Vorsicht bei Rentenverträgen
Kernpunkt der inzwischen von Bundestag und Bundesrat verabschiedeten
Rentenreform 2002 ist die staatlich geförderte
Eigenvorsorge, welche die zwangsläufig entstehenden Lücken
in der gesetzlichen Altersversorgung schließen soll, deren
Niveau schrittweise abgebaut wird.
Banken und Versicherungen sehen ein Milliardengeschäft auf
sich zukommen und bieten schon heute in großflächigen,
bunten Inseraten ihre Dienste an.
Ratsam ist es in jedem Fall abzuwarten. Denn:
- Eile ist nicht geboten. Das Gesetz zur Reform der gesetzlichen
Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten
Altersvorsorgevermögens tritt erst am 1. Januar 2002 in Kraft.
- Alle Altersvorsorgeverträge nach dem neuen Altersvermögensgesetz
müssen bestimmte Voraussetzungen nach dem Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz
erfüllen (Zahlung einer lebenslangen gleichbleibenden oder
steigenden monatlichen Leibrente ab Eintritt des Versorgungsfalls).
Die Angebote der Banken und Versicherungen enthalten bisher keine
Auskünfte, ob ihnen das volksmundliche Riester-Zertifikat
zuerkannt wird.
- Erste Überprüfungen der Rechtslage haben ergeben,
dass die Pflichtversicherungsverhältnisse der Bühnenkünstler
bei der Versorgungsanstalt der deutschen Bühnen (VddB) und
deren Art und Umfang der Versorgungsleistungen im Wesentlichen
die Voraussetzungen des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes
(AltZertGE) erfüllen. Die Bayerische Versorgungskammer hat
die Vertreter der Versicherten bereits über die erforderlichen
Satzungsänderungen unterrichtet.
- Die Eigenvorsorge nach dem neuen Altersvermögensgesetz
(AVmG) ist freiwillig, die Zusatzversorgung bei der Bayerischen
Versorgungskammer ist obligatorisch. Nach Auskunft der Versorgungskammer
wäre eine zusätzliche freiwillige Altersvorsorge für
Bühnenkünstler selbst dann nicht zu erwarten, wenn die
jetzt neu geschaffene gesetzliche freiwillige Eigenvorsorge in
eine Pflichtvorsorge umgewandelt würde.
- Die Gremien der Bayerischen Versorgungskammer (Verwaltungsräte
der Versorgungsanstalten der deutschen Bühnen und der deutschen
Kulturorchester) werden spätestens im Oktober 2001 beraten
und beschließen. Dabei wird auch zu klären sein, ob
und inwieweit die Rückzahlungs-Sonderregelung für Tanzgruppenmitglieder
im Hinblick auf die Förderungswürdigkeit der Beiträge
der versicherten Tänzer Probleme aufwirft.
Bis dahin sei daran erinnert, dass auch, wer zu früh kommt,
vom Leben bestraft werden kann.
Mitbestimmung bei Unfallverhütung
Mehrere, zum Teil folgenschwere Bühnen-Unfälle der letzten
Jahre geben Anlass, an ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts aus
dem Jahr 1998 zu erinnern (BAG vom 16. Juni 1998-AZ.: 1 ABR 68/97).
Der Erste Senat des BAG hatte über die Mitbestimmungsrechte
des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 Betriebsverfassungsgesetz
(BetrVG) zu entscheiden. Danach sind Regelungen über
die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten
sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen
Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften mitbestimmungspflichtig,
soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht.
Entsprechende Vorschriften enthalten auch die Personalvertretungsgesetze
(zum Beispiel § 75 Abs. 2 und 3 BPersVG); die Beteiligung des
Personalrates ist allerdings auf Unterrichtung und Beratung beschränkt.
Die Streitfrage war, ob der Betriebsrat mitzubestimmen hat, wenn
Unfallverhütungsvorschriften (zum Beispiel der Berufsgenossenschaften)
zwar vorliegen, deren Rahmenvorschriften aber zusätzlich vom
Arbeitgeber durch verbindliche Arbeits- und Sicherheitsanweisungen
konkretisiert werden. Das BAG hat diese Frage bejaht: Die Allgemeinen
Vorschriften (einer BG-Unfallverhütungsvorschrift) stellten,
so führte es aus, eine ausfüllungsfähige und
-bedürftige Rahmenvorschrift i.S. von § 87 Abs. 1 Nr.
7 BetrVG dar. Das Urteil bedeutet zugleich, dass dem Betriebsrat
ein entsprechendes Initiativrecht zusteht.
Für die Theater ist die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG)
zuständig, die Berufsgenossenschaft der Banken, Versicherungen,
Verwaltungen, freien Berufe und besonderen Unternehmen. Es gilt
die Unfallverhütungsvorschrift UVV Veranstaltung- und
Produktionsstätten für szenische Darstellung VBG
70 vom 1. April 1998, veröffentlicht im Bundesanzeiger
Nr. 42 vom 03.03.1998.
Die VdO hat 1999 ihren Ortsdelegierten die VBG-Unfallverhütungsvorschriften
zugesandt; auch bei den Opernchor- und Ballettgruppenvorständen,
erst recht bei den Betriebs- und Personalräten sollten sie
vorliegen.
Aushilfenklausel für Berliner Orchestermusiker
unwirksam
Das Landesarbeitsgericht Berlin hat, ohne die Revision zuzulassen,
am 28. Mai 2001 das Urteil des Arbeitsgerichts vom 6. Dezember 2000
bestätigt, wonach die sogenannte Aushilfenklausel
in Arbeitsverträgen neu eingestellter Orchestermusiker unwirksam
ist (AZ.: 18 Sa 279/01). Die Berufung des Landes Berlin wurde zurückgewiesen.
Ein neu eingestellter Musiker der Staatskapelle Berlin war in seinem
Arbeitsvertrag auch zur Mitwirkung in den Orchestern der Deutschen
Oper Berlin und der Komischen Oper sowie im Berliner Sinfonie-Orchester
(BSO) verpflichtet worden. Das geltende Recht, führte das LAG
Berlin aus, lasse in dieser Vertragsform eine gleichzeitige Verpflichtung
zum Spielen in mehreren Orchestern nicht zu.
Schutz des Urlaubs
Ein Angestellter hatte mit seiner Firma eine Vereinbarung getroffen,
in der er sich verpflichtete, bei Bedarf aus seinem Urlaub an den
Arbeitsplatz zurückzukehren. Als er tatsächlich zurückgerufen
wurde, weigerte er sich. Die Folge war eine fristlose Kündigung.
Diese sei zu Unrecht erfolgt, stellte das Bundesarbeitsgericht in
Erfurt fest (BAG vom 20.06.2000 AZ.: 9 AZR 405/99). Die getroffene
Vereinbarung sei unwirksam, weil sie gegen zwingendes Bundesurlaubsrecht
verstoße.
Zunge im Zaum
Eine Abmahnung handelte sich eine Angestellte ein, die im Verlauf
einer heftigen Debatte mit ihrem Arbeitgeber um ihre Arbeitsleistung
geäußert hatte: Wenn das so weiter geht, muss ich
wohl öfter krank machen.
Ihrer Klage gegen diese Abmahnung blieb der Erfolg versagt. Selbst
bei der verbalen Abwehr unzutreffender Vorwürfe des Arbeitgebers
dürfe der Arbeitnehmer sich nicht derart gehen lassen
und mit Arbeitsverweigerung drohen, führte das Arbeitsgericht
aus (AZ.: 7 Ca 131/99).
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