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Kulturpolitik
Brennpunkte
Zur Situation deutscher Theater und Orchester
HTV Cottbus
Am 19.06.2019 fand ein Spitzentreffen zwischen den hauptamtlichen Vertretern der Arbeitgeberseite und denen der Gewerkschaften DOV, ver.di, GDBA und VdO im Hinblick auf die Situation am Staatstheater Cottbus bzw. der Brandenburgischen Kulturstiftung statt (s. Bericht in der letzten Ausgabe 2/2019). Auch wenn nun von Arbeitgeberseite ein gewisser Verhandlungsspielraum signalisiert worden ist, so ist die Kernfrage der (baldigen) Rückkehr zu flächentarifgerechten Bedingungen weiterhin ungeklärt: Die Arbeitgeberseite kann sich bisher eine Rückkehr zur Fläche erst zum 01.01.2022 vorstellen sowie einen gewissen Spielraum für zwischenzeitliche Anpassungsschritte.
Staatstheater Cottbus. Foto: Ron Petrass
Noch einmal zurück zur Ausgangssituation: Bei den letzten Verhandlungen zu dem seit 2013 bestehenden und zum Ende des Jahres hin auslaufenden Haustarifvertrag war eben gerade die Perspektive der Rückkehr zu flächentarifgerechten Bedingungen eine zentrale Frage. Die Vertretungen der Arbeitnehmer hatten sehr deutlich gemacht, dass dies für sie die Vertragsgrundlage der laufenden Vereinbarung darstellt. Es wurde dementsprechend lediglich eine Verhandlungsklausel vereinbart, mit der der konkrete Weg zu eben dieser Rückkehr geebnet werden sollte; für den Fall, dass diese Verhandlungsoption zu keinem Ergebnis führen würde, wurde daher bereits verbindlich vereinbart, dass dann ab 01.01.2020 die Fläche gilt. Alle Verantwortlichen im Ministerium und im Stiftungsrat haben dem zugestimmt, waren sich dieser Situation also bewusst und hatten seit 2013 Gelegenheit, sich darauf einzustellen. Die Vorstellung der Arbeitgeberseite hingegen, für einen weiteren Zeitraum von immer noch mindestens zwei Jahren einen erheblichen Verzicht von den Beschäftigten zu fordern vor dem Hintergrund der aktuellen politischen und wirtschaftlichen Situation steht dem diametral entgegen und stellt einen Umfang dar, der dem eines echten Verzichtstarifvertrages entspricht. Dies widerspricht jedoch der ursprünglichen Geschäftsgrundlage und ist vor dem Hintergrund der aktuellen wirtschaftlichen Lage des Landes den Beschäftigten nicht zu vermitteln. Zuletzt wird es auch der Position des Staatstheaters Cottbus als einzig verbliebenem Mehrspartentheater im Land Brandenburg nicht gerecht.
Als Kompromiss haben die Gewerkschaften ins Spiel gebracht, bis zum Antritt des designierten Intendanten Stephan Märki am 01.09.2019 letztmalig die tarifgerechte Vergütung zu „stunden“, wenn im Folgejahr eine entsprechende Kompensation erfolgt. Hierdurch würde den Rechtsträgern damit nochmals der Spielraum verschafft, endlich die notwendigen Voraussetzungen für die Realisierung der tarifgerechten Bezahlung zu verschaffen. Diese Position soll nun noch einmal im Stiftungsrat diskutiert werden, ein neuer Termin zur Fortsetzung der Gespräche mit den vollständigen Verhandlungskommissionen ist für Ende September vorgesehen.
Rostock: Rückkehr zur Normalität oder Mogelpackung?
Das Volkstheater Rostock treibt den von der VdO im Namen diverser Mitglieder initiierten und in zweiter Instanz vollumfänglich gewonnenen Rechtsstreit um die Tarifsteigerungen für Chormitglieder weiter (s. Bericht im letzten Heft). Parallel dazu bietet man nun den nach NV Bühne Beschäftigten – einschließlich des Chores – eine Änderung ihrer individuellen Arbeitsverträge an, wonach für die Zukunft die bislang bestrittenen zwischenzeitlichen Tarifsteigerungen sowie – durch die erneute ausdrückliche Verweisung auf den NV Bühne „in der jeweils geltenden Fassung“ – wohl auch zukünftige Tarifsteigerungen gewährt werden sollen. An sich auf den ersten Blick ein positiver Schritt. Jedoch bleibt festzustellen, dass zum Einen eine individualvertragliche Vereinbarung nie dieselbe Rechtssicherheit wie eine kollektivrechtliche (echte tarifrechtliche) Bestimmung gewährt, zum Anderen mangels konkreter Angabe der aus der Sicht des Hauses zu vereinbarenden Gagen eine versteckte Gagenabsenkung gegenüber einer korrekt durchgeführten Übernahme der zwischenzeitlichen Tarifentwicklung nicht auszuschließen ist. Schließlich bleibt offen, ob durch diese einzelvertragliche Neufestlegung der Gagen-Vereinbarung nicht der auf Nachwirkung des Tarifvertrages und Nachbindung des Arbeitgebers an diesen Tarifvertrag beruhenden Klage rechtlich der Boden entzogen werden soll – mit der möglichen Folge, dass zwar vielleicht zukünftig Tariferhöhungen gezahlt werden, die Ansprüche für die Jahre 2014 bis 2018 jedoch verlorengehen. Die VdO rät daher ihren Mitgliedern, insbesondere den prozessführenden, die Vereinbarung, wenn überhaupt, nur mit klarstellenden Ergänzungen zu unterzeichnen, die wir kurzfristig erarbeiten werden.
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