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Unterstützungsstreiks sind zulässig
Dürfen die Drucker bei ungekündigtem eigenem Tarifvertrag,
also in der Friedenspflicht befindlich, in Streik treten, um die
angesichts gekündigten Tarifvertrages und festgefahrener Verhandlungen
im legalen, von ihren Gewerkschaften geführten Arbeitskampf
befindlichen Journalisten zu unterstützen? Die Zulässigkeit
solcher Unterstützungsstreiks, auch Sympathie- oder Solidaritätsstreiks
genannt, war bislang umstritten; noch 1985 hatte das Bundesarbeitsgericht
einen Sympathiestreik als rechtswidrig eingestuft, da er die Friedenspflicht
verletze und sich nicht gegen den Tarifpartner, mit dem der umstrittene
Tarifvertrag abgeschlossen werden sollte, richte.
Diese Rechtsprechung hat das Bundesarbeitsgericht mit einem Aufsehen
erregenden Urteil vom 19. Juni 2007 (AZ: 1 AZR 396/06) weitgehend
aufgegeben. Von einer Gewerkschaft geführte Streiks, sagt
das Bundesarbeitsgericht in den Leitsätzen seines Urteils,
die der Unterstützung eines in einem anderen Tarifgebiet geführten
Hauptarbeitskampfs dienen, unterliegen der durch Artikel 9 Abs.
3 des Grundgesetzes (Vereinigungsfreiheit, Verbot von Maßnahmen
gegen Arbeitskämpfe) gewährleisteten Betätigungsfreiheit
der Gewerkschaften. Die Zulässigkeit richtet sich, wie bei
anderen Arbeitskampfmaßnahmen, nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Er ist dann rechtswidrig, wenn er zur Unterstützung des Hauptarbeitskampfs
offensichtlich ungeeignet, offensichtlich nicht erforderlich oder
unangemessen ist.
In den Entscheidungsgründen erklärt das Bundesarbeitsgericht
seinen Sinneswandel damit, dass die vom Bundesverfassungsgericht
verwendete „Kernbereichsformel“ weitgehend dahin missverstanden
wurde, als schütze Artikel 9 Abs. 3 des Grundgesetzes die
Betätigungsfreiheit der Koalitionen nur in einem Kernbereich.
Das Bundesverfassungsgericht selbst habe dieses, eine unzulässige
Verkürzung des Schutzbereichs der Koalitionsrechte bewirkende
Missverständnis klargestellt.
Zur Auslegung der einen Unterstützungsstreik zu einem rechtswidrigen
machenden Kriterien geben die Entscheidungsgründe auch für
die Praxis nachvollziehbare Hinweise. Dass auch der Hauptarbeitskampf
anderer Gewerkschaften unterstützt werden dürfe, dass
die Friedenspflicht des ungekündigten Tarifvertrages – so
weit anderes nicht ausdrücklich vereinbart – keine absolute,
sondern nur eine relative sei, die sich lediglich auf die vereinbarten
Gegenstände beziehe, und dass es entscheidend auf den Umstand
ankomme, ob und in welcher Weise der mit einem Unterstützungsstreik überzogene
Arbeitgeber mit dem Adressaten des Hauptarbeitskampfes wirtschaftlich
verflochten sei, sind von den Hinweisen die für die Praxis
Wichtigsten.
Die Rechtsschutzordnungen und Streikrichtlinien der Gewerkschaften
sind jetzt dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts anzupassen. Zu
den Streikrichtlinien der VdO ist zunächst nur anzumerken,
dass ihr Buchstabe L. (Sympathiestreik, S. 44 der Richtlinien)
als aufgehoben anzusehen ist. M
Entgeltumwandlung
Seit 2002 haben Beschäftigte einen Rechtsanspruch auf die
so genannte Entgeltumwandlung, das heißt, sie können – neben
der Riester-Rente – Teile ihres Gehalts (bis zu 4 Prozent)
nutzen, um sich steuer- und sozialabgabenfrei eine weitere kapitalgedeckte
Zusatzversorgung in Form einer Betriebsrente aufzubauen. Tarifvertragliche
Grundlage hierfür ist der am 1. November 2004 zwischen VdO
und GDBA einerseits, dem Deutschen Bühnenverein andererseits
für die auf Normalvertrag Bühne beschäftigten Mitglieder
abgeschlossene „Tarifvertrag zur Entgeltumwandlung“,
vollständig abgedruckt in „Oper & Tanz“, Ausgabe
6/2004, S. 29 und in der 2. Auflage der in Vorbereitung befindlichen
VdO-Broschüre „Tarifrecht – NV Bühne“.
Die sozialversicherungsrechtlichen Regelungen zur Entgeltumwandlung
sollten 2008 auslaufen; das Bundeskabinett hat am 8. August 2007
einem vom Bundesarbeitsminister vorgelegten Gesetzentwurf einer
unbefristeten Anschlussregelung zugestimmt. Fehlerfreie Abmahnung
Ist in einer dem Arbeitnehmer ausgesprochenen Abmahnung mit mehreren
Vorwürfen auch nur ein einziger falsch, muss die Abmahnung
unverzüglich aus der Personalakte entfernt werden; unerheblich
sei es dabei ob die anderen Vorwürfe die Abmahnung gerechtfertigt
hätten. So das LAG Rheinland-Pfalz (AZ: 10 Sa 197/05). Es
gab damit der Klage eines Arbeitnehmers statt, dem u.a. in der
Abmahnung zu Unrecht vorgeworfen worden war, er habe dem Arbeitgeber
die bereits ihm ausgezahlten Gebühren für ein dann
von ihm gar nicht besuchtes Seminar nicht zurückerstattet. Klageverzicht unwirksam
Arbeitnehmer, die direkt nach ihrer Kündigung ohne Gegenleistungen,
wie z.B. Abfindungen unterschriftlich auf eine Kündigungsschutzklage
verzichten, werden unangemessen benachteiligt; diese Erklärung
sei unwirksam, entschied das Bundesarbeitsgericht (AZ: 2 AZR 722/06). Dauerthema: Die Pendlerpauschale
Wer seine Kosten für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
nicht einzeln und für jede erforderliche Fahrt belegt abrechnen
und als Werbungskosten geltend machen will, ist seit dem 1. Januar
2001 auf die ihm gesetzlich zugestandene „Entfernungspauschale“ angewiesen,
die nur für eine Fahrt pro Arbeitstag anerkannt wird. Die
von der VdO unter Hinweis auf die berufsbedingt erforderlichen
Mehrfachfahrten pro Tag eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde
am 26. Oktober 2005 vom Bundesverfassungsgericht nicht angenommen:
Die Benachteiligung „einzelner Steuerpflichtiger“ durch
pauschalierende Regelungen müsse hingenommen werden. Mit dem
1. Januar 2007 trat eine weitere Verschärfung ein: Erst vom
21. Kilometer pro Tag und Fahrt an wird die Kilometerpauschale
i.H.v. 0,30 Euro als zu den Werbungskosten gehörig – sofern
der geltend gemachte Betrag die Werbungskostenpauschale übersteigt – vom
Finanzamt anerkannt, – und das nur, meinte der Gesetzgeber,
sich verfassungsrechtlich absichernd, als Härtefallregelung.
Das Niedersächsische Finanzgericht hielt diese Neuregelung
für verfassungswidrig. „O&T“ hat in Ausgabe
2/07, S. 26 ausführlich berichtet. Der Bundesfinanzhof zog
nach, bezweifelte ebenfalls, dass die Kürzung der Pendlerpauschale
verfassungsgemäß sei und bestätigte die Entscheidung
der Niedersachsen, die Finanzämter seien verpflichtet, auf
Antrag des Steuerpflichtigen den ungekürzten Freibetrag auf
der Lohnsteuerkarte einzutragen (AZ: VI B 42/07). Was tun, da das
Bundesverfassungsgericht erst im kommenden Jahr entscheiden wird?
Zwingend erforderlich ist der Eintrag des Freibetrages nicht,
da die Pendlerpauschale mit der Einkommensteuererklärung 2007
im Jahr 2008 geltend gemacht werden kann, also kein Anspruch verloren
geht. Wer die Eintragung vornehmen lässt, spart ein wenig
Lohnsteuer, läuft aber Gefahr, bei die Verfassungswidrigkeit
verneinendem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts das Ersparte
zurückzahlen zu müssen. Die Lohnsteuerreferenten des
Bundes und der Länder haben ohnehin beschlossen, alle Steuerbescheide
für 2007, in denen Fahrtkosten abgerechnet werden, nur vorläufig
zu erteilen und den Spruch der Verfassungsrichter abzuwarten. Und
unter den Steuerberatern gibt es solche, die ihren Klienten raten,
auch gegen noch nicht bestandskräftig gewordene Steuerbescheide
für 2006 Einspruch einzulegen und bis zum Beschluss des Bundesverfassungsgerichts
Ruhen des Verfahrens zu beantragen – in der Hoffnung, Karlsruhe
werde sich zum so genannten „objektiven Nettoprinzip“ bekennen,
da die Wegekosten der Steuerpflichtigen, also auch die durch Mehrfachfahrten
entstandenen, zwangsläufige seien, um ihr Arbeitseinkommen
zu erzielen. Derzeit gleicht das alles ein wenig der Spekulation
an der Börse. Bitte nüchtern
Volltrunken (2,8 Promille) trat ein Arbeitnehmer eines Betriebes,
in dem absolutes Alkoholverbot angeordnet ist, seine Tätigkeit
an. Dennoch erklärte das Hessische Landesarbeitsgericht
(AZ: 8 Sa 854/6) die fristlose Kündigung für rechtsunwirksam.
Der Arbeitgeber hätte den Arbeitnehmer bei dessen erstem
Verstoß gegen das arbeitsvertraglich festgeschriebene Alkoholverbot
abmahnend darauf hinweisen müssen, dass er sein Verhalten
als vertragswidrig ansehe; bei Wiederholung drohe die Beendigung
des Arbeitsverhältnisses. Zweitwohnung
Arbeitnehmern, die wegen großer Entfernung nicht täglich
von ihrem Hauptwohnsitz zum Arbeitsplatz pendeln können, ist
gestattet, die „notwendigen“ Kosten einer Zweitwohnung
als Werbungskosten beim Finanzamt geltend zu machen. Diese „notwendigen“ Kosten
hat der Bundesfinanzhof jetzt rechtlich festgelegt: Sie sind auf
die Kosten einer Durchschnittswohnung von 60 Quadratmetern begrenzt
und auf einen nach Lage und Ausstattung durchschnittlichen Wohnstandard
am jeweiligen Beschäftigungsort (AZ: VI R 10/06).
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