Brennpunkte
Zur Situation deutscher Theater und Orchester Halle
In einer gemeinsamen Pressemitteilung haben die Künstlergewerkschaften
VdO und GDBA eine Stellungnahme zum Stand der Haustarifverhandlungen
an der Oper und Kultur GmbH Halle abgegeben. Darin äußern
sie ihr Befremden über die Kompromisslösung, auf die
sich die Oberbürgermeisterin der Stadt Halle, Dagmar Szabados,
und der Bezirksgeschäftsführer der Gewerkschaft ver.di,
Lothar Philipp, geeinigt haben. Dieser Kompromiss weicht erheblich
von der zuvor in vielen Verhandlungsrunden mit allen drei Gewerkschaften
gefundenen Tarifeinigung ab.
VdO und GDBA wehren sich unter anderem gegen eine Ungleichbehandlung
der Künstler gegenüber dem nicht-künstlerischen
Personal. „Die Oberbürgermeisterin stellt sich damit
wiederholt in Widerspruch zu früheren Aussagen“, heißt
es in der Pressemitteilung. Ihre Bekenntnisse zur neuen Struktur
der GmbH haben sich kurz nach deren Gründung bereits als gegenstandslos
dargestellt. Unter diesen Voraussetzungen ist fraglich, ob die
Künstlergewerkschaften sich überhaupt noch an das bisherige
Verhandlungsergebnis gebunden sehen können. Es muss für
den künstlerischen Bereich sehr genau geprüft werden,
wie sich die mit ver.di – „im guten Klima zwischen
den SPD-Parteifreunden“ – verhandelten Änderungen
auswirken. Hierbei wird insbesondere im Hinblick auf die Laufzeit
und die Dauer der Beschäftigungssicherung eine Gleichschaltung
erforderlich sein. In jedem Falle sind weitere Gespräche notwendig,
bevor einer Gesamtlösung zugestimmt werden kann. Die komplette
Stellungnahme finden Sie im Internet unter www.vdoper.de/pressemitteilungen. Schwerin
Der Deutsche Bühnenverein hat die Gewerkschaften aufgefordert,
für das Mecklenburgische Staatstheater Schwerin in Verhandlungen über
einen Haustarifvertrag einzutreten. Bereits im letzten Jahr hatten
die Künstlergewerkschaften VdO und GDBA sowie die für
das nichtkünstlerische Personal zuständige ver.di dieses
Ansinnen zurückgewiesen, da keine Rechtfertigung ersichtlich
ist, dass ein Staatstheater in der Landeshauptstadt durch einen
Verzicht der Beschäftigten kofinanziert wird. Besonders problematisch
ist, dass auch die künftige Finanzierung des Staatstheaters
völlig ungeklärt ist. Dementsprechend haben die Gewerkschaften
nun zwar informell Gesprächsbereitschaft signalisiert, stehen
aber für förmliche Verhandlungen weiterhin nicht zur
Verfügung. Greifswald/Stralsund und Neubrandenburg/Neustrelitz
Nachdem lange Zeit über die Zukunft und die künftigen
Strukturen der Bühnen in den Standorten Greifswald/Stralsund
und Neubrandenburg/Neustrelitz Unklarheit bestand, haben die jeweiligen
Gesellschafter nun den Bühnenverein beauftragt, doch für
die weitere Zukunft der Häuser wieder in Haustarifverhandlungen
mit den beteiligten Gewerkschaften einzutreten. Ursprünglich
war dies politisch nicht gewollt, da man zwecks freier Planbarkeit
unabhängig von Haustarifen bleiben wollte. Durch die beabsichtigten
Strukturänderungen wie Spartenverkleinerungen oder –schließungen
drohte der unwiederbringliche Verlust künstlerischen Potentials.
Nach zahlreichen Gesprächen der Gewerkschaften mit den Theaterleitungen
sowie den die Theater tragenden Kommunen überzeugten die Argumente,
durch HTV-Vereinbarungen die künstlerische Leistungsfähigkeit
zunächst zu erhalten und längerfristig neue Finanzierungskonzepte
zu entwickeln. Damit besteht die Hoffnung, die bestehenden Strukturen
und die jeweiligen Arbeitsplätze zu erhalten. Plauen/Zwickau
In Zwickau fand am 09.03.2011 in konstruktiver Atmosphäre
unter Beteiligung der beiden Oberbürgermeister Dr. Pia Findeiß (Zwickau)
und Ralf Oberdorfer (Plauen) sowie deren Kämmerer die Fortsetzung
der Verhandlung über einen Haustarifvertrag für das Theater
Plauen/Zwickau statt. Nunmehr konnte eine deutliche Bewegung der
Gesellschafter in den zuvor sehr stockend verlaufenen Verhandlungen
verzeichnet werden. Es ist zwar mit einem zweistelligen Verzichtsvolumen
und dem grundsätzlichen Aussetzen künftiger Tariferhöhungen
zu rechnen, wofür ein pauschaler Freizeitausgleich von 25
Tagen pro Jahr gewährt werden soll. Allerdings sollen zumindest
ein unabhängiger Inflationsausgleich von 1 % pro Jahr gewährt
und der maximal mögliche Verzicht nach oben hin begrenzt werden.
Auch wenn hiermit die Frage der längerfristigen Perspektive
für die Beschäftigten nicht geklärt ist, so zeigen
die Gesellschafter damit doch ihr Bekenntnis zum Bestand des Theaters
mit all seinen Sparten. Einzig hinsichtlich der konkreten Laufzeit
konnte noch keine abschlie-ßende Einigung erzielt werden,
weshalb die Tarifparteien am 23.03.2011 noch einmal zu einem dann
hoffentlich abschließenden Termin zusammenkommen. Berlin
In Berlin konnte nun in einem von DBV und DOV sowie der Stiftung
unterzeichneten Eckpunktepapier auch für die Orchester eine
Einigung erzielt werden. Es wird jetzt in naher Zukunft der Entwurf
der entsprechenden Tarifregelungen erwartet, so dass hoffentlich
bald die Redaktionsverhandlungen abgeschlossen, die endgültigen
Berechnungen der ausgehandelten Tarifergebnisse vorgenommen und
an die künstlerisch Beschäftigten ausgezahlt werden können. Landesbühnen Sachsen
Wie der Landtag beschlossen hat, sollen die Landesbühnen Sachsen
in den nächsten zwei Jahren in eine gemeinnützige GmbH
umgewandelt werden. Für die damit anstehende Personalüberleitung
hat ein erstes Informationsgespräch mit den Gewerkschaften
stattgefunden, die die hierfür notwendigen Verhandlungen führen
sollen.
Die jährlichen Zuschüsse des Freistaats sollen künftig
um mindestens 1,5 Millionen Euro gekürzt werden. Für
das fehlende Geld müssen neue Partner gefunden werden. Das
Kunstministerium verlangt, dass sich zumindest die Stadt Radebeul
beteiligt. Schliesslich gibt das Theater rund 30 Prozent seiner
gut 650 Vorstellungen im Stammhaus Radebeul, ohne dass die Stadt
auch nur einen Cent dafür bezahlt. Und als Land ein Stadttheater
zu bezahlen, ist laut Sachsens Kulturministerin Sabine von Schorlemer
eben systemwidrig. Neben den Kommunen sollen auch die Kulturräume
zur Kasse gebeten werden, was, wie bereits berichtet, das fragile
Gleichgewicht der Finanzierung der Kulturräume belastet.
Die Landesbühnen sollen in Zukunft aber nicht nur mit weniger
Geld auskommen; gleichzeitig werden zudem mehr Mobilität und
mehr pädagogische Angebote erwartet. Wie die damit verbundenen
höheren Kosten gedeckt werden sollen, ist derzeit noch ungeklärt.
Bis Ende Juni soll ein Konzept vorliegen.
Ebenfalls noch immer ungeklärt ist die Frage, wie das neue
Orchester auszusehen hat, das aus der Fusion des Orchesters der
Landesbühnen mit der Neuen Elbland Philharmonie hervorgehen
wird. Vorsorglich wurde den Musikern der Landesbühnen schon
mal per Ende Januar 2012 gekündigt. Die insgesamt 110 Musiker
sollen auf 61, 72 oder 86 Stellen gekürzt werden. Weniger
Musiker bedeuten auch weniger Aufführungen – Aufführungen,
die dann zum Beispiel von den orchesterlosen Landesbühnen
bezahlt werden müssen. Die Frage ist nur: mit welchem Geld?
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