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Eine kleine Revolution
Generalversammlung des Deutschen Musikrats
Eine geschlossene Gesellschaft ist seit kurzem öffentlich:
Was sich bei der Generalversammlung des Deutschen Musikrates in
Berlin zutrug, kommt einer kleinen, feinen Revolution gleich. Über
Jahrzehnte gewachsene, mittlerweile verknöcherte Kraft- und
Macht-Strukturen wurden gegen ihren Willen durch demokratische Wahlen
so nachhaltig verändert, dass man zukünftig mit tief greifenden
Reformen rechnen darf.
Dieser Vorgang zeichnet den Musikrat im deutschen Verbandswesen
aus. Denn vergleichbare Vereine man denke ans Rote
Kreuz oder so manchen Sportbund bedurften nach einem
verschleißbedingten Zusammenbruch erstmal der massiven Hilfe
von außen, um weiterwirken zu können. Der Deutsche Musikrat
beginnt also langsam, aber sicher, sich aus eigener Kraft zu erneuern.
Dieser Häutungsprozess ist mit hohen Risiken verbunden. Der
Lebensraum, das aktuelle gesellschaftliche Umfeld, bietet den Künsten
gerade wenig Atemluft. Kalte Berechnung bestimmt das kulturelle
Klima. Gute Zeiten für falsche Propheten, die Mehrwert mit
Wert verwechseln und quotenorientiertes Marketing für das wichtigste
menschliche Steuerungselement halten. Es wird folglich darum gehen,
sich der zeitgenössischen Instrumentarien zu bedienen, um die
gewachsenen Werte weiterzuentwickeln. Dabei gilt es zu verhindern,
dass diese Werkzeuge, ob sie denn Public Relations, Controlling
oder Ressourcen-Optimierung heißen wie in anderen gesellschaftlichen
Bereichen zum Selbstzweck geraten.
Dabei kann der Musikrat freilich auf ein stabiles Repertoire zurückgreifen.
Seine Projekte stehen solide vom Wettbewerb Jugend
musiziert bis zum Dirigentenforum, vom Musikinformations-Zentrum
bis zum Bundesjugendorchester. Was noch fehlt nämlich
eine schlüssige Vernetzung all dieser Maßnahmen
wird endlich zur zentralen Aufgabe des neuen Musikrats-Präsidiums
und des hoffentlich ebenfalls reformfähigen Generalsekretariates.
Hauptsache: Musik könnte man dieses musikalische
Intra-Net taufen: In der Hoffnung, dass daraus die lauteste Kampagne
für kulturelle Bildung und musikalische Qualität seit
Erfindung der Kirchenglocke entsteht.
Theo
Geißler
Das
neue Präsidium
Die tiefe Unzufriedenheit der höchsten Instanz
des Deutschen Musikrates, nämlich der Generalversammlung, mit
dem Zustand des musikalischen Spitzenverbandes fand auch bei der
Wahl zum Präsidium deutlichen Ausdruck. Noch nie ist der präsidiale
Wahlvorschlag so gründlich zerlegt worden wie in diesem Jahr.
Sich ohne Gegenkandidaten ein Drittel Gegenstimmen oder Enthaltungen
einzufangen, sollte den alten und neuen Präsidenten Franz Müller-Heuser
zu ein wenig Selbstkritik veranlassen. Bemerkenswert ist die starke
Präsenz der Landesmusikräte im Präsidium: Steht zu
hoffen, dass diese frischen Kräfte auch dank ihrer Erfahrung
im Umgang mit Politikern und den Medien endlich angemessenen Schwung
in das müde gewordene Getriebe des Musikrates einbringen. Porträts
der neuen Rats-Mitglieder finden sich unter www.nmz.de im Web.
- Prof. Dr. Franz Müller-Heuser (Präsident)
- Prof Dr. Eckart Lange (Vizepräsident)
- Dr. Ulrike Liedtke (Vizepräsidentin, Musikakademie Rheinsberg,
Landesmusikrat Brandenburg)
- Rüdiger Grambow (Infocenter Zupfmusik Hamburg, Zupfmusikmagazin)
- Christian Höppner (Musikschule Berlin-Wilmersdorf, HdK
Berlin, Landesmusikrat Berlin)
- Prof. Dr. Karl-Jürgen Kemmelmeyer (Hochschule für
Musik und Theater Hannover, Landesmusikrat Niedersachsen)
- Prof. Wilfried Krätschmar (Musikhochschule Dresden)
- Axel Linstädt (Bayerischer Rundfunk, Leiter der Hauptabteilung
Musik)
- Stefan Piendl (BMG Ariola Classics)
- Michael Russ (Verband deutscher Konzertdirektionen)
- Hans-Dieter Starzinger (Kultusministerium NRW).
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