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Des Kaisers neue Kleider
Der Heimat- und Verkehrsverein des niederrheinischen Städtchens
Kleve schrieb 1998 einen Komponistenwettbewerb aus. Hunderttausend
Mark Preisgeld wurden ausgelobt und eine hochrangige Jury berufen,
der Louis Andriessen, Luciano Berio, Bojidar Dimov, Georg Katzer,
Gerhard R. Koch, Henri Pousseur, Boguslaw Schaeffer, Noan Sherift
und Jürg Wyttenbach angehörten: also global vom Feinsten.
Ausschreibungsgegenstand war in jeglicher Form und Besetzung
Musik in europäischen Gärten. Die eingereichten
Kompositionen sollten mit den historischen Parkanlagen von
Kleve ein Gesamtkunstwerk ergeben. Die Idee zu dieser Klangbepflanzung
könnte von Beuys stammen, dessen Museum bei Kleve angesiedelt
ist und neben historischen Reminiszenzen das kulturelle Image des
Städtchens bisher allein prägt. Als Anfang März 2000,
bei Einreichungsschluss, 172 Partituren aus 30 Ländern eingegangen
waren, konnten Jury und Auslober sich vom weltweiten Interesse
international bekannter Komponisten bestätigt fühlen.
Einer völlig unbekannten Tonsetzerin aus München, Gabriele
Allendorf, sprachen sie den Sonderpreis zu, verbunden
mit dem Versprechen, die feudalen Parkanlagen im nächsten Jahr
ihrem Trommelfeuer auszusetzen. Denn Trommelfeuer
nennt sich der Jung-Komponistin 59-seitiges Klangwerk, das für
zehn Congatrommeln, zehn Trompeten, acht Piccoloflöten und
einen Signalgeber gesetzt und in eine äußerst zeitgemäße
schaltplanhafte Aktionspartitur eingepasst ist. Mag sein, dass die
Juroren ebenso der Selbstkommentierung des Werkes erlagen (Beuys
lässt grüßen): Auch ein Park ist nur so schön
wie die Seelen der darin befindlichen Spaziergänger,
orakelte es in Gabriele Allendorfs Vorwort.
Die aber ist in Wirklichkeit Diplom-Ingenieurin in München
und hatte nur ihren Namen hergegeben für die Schnapsidee
zweier ihr befreundeter Komponisten aus Kleve. Andreas Daams und
Heiner Frost gaben sich nach der Auszeichnung des Trommelfeuers
als die Autoren zu erkennen und erklärten, ihr Werk
sei nichts als eine Mogelpackung und der Versuch,
einmal auszuprobieren, wie leicht ein Kollegium hoch geschätzter
Komponisten ver- arscht werden kann. Ganze drei Stunden hätten
sie gebraucht, auf der Grundlage wahllos in ihr Computerprogramm
eingegebener Noten das 20-minütige Klanggemetzel der
Beliebigkeiten zu fertigen. Ob Daams und Frost Parkverbot
bekommen, wenn dieser unter Trommelfeuer liegt? Selbst
wenn dann 1.000 Leute klatschen, bleibt unsere Produktion
von Unsinn Schrott, meinen sie. Ob Beuys sich amüsiert?
Wen
dirigiert Maestro Mak Ka-Lok?
Rund 10.000 Bewohner Hongkongs besuchten Mitte August die sieben
Konzerte der Moskauer Philharmoniker, die das Erholungs-
und Kulturamt der Regierung veranstaltet hatte. Das Publikum war
begeistert und die Presse schwärmte vom seelenvollen,
wütenden und leidenschaftlichen Klang der Philharmoniker.
Der in Moskau lebende Hongkonger Mak Ka-Lok dirigierte Mussorgsky
und Chinesisch-Volkstümliches.
Anfangt September aber verlautbarte Sovinart, die Agentur der berühmten
Moskauer Philharmoniker, es mögen vielleicht Russen,
vielleicht sogar Moskauer gewesen sein, die da in Hongkong aufspielten
die Moskauer Philharmoniker seien es jedenfalls
nicht gewesen, denn die befänden sich auf Europa-Tournee. Hongkong
ist geschäftstüchtig: Gefälschte Markenuhren, raubkopierte
Software, gefälschte Orchester...
Kopf
ab
Für ihre Festspiele-Neuinszenierung von Händels Rinaldo
suchte die Bayerische Staatsoper: Einen jungen Mann, Größe
160 bis 162 Zentimeter, Brustumfang 95 bis 100 Zentimeter, der keine
Angst hat, sich enthaupten zu lassen. Wird seither
jemand vermisst?
Keine
Zeit für Aida
Ob er überwiegend privat oder dienstlich in Kairo gewesen sei,
wollte der Untersuchungsausschuss des Niedersächsischen Landtages
vom früheren Ministerpräsidenten, Gerhard Glogowski, wissen,
der eine Reise für einen Touristikkonzern mit einem Besuch
einer Open-Air-Aufführung der Aida an den Pyramiden
verbunden hatte. Ich bin kein so großer Opernfan,
meinte Glogowski, um drei Tage meines Arbeitspensums für
eine Opernaufführung zu opfern. Ob er wohl in Braunschweig
in die Oper geht?
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