen Kapiteln)
so unprätentiös lebendig, dass man von diesem Tanzmagier,
der in diesem Jahr 67 geworden ist, auch den Mut zu mehr Lebens-offenheit,
zu mehr Vertrauen zu seinen eigenen Fähigkeiten lernen kann.
Das Buch entstand in Zusammenarbeit mit der US-Choreografin Jacalyn
Carley, in den 1980er-Jahren Mitbegründerin der Berliner Tanzfabrik
und inzwischen Autorin von Romanen und Sachbüchern. Von ihr
ist auch das kürzlich erschienene „Royston Maldoom – Community
Dance. Jeder kann tanzen“ (Henschel Verlag, 16,90 Euro),
ein Praxisbuch, das mit seinen detaillierten Beschreibungen von Übungen
und Improvisationsspielen, von Disziplin- und Organisationsfragen,
mit Tipps zu Veranstaltungen und Fördermittelbeschaffung vor
allem Tänzern, Tanzpädagogen und an Tanz interessierten
Schullehrern dienlich sein kann. Malve Gradinger
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