Kulturpolitik

Theaterzukunft in Gera

Podiumsdiskussion am Theater Altenburg Gera

„Zukunft?! Wie geht es weiter mit unserem Theater?“ Unter diesem Thema lud der Betriebsrat der „Theater Altenburg Gera gGmbH“ alle MitarbeiterInnen am 28. März 2022 zu einer Podiumsdiskussion in den Geraer Konzertsaal ein. Auf dem Podium saßen der Minister für Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten des Landes Thüringen, Benjamin-Immanuel Hoff, der Landrat des Altenburger Landes Uwe Melzer und die Oberbürgermeister der Städte Altenburg und Gera, André Neumann und Julian Vonarb.

Weitere Gäste waren Vertreter der Fördervereine und Mitglieder des Aufsichtsrates; Betriebsratsmitglied Frank Raspel moderierte. Uli Häsler, Fundraiser und Projektmanager, eröffnete die Veranstaltung mit einer Präsentation der Theaterstatistik 2019/20 des Deutschen Bühnenvereins.

V. li..n. re.: OB Gera Julian Vonarb, OB Altenburg André Neumann, Minister Benjamin-Immanuel Hoff, Landrat Uwe Melzer und Moderator Frank Raspel. Foto: Heiko Retzlaff

Die Ausgangsfrage „Theater als Wirtschaftsfaktor?“ wurde von den Lokalpolitikern unterschiedlich beantwortet, die Bedeutung dieser Thematik aber für die gesamte Region herausgestellt.
„Welche Bedeutung hat das Theater Altenburg Gera für das Land Thüringen?“ Minister Hoff würdigte die Leistungen der Mitarbeiter in den vergangenen Jahren sowie ihre Kreativität während der Pandemie. Er verwies auf die erheblichen Mittel, die das Land Thüringen für Baumaßnahmen bereitstellt, mahnte an, Theater nicht nur als wirtschaftlichen Faktor zu sehen und betonte: „Thüringen lebt aus und mit den historisch gewachsenen Theaterstrukturen! Alle Standorte sollen bestehen bleiben, der schrittweise Übergang zur Entlohnung nach Flächentarif wird angestrebt.“

In der folgenden Diskussion begründeten Mitglieder der Belegschaft ihre Sorgen und Existenzängste: Jahrelange Haustarifverträge, die Positionen der Gebietskörperschaften und die Unsicherheiten bei der künftigen Finanzierung wurden als Hauptursachen genannt.

Der Altenburger Landrat verwies darauf, dass die Finanzierung bis 2024 gesichert sei und dass am 1. April das Auftaktgespräch zwischen Land und Kommunen für den Zeitraum ab 2025 stattfinden werde.
Altenburgs Oberbürgermeister sicherte den Erhalt des Theaters zu, allerdings gäbe es Bestrebungen einer Minderheit im Stadtrat, die Theaterstruktur zu überdenken. Im weiteren Verlauf der Veranstaltung mahnte er „Wahrheit und Klarheit“ in der Diskussion an: „Wenn die Finanzierung ab 2025 von der Stadt Altenburg jährlich 600.000,00 Euro mehr plus Kreisumlage verlangen sollte, muss man doch über Konsequenzen reden dürfen!“ Aus dem Publikum wurde gekontert, dass eine Fremdbespielung als Option für Altenburg nicht akzeptabel sei!
Weitere Wortmeldungen folgten aus dem Saal zur Stellenreduzierung im Orchester und der hohen Arbeitsbelastung in vielen Bereichen. Wieder reagierte Altenburgs OB mit der Aussage, Stellenerhöhungen seien aktuell von der Kommune nicht leistbar.

Minister Hoff konstatierte: „Wir wollen die Prämissen des bestehenden Finanzierungsvertrages für Gera/Altenburg beibehalten!“ Im Blick auf den zukünftigen Fachkräftemangel halte er Bezahlung nach Flächentarif für absolut notwendig. Darüber hinaus sei eine Strukturfinanzierung, zweckgebunden für die Theater, immens wichtig. „Dann benötigen wir in Zukunft keine Debatte mehr zur Theaterfinanzierung!“ Er berichtete über die im Vergleich zu 2009 umfangreichen Finanzierungsprogramme 2019/2020 und über „Neustart Kultur“.

Ein Mitglied des Aufsichtsrates lobte die Zuwendungsleistungen des Freistaates Thüringen und informierte über das Finanzierungsverhältnis Land/Kommune bei Staatstheatern in Hessen. Er verwies auf die Bevölkerungsentwicklung in beiden Bundesländern und bat darum, die „Quadratur der Finanzierung“ in Thüringen weiterhin zu leisten!

Hoff wies darauf hin, 2016 sei das Mindestziel gewesen, kein Theater in Thüringen zu schließen. Trotzdem wurden die Orchester Gotha und Eisenach fusioniert. Die Eisenacher Musiker seien aber glücklich über die Möglichkeiten, Orchesterliteratur für größere Besetzungen spielen zu können. In Bezug auf den Intendantenvertrag von Kay Kuntze warb Hoff für eine Verlängerung im Geraer Stadtrat.

Im Laufe der Debatte erklärte Hoff: „Gewerkschaften engagieren sich für die Arbeitnehmer, sie müssen nicht für gute Laune bei den Gesellschaftern sorgen.“

Abschließend plädierte eine Mitarbeiterin dafür, Kunst und Kultur in der Region als Mittel der Standortattraktivität unbedingt zu erhalten.

Heiko Retzlaff