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Editorial

Unser kostbares Grundrecht auf Kunstfreiheit

Zunächst wünsche ich allen Mitstreiterinnen und Mitstreitern herzlich ein gutes und vor allem gesundes neues Jahr!

Foto: Charlotte Oswald

An dieser Stelle bedanke ich mich auch noch einmal ausdrücklich bei Margot Ehrlich, die im letzten Jahr aus dem Amt als Bundesvorsitzende ausgeschieden ist, für ihren unermüdlichen Einsatz, ihre ausgleichende und warmherzige Art, die uns mit ihrem Rat immer – auch außerhalb des beruflichen Kontextes – zur Verfügung stand und auch immer noch steht, und wünsche ihr und ihrer Familie alles erdenklich Gute für die Zukunft!

Ich freue mich auch sehr auf die Arbeit mit dem neu konstituierten Bundesvorstand, in dessen Reihen wir nun Sylke Urbanek und Heiko Retzlaff begrüßen, die erfreulich frischen Wind mitbringen! Mit Stefan Moser als langjährigem stellvertretendem Bundesvorsitzenden haben wir einen erfahrenen und umsichtigen Bundesvorsitzenden, der durch seine umfangreiche Erfahrung als Personalratsvorsitzender der Bayerischen Staatsoper hoch qualifiziert ist und mit dem wir als ehemaligem Tänzer hoffentlich auch in diesem Bereich verstärkt Fuß fassen werden. Detlev Tiemann als gremienerfahrener Haudegen komplettiert dieses Team - nicht zuletzt durch seine kontroversen Gedanken, die vieles hinterfragen und uns auch auf neue Gedanken bringen. Tobias Könemann und ich sind froh und guter Dinge, mit diesen hervorragenden Menschen die Herausforderungen des neuen Jahres voller Zuversicht angehen zu können.

Die Herausforderungen sind vielfältig, eine der größten scheint mir jedoch die generelle Frage einer verantwortungsvollen – nachhaltig gesunden – Kulturpolitik, die die Grundlage für all unser Handeln und Wirken darstellt. Wir sorgen uns ja angesichts der aktuellen kulturpolitischen Entwicklungen ganz besonders auch um ein gesundes gesellschaftliches System. Hierzu hat der aktuelle italienische Ministerpräsident Matteo Renzi mit seinem Plan für eine neue Kulturpolitik Schlagzeilen gemacht und es lohnt sich, ihm zuzuhören: Die Kultur sei das Immunsystem der Gesellschaft gegen den Fanatismus, erklärt Renzi, und: „Für jeden Euro, der für Sicherheit ausgegeben wird, sollte ein Euro für Bildung ausgegeben werden, für jeden Cent, der für Polizei ausgegeben wird, sollte ein Cent für Kultur ausgegeben werden.“ Alle Italienerinnen und Italiener, die dieses Jahr ihren 18. Geburtstag feiern, sollen einen Kulturgutschein über 500 Euro erhalten – diesen kann man für Konzert-, Theater und Opernbesuche einlösen.

Kultur als Immunsystem, als das Rückgrat für das gesamtgesellschaftliche System, ein plastisches Bild!

Die Anschläge in Paris hatten unter anderem einen Konzertsaal zum Ziel, und damit einen Ort, an dem genau diese für unsere freiheitlichen Werte so wichtige Kultur geteilt und gefeiert werden sollte. In der aktuellen Sicherheitslage kann es einem bei derartigen Veranstaltungen schon mulmig werden – ob es sich nun um ein politisch gemeintes oder ein politisch interpretiertes und inszeniertes Werk handelt oder nicht. Aber genau die latente Sorge, dass eine Kulturveranstaltung zum Ziel eines Anschlags werden könnte, führt uns vor Augen, wie kostbar das Grundrecht auf Kunstfreiheit ist. Ohne Kultur geht’s eben nicht. Genauso wenig wie ohne Immunsystem.

Kunst und Kultur waren schon immer politisch. Auch außerhalb von Aufführungen oder Ausstellungen entfalten Kultureinrichtungen ihre Wirkung und gehen Hand in Hand mit der Bildung. Da wirken die aktuellen Bestrebungen um die Reformen der Theater- und Orchesterlandschaften in Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen wie ein höchst gefährliches Virus für dieses empfindliche Immunsystem.

Das Ziel unserer Gesellschaft aber sollte genau das Gegenteil sein, wo bleibt die Verantwortung hierfür? Wir sollten zeigen, dass wir unsere Rolle als viele kleine Antikörper gegen den Fanatismus im Immunsystem der Gesellschaft wahrnehmen können und dürfen, ja sogar müssen.

Gerrit Wedel

 

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