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Kulturpolitik

Brennpunkt

NV Bühne? – Stillstand!

Seit dem erfolgreichen Abschluss im Jahre 2019 hat sich an der Tarifverhandlungsfront zum NV Bühne im Ergebnis nichts bewegt, von regulären Vergütungsanpassungen und den höchst erfolgreichen pandemiebedingten Kurzarbeitstarifverträgen einmal abgesehen. Nach dem Corona-Schock 2020 wurden die Verhandlungen im online-Format gegen Ende des Jahres wieder aufgenommen. Im Zentrum stand das Thema Arbeitszeit, mit den Schwerpunkten Quantifizierung und Disposition, das eine, um Belastungen besser ausgleichen und Teilzeitmöglichkeiten auch im Solo-Bereich eröffnen, das andere, um Verbesserungen bei der Planbarkeit von Freizeit und damit auch mehr Familienfreundlichkeit herstellen zu können.

Diese Verhandlungen verliefen zunächst recht dynamisch; dann bekam offenbar die Verhandlungskommission des DBV Gegenwind aus ihrem Tarifausschuss und zog sich auf bereits überwunden geglaubte Extrempositionen zurück. Die GDBA, mit der wir bis dahin viele Jahre sehr vertrauensvoll und erfolgreich zusammengearbeitet und dem DBV diverse Zugeständnisse abgetrotzt hatten, zog daraus den Schluss, sich einseitig aus den Tarifverhandlungen zurückzuziehen, um sich strategisch neu zu positionieren. Dabei hatte sie auch den unmittelbar bevorstehenden Genossenschaftstag mit der anstehenden Neuwahl wichtiger Leitungsfunktionen im Auge. Der DBV weigerte sich daraufhin, allein mit der VdO, deren Positionen mit denen der GDBA in vielen Punkten deckungsgleich waren, die aber die Erfolgschancen der bis dahin laufenden Verhandlungen, insbesondere für den Bereich Musik- und Tanztheater, positiver einschätzte, weiterzuverhandeln.

Nach etwa einem Dreivierteljahr war die GDBA bereit, wieder in Verhandlungen einzusteigen. Vordringliches Thema war nun aber nach Einschätzung aller Tarifparteien eine signifikante Anhebung der Mindestgage in den Bereichen Solo und BT, die seit 2017 bei 2.000,- € stagniert und die – bei Fortsetzung der Verhandlungen – schon im Frühjahr 2021 für die folgende Spielzeit für viele Betroffene auf mindestens 2.400,- € hätte erhöht werden können. Dies empfanden nun – Ende 2021/Anfang 2022 – die Gewerkschaften als nicht ausreichend, einerseits vor dem Hintergrund der zwischenzeitlichen Entwicklung des Mindestlohns, andererseits weil sie – ggf. in mehreren Stufen – eine deutliche Annäherung an die Kollektivgagen im NV Bühne und die im öffentlichen Dienst gezahlten Vergütungen für vergleichbare Tätigkeiten sowie eine dauerhafte Dynamisierung der Mindestgage für unabdingbar halten. Dem DBV wiederum ist es wichtig, bei einer deutlichen Anhebung der Mindestgage zugleich normierte Teilzeit-Möglichkeiten zu eröffnen.

Die intensiven Verhandlungen und Gespräche zu diesem Thema waren getragen von dem gemeinsamen Ziel der Tarifparteien, nunmehr jedenfalls für die Spielzeit 2022/23 eine Zwischenlösung zu erzielen, die auch die Mindestgagen für Gastverträge einbeziehen sollte. Erschwert wurde eine mögliche Einigung aber durch wiederholte Winkelzüge des DBV, etwa hinsichtlich der Dynamisierung der Mindestgage oder der frühzeitigen Einbeziehung einer Teilzeit-Lösung, und von der überraschenden Wendung der GDBA, wegen tatsächlicher oder vermeintlicher unterschiedlicher Einschätzungen der Verhandlungssituation die – auch in konfliktträchtigen Zeiten – jahrzehntelang erfolgreich beibehaltene Verhandlungsgemeinschaft mit der VdO auszusetzen.

Die entscheidende Verhandlungsrunde am 9. Mai 2022 fand daraufhin in getrennten Abschnitten statt – vormittags zwischen DBV und VdO, nachmittags zwischen DBV und GDBA. Am Ende des Tages verkündete dann der DBV, ohne es so zu benennen, das Scheitern der Verhandlungen. Und das, obwohl sich jedenfalls am Vormittag VdO und DBV bis auf einen hauchdünnen Abstand angenähert hatten. Verkündet wurde statt dessen vom DBV eine einseitige „normative Empfehlung“ an seine Mitglieder, die Mindestgage zum 1. September 2022 auf 2.500,- € anzuheben, den Betrag, mit dem der DBV in die Verhandlungen eingetreten war und der im Verlauf der Gespräche schon deutlich überschritten worden war. Ein einklagbarer Anspruch auf Zahlung selbst dieser unzureichenden Gage ergibt sich aus einer solchen Empfehlung nicht.

Dieses enttäuschende Ergebnis zeigt, dass es sofort zu Lasten der Beschäftigten wirkt, wenn die beteiligten Gewerkschaften nicht an einem Strang ziehen oder sich gar von der Arbeitgeberseite gegeneinander ausspielen lassen. In Erwartung einer solchen Situation hatten Bundesvorstand und Geschäftsführung an die GDBA appelliert, im Interesse der Mitglieder beider Organisationen an den gemeinsamen Verhandlungstisch zurückzukehren. Dieser Appell war jedenfalls insoweit erfolgreich, als die nächste Verhandlungsrunde zum NV Bühne am 1. Juni wieder gemeinsam stattfinden wird. Ob es dabei aber doch noch zu einer Verständigung über eine kurzfristige tarifliche Anhebung der Mindestgagen kommt, muss nach den zwischenzeitlichen Äußerungen des DBV stark bezweifelt werden. Realistischer erscheint, einen Fahrplan für die Verhandlungen zu den weiteren dringend anstehenden Mantelthemen zu vereinbaren, der dann natürlich auch eine möglichst frühzeitige Einbeziehung des Themas „Mindestgagen“ beinhaltet. Aus der Sicht der VdO muss es dabei Priorität haben, wieder professionell an zeitnahen substantiellen Verbesserungen für die Beschäftigten zu arbeiten, auch wenn dabei nicht alle Ziele sofort und in idealer Weise erreicht werden.

Bei dieser Verhandlungsrunde wird erstmals auch als Beobachter der Bundesverband Schauspiel (BFFS) am Tisch sitzen, dessen bisheriger Schwerpunkt die Tarifpolitik für Schauspieler/inne/n bei Film und Fernsehen war und der sich nunmehr auch im Bereich NV Bühne formell engagieren möchte. Ob und wie dann ein Einstieg des BFFS in den NV Bühne als Tarifpartei durchgeführt werden kann, wird in naher Zukunft zu diskutieren sein.

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