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Jan Garbarek: „Officium Novum.
The Hilliard Ensemble“;
ECM, NEW SERIES 2125 476 3855
Das neueste Album des Labels ECM ist ein Projekt, das aus der
Ruhe kommt, gewissermaßen. Es ist gewachsen, lange durchdacht
und behutsam „gemacht“ worden im Studio. Es folgt auf „Officium“ (1993)
und „Mnemosyne“ (1999) in gleicher Künstler-Kombination.
Jetzt sind nicht Mittelalter und Renaissance „tonangebend“.
Jedes Musikstück von „Officium Novum“ ist ein
Weg, sich von der Stille zu entfernen und wieder zu ihr zurückzukehren. „Aus
Musik entsteht Stille. Und manchmal wird Stille selbst zur Musik.“ Als
gedanklicher Hintergrund fungieren Texte, die teilweise auf Komitas
beruhen, dem armenischen Musiker, Sänger, Dichter und Freiheitskämpfer.
Claude Debussy bescheinig-te: „Brillant, Vater Komitas! Ich
verneige mich vor Ihrem musikalischen Genie!“ Das Wesentliche
dieser „Officium Novum“-Produktion erschließt
sich allerdings aus der musikalischen Struktur und den ihr innewohnenden
improvisatorischen Momenten.
„Officium“ war (und ist) ein Opus mit Langzeitwirkung,
mit einer Aura aus tiefer Melancholie und aus intensivem Trauern,
aus
der Sprachlichkeit des Saxophons, aus der Klanglichkeit des Gesangs.
Hier werden Seelen, Herzen, Hirne berührt, sehr weit über
ideologische Engstirnigkeiten hinaus, über religiöse
Indoktrination und politisches Imponiergehabe hinweg. Das ist nicht
zeitgeistig. Das ist Geist der Zeit mit Zukunftsperspektive.
Wolf Loeckle
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