DVD
Kurz-Tipps
Les Troyens
Hector Berlioz: Les Troyens. Chor u. Orchester de la Comunitat
Valenciana, ML: Valery Gergiev, R: La Fura dels Baus / Carlus
Padrissa (2009). Cmajor/Naxos 2 DVDs 706008
Der Untergang eines Großreiches, die Flucht einer kleinen
Elite, das Treffen mit einer anderen hochentwickelten Kultur, die
Vision der Gründung eines neuen Reiches – all das kann
auch intergalaktisch in künftigen Jahrhunderten spielen. Derartige
Szenerien (Roland Olbeter) und Videohintergründe (Franc Aleu),
entsprechende Star-Ship-Trooper-Kostüme (Chu Uroz) und futuristisches
Ambiente hat die spanische Truppe „La Fura dels Baus“ unter
Carlus Padrissa für Berlioz’ bühnensperriges Musikdrama „Les
Troyens“ entwickelt – und kann damit dramaturgisch
grundsätzlich und visuell in weiten Teilen überzeugen.
Auch wenn einiges selbst für innovationsfreudige Regietheaterfreunde
gewöhnungsbedürftig ist – und Lance Ryan(Énée)
wie Daniela Barcellona(Dido) womöglich deswegen so emotionsarm,
wenn auch beeindruckend gut singen: der Einfallsreichtum des katalanischen
Theaterkollektivs ist stupend und trotz der oft breiten Tempi von
Valery Gergievs Dirigat die wagnerianischen Längen des Werkes
wert.
Wolf-Dieter Peter
La Serva Padrona
Giovanni Paisiello: La Serva Padrona. Orchester des Teatro Massimo
Bellini Catania, ML: Marco Zuccarini, R: Gianni Salvo (2004).
Fabula Classica/Klassikcenter DVD FAB 602
Nicht nur Pergolesi, auch Paisiello hat 1781 den Stoff für
die Petersburger Oper unter Zarin Katharina vertont. Diese Erstaufzeichnung
des Werkes kommt
zwar mit etlicher Verspätung über die Alpen. Dennoch
ist es eine Inszenierung in historischen Kostümen zum Kennenlernen
einer Rarität.
Wolf-Dieter Peter
Macbeth
Giuseppe Verdi: Macbeth, ML: Teo-dor Currentzis, R: Dmitri Tcherniakov
(2009). BelAir / Harmonia mundi 2 DVDs BAC 054
Es ist ein ganz diesseitiger „Macbeth“ geworden, in
völliger Übereinstimmung mit der Inszenierung. Dmitri
Tscherniakov sieht Aufstieg und Fall eines militärischen Aparatschicks
von schwächlicher Mittelmäßigkeit wie Macbeth ganz
im Hier und Heute. Eine Google-Earth-Aufnahme führt in ein
Städtchen. Unter düsterem Wolkenhimmel werden auf dem
Marktplatz die Kriegsheimkehrer Macbeth und Banquo empfangen. Dort
gehen die Menschen später auf und ab – und nebenbei
wird Banquo von einem asiatischen Killer ermordet. Das Leben geht
weiter – auch im gezielt „herrschaftlich“ eingerichteten
Wohnsaal der Macbeths, die an Emporkömmlinge wie die russischen
Oligarchen in ihren Protzbauten erinnern. Der schlanke, neurotische
Macbeth von Dimitris Tiliakos steht in dramaturgisch bestechendem
Kontrast zur wuchtigen „Powerfrau“ der Lady von Violetta
Urmana. Fast durchweg überzeugend ist die ganze Handlung in
eine dieser extrem „Arm–Reich“-Gesellschaften
von Heute verlegt – Gewalt als banaler Bestandteil des Lebens.
Schrecklich aktuell.
Wolf-Dieter Peter |