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DVD Tipps · Von Malve Gradinger
„Margot Fonteyn – Michael Somes – Tchaikovsky Ballet Masterpieces“, ICA Classics
Margot Fonteyn (1919-1991) war der Inbegriff der britischen Ballerina. Virtuosität um ihrer selbst willen galt ihr nichts. Ihre makellose Technik blieb immer dem Tänzerischen, der Musikalität und dem dramatischen Ausdruck untergeordnet. In Europa schon ein Star, wurde sie durch ihre Partnerschaft mit dem 19 Jahre jüngeren charismatischen russischen Exil-Ballerino Rudolf Nurejev ab 1962 weltweit einem breiten Publikum bekannt. Hier hat man nun die seltene Gelegenheit, sie bereits in den 50er-Jahren zu erleben, mit Michael Somes, ihrem ersten Royal-Ballet-Partner. Somes, kein brillanter Techniker, hatte die absolute Eleganz und die dramatische Präsenz eines „danseur noble“ par excellence. Die zwischen 1954 und 1959 von der BBC in schwarz-weiß gefilmten Ausschnitte aus „Dornröschen“, „Nussknacker“ und „Schwanensee“ verraten die damalige noch rudimentäre Aufnahmetechnik. Aber Fonteyn und Somes in ihrer unspektakulären, vornehmen tänzerisch-darstellerischen Harmonie sind unbedingt sehenswert.
John Cranko „The Lady and the Fool“, „Pineapple Poll“, ICA Classics
Eine Ballett-Kostbarkeit, ebenfalls erhalten dank BBC-Aufnahmen von 1959, sind zwei Debüt-Arbeiten des großen John Cranko, entworfen 1951 und 1954 für das Londoner Sadler’s Wells, das spätere Royal Ballet: „Pineapple Poll“ und „The Lady and the Fool“. Zu Operetten-Musiken von Gilbert und Sullivan, zusammengestellt und arrangiert von Dirigent Charles Mackerras, ist der erste Titel eine humorvoll beschwingte Lovestory, choreografisch zum Teil nahe an Musical- und Show-Tanz. Die zu Mackerras’ Verdi-Reigen neoklassisch gehaltene „Lady“, die sich über gesellschaftliche Regeln hinweg in einen armen Gaukler verliebt, zeigt schon pointiert das britisch geschulte Erzähltalent Crankos. Die großartigen Protagonisten sind die damals berühmte lyrische Svetlana Beriosova und Ronald Hynd, der übrigens von 1970 bis 1973 und von 1984 bis 1986 das Ballett der Bayerischen Staatsoper leitete.
Christopher Wheldon „Alice’s Adventures in Wonderland“ mit dem Royal Ballet, Opus Arte
Mit Tanz erzählen, das können die Briten einfach: So wie Choreograf Christopher Wheeldon Lewis Carrolls Abenteuer-Alice – von der jungen Ballerina Lauren Cuthbertson technisch schwebeleicht und mit wunderbar natürlichem Ausdruck getanzt – auf flinken Spitzenschuhen durchs Wunderland schickt, wo sich feurig tanzend das Carroll-Personal tummelt: das weiße Kaninchen, die Grinsekatze, die mordsüchtige Herzkönigin, ein steppender Hutmacher, hochkomisch herumwirbelnde Gärtner, Köchinnen usw., da fügen sich Wheeldons Schritt-Fantasie, Joby Talbots farbige Auftragsmusik, Multimedia-Effekte, eine stimmig grellbunte Ausstattung und das glänzende technisch-tänzerische Niveau des Royal Ballet zu einem hinreißenden Ballett-Märchen. Und dabei gelingt Wheeldon die bewundernswerte Balance zwischen unverschnörkelter moderner Ballettsprache und, im positiven Sinn, „altmodischer“ britischer Erzähltradition.
Prokofjew „Peter and the Wolf“, Opus Arte
Prokofjews Märchen „Peter und der Wolf“ wurde 1940 in New York erstmals als Ballett aufgeführt. Choreograf Matthew Harts hat jetzt diese Geschichte von Peter ganz auf die Studenten der Royal Ballet School zugeschnitten: Die Protagonisten, begleitet von der Royal Ballet Sinfonia unter Paul Murphy, tänzeln ausgiebig mit schnellem Fuß, mit Flügel, Pfote, Zweig und Welle, während der Darsteller des Großvaters in bestens verständlichem Englisch den Erzähler gibt.
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