Diese Vorgehensweise ist für Beobachter und vor allem für die Beteiligten kaum nachzuvollziehen, ja, sie wird insbesondere von den 350 Studentinnen und Studenten als undemokratisch betrachtet. Denn Professor Jacobsen hatte schon 1999 bekannt gegeben, dass er im Jahr 2000 in Pension gehen wollte, damit genügend Zeit für die Ausschreibung seiner Professur bleibe. Die Ausschreibung wurde aber vom Senat der HMT verzögert, so lange, dass daraus der aktuelle Zugzwang entstand. Außerdem wirkt die Entscheidung des HMT Senats deshalb irrational, weil Professor Jacobsen nicht zu einer Anhörung geladen war. Darüber hinaus ist er über die Absicht zu diesem Beschluss erst einen Tag vorher informiert worden: aufgrund eines Freisemesters war Jacobsen aus der hochschulinternen Kommunikation ausgegliedert. Er hatte keine Chance, rechtzeitig zu reagieren. Dieses Verhalten der Hochschulleitung hat ihn, wie er sagte, tief verletzt, aber nicht verbittert. Zehn Jahre erfolgreiche Ausbildung nach der Methode von Theaterlegende George Tabori sind damit zur Disposition gestellt. Gegen diesen Beschluss hat sich seitdem massiver Protest formiert, national und international solidarisieren sich Institutionen sowie (prominente) Kolleginnen und Kollegen zu einer Abwehrfront. Denn die HMT ist ein bundesweit einmaliges Modell, Musik und Theater unter einem Dach auszubilden. Insbesondere ist der von Professor Jacobsen herbeigeführte Kooperationsvertrag mit dem Saarländischen Staatstheater hervorzuheben. Dieser sieht vor, dass das Staatstheater für musikhochschuleigene Inszenierungen die notwendige Infrastruktur zur Verfügung stellt und auch sonst engstens mit der HMT zusammenarbeitet. Mit ebenso einmaliger Effektivität: 98% aller Absolventen erhalten Engagements, so dass sich das Image der Kulturregion Saarland positiv entwickelt hat. Faktoren, die für den Erhalt der Schauspielabteilung sprechen, aber von den politisch Verantwortlichen ignoriert werden. Der Intendant des Staatstheaters, Josef Schildknecht, hat denn auch den studentischen Protest logistisch mit Büroräumen sowie Fax und Telefon unterstützt. Eine Folge dieses Beschlusses wäre schließlich, dass zahlreiche Aufführungen umbesetzt werden müssten oder gar nicht stattfinden könnten. Studentisches Personal ist billiger als professionelles. Das Niveau studentischer Aufführungen ist jedoch von der Presse stets hoch gelobt worden. Und aus Saarbrücken kommen die Besten, wie Ole Puppe vom Wiener Burgtheater erfahren hatte. In Saarbrücken haben die Studentinnen und Studenten rund 15.000 Unterschriften gesammelt und dem Kulturminister überreicht. Als Argumente und Verhandlungen kein Umdenken bewirkten, êrzwangen öffentliche und politische Aktionen eine Anhörung vor dem Kulturausschuss des Saarländischen Landtags Die fand am 14. Februar 2001 statt; als externe Sachverständige hatte der Ausschuss Rolf Bolwin, Martin Buchhorn, Stefan Meuschel und Günter Rühle geladen. Mochten deren kulturpolitische und -wirtschaftliche Argumente ebenso überzeugend gewesen sein wie die Hinweise auf die Arbeitsmarktsituation im Bereich der darstellenden Künste der zuständige Minister, Jürgen Schreier, teilte tags darauf der Presse mit, die Landesregierung respektiere die gesetzlich verankerte Hochschul-Autonomie und werde den Beschluss des Senats, die Schaupielabteilung aufzulösen, nicht in Frage stellen. Wozu dann die Anhörung? Dem Berichterstatter des Ausschusses war nicht einmal Zeit gegeben, das Landtagsplenum zu unterrichten. Parlamentarismus als Spiegelfechterei? Mehr als fraglich ist es, ob der Hungerstreik von sechs Schauspielstudenten, zu dem der Protest kulminierte, noch zu einer Rücknahme des Schließungsbeschlusses führen wird. Umso bedauerlicher für Professor Jacobsen, dessen international beachtete Arbeit durch den politischen Kleinmut und die Krämerseele mancher Spareiferer verunglimpft wird. Saarbrücken und die Musikhochschule wird einen irreparablen Imageverlust hinnehmen müssen.
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