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Vom Hörfunk oder vom Fernsehen mitgeschnittene Theater-Aufführungen
und Konzerte aus den letzten vierzig Jahren werden in den neuen
Spartenkanälen öffentlich-rechtlicher oder privatwirtschaftlicher
Rundfunk-Veranstalter dem Publikum wieder zugänglich gemacht.
Das ist kulturpolitisch dankenswert. Empfangen werden können
diese Programme nur mit Hilfe von digitalen Decodern, die bisher
lediglich bei den Abonnenten von Premiere World in relevanter Zahl
vorhanden sind. Trotz des Danks bleibt die Frage: Wie halten es
die Veranstalter eigentlich mit den Rechten der Urheber und mitwirkenden
Künstler, wie mit den Folgevergütungen?
Private Überspielungen dieser wieder zugänglich
gemachten Produktionen finden (noch) nicht statt, weil für
digitales Signal geeignete Aufzeichnungsgeräte (noch) nicht
auf dem Markt sind. Und der Abruf aus Online-Systemen über
Netz und PC funktioniert derzeit (noch) nur bei Sprache, Musik und
stehenden Bildern. Schon jetzt stellt sich aber die Frage: Wann
werden der PC, als zur Vornahme von Vervielfältigungen bestimmtes
Gerät, und die jeweils verwendeten Träger urheber-vergütungspflichtig,
wie es im analogen Bereich gesetzlich geregelt ist? Oder will der
Gesetzgeber die Lizenz zur privaten Vervielfältigung abschaffen?
Geht das in der Praxis?
Das digitale Signal der CD ist ebenfalls kopierbar. Mit marktüblichen
CD-Brennern lassen sich dem Original gleichwertige Vervielfältigungsstücke
in beliebiger Zahl und - soweit dies unentgeltlich und zum privaten
Gebrauch geschieht - legal herstellen. Der hierfür genutzte
Rohling kostet knapp 10 Prozent einer CD. Weshalb diese dann kaufen?
Und wieder die Frage: Warum sind CD-Brenner und Rohling nicht urheber-vergütungspflichtig
- und zwar in voller Höhe des Lizenzanteils des marktüblichen
CD-Kaufpreises? Mag Europa träumen, die Industrie dösen
- die Urheber und Mitwirkenden jedoch sollten sich energisch zu
Wort melden, ist das Urheberrecht doch ein Teil ihres existenzsichernden
Arbeitsrechts.
Das Urheberrecht ist in Deutschland mit dem entsprechenden
Gesetz von 1965 gut geregelt; die notwendige Ausgestaltung und Stärkung
der Rechte der ausübenden Künstler ist in Umsetzung des
entsprechenden WIPO-Vertrages mit dem fünften Urheberrechts-Änderungsgesetz
in Vorbereitung. Doch weist das deutsche Urheberrecht ein Defizit
auf, das Bermudadreieck der Autoren- und Künstlerrechte zu
nennen, keine Übertreibung ist: Es fehlen ihm nahezu alle zwingenden
vertragsrechtlichen Bestimmungen, mit der Folge, dass der schwächere
Vertragspartner, und das ist zumeist der Urheber, vom nicht zuletzt
wirtschaftlich stärkeren, und das ist zumeist der Verwerter,
über den Tisch gezogen werden kann. Selbst die verfassungsrechtliche
Garantie, das Urheberrecht und das ihm verwandte Leistungsschutzrecht
sei in der Form der Nutzungsrechte Eigentum im Sinne
des Grundgesetzes, woraus der Anspruch der Rechte-Inhaber resultiere,
dass ihnen der wirtschaftliche Nutzen ihrer Arbeit zugeordnet werde,
steht nicht im Gesetz, sondern nur in mehreren Entscheidungen
des Bundesverfassungsgerichtes. Die Bundesregierung hatte dieses
aus dem dispositiven Charakter der meisten Urheberrechtsbestimmungen
herrührende Defizit schon 1965 erkannt und Abhilfe durch ein
umfassendes Urhebervertragsgesetz in Aussicht gestellt. Ob daraus
jetzt, nur mal 36 Jahre später, auch unter dem Druck der technischen
Entwicklungen, etwas wird?
Die urheberrechtlich sehr engagierte Bundesjustizministerin,
Herta Däubler-Gmelin, hat alle einschlägig befassten Organisationen
gefragt, ob sie entsprechenden Gesetzgebungsbedarf sähen. Nach
dem dröhnenden Nein aller Verwerter und dem fordernden
Ja aller Urheber hat sie für den 29. Februar 2000
eine erste Anhörung in Berlin angesetzt. Write your congressman/woman!
würde man jetzt in den USA sagen.
Ihr
Stefan Meuschel
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