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Editorial

Herausforderungen unserer Zeit

Die Zeit, in der wir leben, stellt uns vor große Herausforderungen. Die Corona-Pandemie lässt uns nicht aus ihren Klauen mit ihren nach wie vor unabsehbaren Auswirkungen – nicht zuletzt auf den Kulturbetrieb. Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine bedroht Europa und die Welt in ungeahnter Weise in ihren Grundfesten; das erfordert konsequente dauerhafte Solidarität in jeder Hinsicht und einen langen Atem – nicht nur bei Waffenlieferungen, sondern auch in dem Bemühen um die konsequente Fortführung (in dem Nichtnachlassen) solidarischer Hilfsaktionen auf allen Ebenen. Beispielhaft sei hier die Kooperation der Nationaloper Kiew mit der Deutschen Oper Berlin benannt, die voraussichtlich ab Juni in der Initiative „OperaLinkBerlinUkraine“ die bisherigen Initiativen in einem dauerhaften Rahmen zusammenfassen und institutionalisieren soll.

Gerrit Wedel. Foto: Charlotte Oswald

Gerrit Wedel. Foto: Charlotte Oswald

Nicht zu vergessen der Umgang mit der Klimakrise, der angesichts der zuvor genannten Probleme aktuell vernachlässigt wird, und der damit einhergehenden Bedrohung für die Fruchtbarkeit der Böden der Welt. Dem „Global Outlook“-Bericht der Vereinten Nationen zufolge (s. auch Der Spiegel, Ausgabe Nr. 22, S. 104 ff.) sind weltweit bereits 20 bis 40 % aller Landflächen von der sogenannten Landdegradation betroffen, sprich versiegelt, verdörrt, ausgelaugt, überdüngt, weggespült, vergiftet, versalzen oder in anderer Weise derart geschädigt, dass sie nicht mehr oder kaum noch zur Ernährung der Weltbevölkerung beitragen können. Dies stellt ein ganz ernsthaftes und aktuelles Bedrohungsszenario für die Nahrungsmittelproduktion weltweit dar – zusätzlich zu den durch den Krieg in der Ukraine entstehenden Problemen hinsichtlich der Versorgung mit Lebensmitteln für große Teile der Weltbevölkerung.

All diese Herausforderungen haben eines gemeinsam: Wir können ihnen wirksam nur durch effektives gemeinsames Handeln begegnen, alle betroffenen Länder und Institutionen müssen nachhaltig zusammenarbeiten. Und das muss auch im Kleinen begonnen und gelebt werden. Dazu gehört, dass die Nachhaltigkeit auch in jedem Betrieb, in jeder Organisation ins Bewusstsein gerückt wird und auch mit den kleinsten Rädchen im System konsequent umgesetzt werden muss.
Doch was bedeutet der Begriff der Nachhaltigkeit eigentlich? Erstmals fand er wohl Erwähnung bei dem Freiberger Oberberghauptmann Hans Carl von Carlowitz (1645–1714), der ihn auf die Waldwirtschaft anwendete. Um ein nachhaltiges Handeln umzusetzen, sollte nach Carlowitz in einem Wald nur so viel abgeholzt werden, wie der Wald in absehbarer Zeit auf natürliche Weise regenerieren kann. Das Prinzip der Nachhaltigkeit sollte also sicherstellen, dass ein natürliches System in seinen wesentlichen Eigenschaften langfristig erhalten bleibt. Mit diesem Ansatz war der Grundstein des nachhaltigen Denkens und Handelns gelegt.

Dieser Gedanke wurde und wird in der Zwischenzeit in vielen Facetten diskutiert und interpretiert. Nach neuerem Verständnis wird darunter wohl maßgeblich eine Aufteilung in drei Säulen verstanden, die der ökologischen, der ökonomischen und der sozialen Nachhaltigkeit (s. auch Interview mit Tobias Wolff, S. 7 ff.).

Dieses Prinzip fand 1997 mit der expliziten Erwähnung im Vertrag von Amsterdam der Europäischen Union eine breite Öffentlichkeit, die EU benannte im Zusammenhang mit dem 3-Säulen-Modell unter anderem demokratische Strukturen in Staaten sowie eine gerechte Verteilung von Einkommen. Gerade unter den sozialen Aspekt der Nachhaltigkeit gehört dann aber auch, dass Investitionen in Strukturen und Arbeitsabläufe wie auch in die Verbesserung der Arbeitsbedingungen insgesamt vorgenommen werden müssen.

Dabei darf es auch keine Berührungsängste geben vor spürbaren Veränderungen, denn nur so kann jedes Individuum in die Lage versetzt werden, seinen eigenen Beitrag leisten zu können – wer am Existenzminimum laviert, kann sein alltägliches Handeln nur sehr bedingt auf Nachhaltigkeit ausrichten.

Dazu gehört auch, dass Organisationen, die hierfür mit verantwortlich zeichnen, an einem Strick ziehen, es darf keinen Stillstand geben, auch nicht in der Tarifarbeit, die auch eine Grundlage für das individuelle nachhaltige Handeln schaffen muss. Der Deutsche Bühnenverein steht diesbezüglich auf Arbeitgeberseite in der Verantwortung und muss sich mit seinen Kräften dafür einsetzen (wie zum Beispiel im Aktionsbündnis Nachhaltigkeit), wie auch die Gewerkschaften gemeinsame Anstrengungen unternehmen müssen, ihre Kräfte effektiv solidarisch zu bündeln, um auch zeitnahe Verbesserungen tariflich verbindlich festzuklopfen, und kontinuierlich weiter daran zu arbeiten, auskömmliche tarifliche Grundlagen zu schaffen.

Ein öffentliches Umdenken ist nötig – in der Kunst wie auch im normalen Leben –, wir fangen damit an, hier und heute und das bitteschön nachhaltig zum Wohle der Solidargemeinschaft!

Gerrit Wedel

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