Zur Startseite


 

 
Zur Startseite von Oper & Tanz
Aktuelles Heft
Archiv & Suche
Stellenmarkt
Oper & Tanz abonnieren
Ihr Kontakt zu Oper und Tanz
Kontakt aufnehmen
Impressum
Datenschutzerklärung

Website der VdO


 

Aktuelle Ausgabe

Editorial

Kulturpolitik
Brennpunkte
Zur Situation deutscher Theater und Orchester
Ein Programm nach Maß
Erste Chormesse „chor.com“ in Dortmund
Es brennt – helft löschen!
Die Landesbühnen kämpfen um ihr Überleben
Innovation und Spielfreude
Das Mecklenburgische Staatstheater Schwerin
Nicht nur Grund zum Feiern
Kultur- und Finanzpolitik in Mecklenburg-Vorpommern


Neue Tanz-Synergien
Die Junior Company des Bayerischen Staatsballetts

Berichte
Musiktheatralischer Wahnwitz
Chabriers „L‘Étoile“ an der Frankfurter Oper
Reise ins Nirwana
Wagner und Hosokawa bei der Ruhrtriennale 2011
Der Chor als Kraftzentrum
Puccinis „Turandot“ am Theater Regensburg

VdO-Nachrichten
Nachrichten
„Stiftung TANZ – Versorgungsanstalt der deutschen Bühnen – Neuauflage des NV Bühne – Die VdO hat gewählt – Köpfe der VdO: Detlev Tiemann – Wir gratulieren
Forum: Ein freier Abend pro Woche ist zu wenig
Gedanken des VdO-Mitglieds Sebastian Bollacher

Service
Schlagzeilen
Namen und Fakten
Stellenmarkt
Spielpläne 2011/2012

 

Berichte

Der Chor als Kraftzentrum

Puccinis „Turandot“ am Theater Regensburg · Von Juan Martin Koch

„Nessun dorma“: Um zu zeigen, dass Puccinis letzte, unvollendete Oper „Turandot“ mehr zu bieten hat als diese eine, zu Wunschkonzertformat zurechtarrangierte Arie und dass diese erst eingewoben in den Kontext ihre Wirkung vollständig entfaltet, braucht es eine Aufführung von entsprechendem Format. Die erste Musiktheaterpremiere der Saison am Theater Regensburg hatte ein solches.

 
Seymur Karimov, Cameron Becker und Michael Berner als Ping, Pang und Pong.
 

Seymur Karimov, Cameron Becker und Michael Berner als Ping, Pang und Pong.
Foto: Juliane Zitzlsperger

 

Um zunächst beim „Nessun dorma“ zu bleiben: Das Deutschlanddebüt des italienischen Tenors Stefano la Colla geriet zu einem an diesem Haus wohl beispiellosen Triumph. Als er Kalafs Arie mit herrlichen Legatobögen und makellosen, die Höhe wie selbstverständlich einnehmenden Spitzentönen nicht bloß als Nummer ablieferte, hatte er bereits eine elektrisierende Frageszene ohne jegliche Ermüdungserscheinungen hinter sich gebracht. Wobei das Duell mit Maida Hundelings gleißender, gesangstechnisch atemberaubender Turandot unentschieden endete. Die deutsche Sopranistin bringt für die mörderische Partie das unerbittlich metallische Timbre mit, vermag es aber in ihrer ambivalenten Haltung zum siegreichen Prinzen auch warm abzutönen. Beide hatten dann noch ausreichende Reserven, um Franco Alfanos eindimensionale, aber wirkungsvolle Finalfassung zu überstrahlen – Oper total.

Ohne die famosen Leistungen in weiteren Rollen schmälern zu wollen – Elvira Hasanagic war eine wunderbare Liù mit perfekter Pianokontrolle, Sung-Heon Ha ein würdiger Timur, das Buffo-Trio mit Seymur Karimov (Ping), Cameron Becker (Pang) und Michael Berner (Pong) luxuriös besetzt –, ist die chorische Qualität des Abends zu preisen: In der Einstudierung Christoph Heils bildeten Opern- und Extrachor, verstärkt durch kompetente Kräfte des Cantemus-Chores der Musikschule, das unangefochtene Kraftzentrum des ersten Aktes und bündelten im Finale noch einmal ihre kontrollierte Klangmacht. Souverän disponierte GMD Tetsuro Ban Puccinis visionär ins Exotische ausufernde Farbpalette, das Philharmonische Orchester hielt die Überwältigungsmaschinerie in ständiger Bewegung, ohne die Zwischentöne der komplexen Partitur zu überrollen.

Regisseur Wolfgang Quetes unternimmt in seiner bereits andernorts erprobten Inszenierung nicht den Versuch, das doppelbödige Märchen von der männermordenden Prinzessin tiefenpsychologisch zu dekonstruieren. Dafür lässt er die dramatischen und die aus der Commedia dell’arte entlehnten Elemente (herrlich der melancholische Witz der Herren Ping, Pang und Pong) in schwebender Balance und überlässt dem Zuschauer die Deutung der unergründlichen Bekehrung Turandots zur Liebe. Heinz Balthes’ weißen, sängerfreundlichen Bühnenkasten taucht Wanja Ostrower in magische Lichtstimmungen, das Ausklappen einer riesigen Freitreppe aus der Decke heraus macht großen Effekt. Viel mehr braucht es dann auch gar nicht, um dieses Puccini-Wunder an einem vermeintlich kleinen Haus zur vollen Entfaltung zu bringen.

Damit startete die letzte Saison unter der Intendanz Ernö Weils. Diese wird nicht unbedingt als Ära in die Theatergeschichte Regensburgs eingehen, brachte im Musiktheater aber doch einige bemerkenswerte, bisweilen gar denkwürdige Produktionen. Die beste Regiearbeit lieferte wohl Arila Siegert mit „La Traviata“ in der vergangenen Spielzeit, großartige Gesamtleistungen waren in Mozarts „Titus“ und „Figaro“ (weitere Regiearbeiten von Wolfgang Quetes), und Bergs „Lulu“ und „Wozzeck“ zu erleben. Musikalisch herausragend war auch der „Lohengrin“, wo die Chöre ebenso glänzten wie in Boitos „Mefistofele“. Lohnende Raritäten gelangen mit Simon Mayrs „Il ritorno d‘Ulisse“, Theodor Veidls „Die Kleinstädter“ und mit der szenischen Bearbeitung von Ralph Vaughan Williams’ „Songs of Travel“.

Eher mäßig fielen dagegen – trotz hervorragender Ensembleleistungen – die Uraufführungen aus: Franz Hummels Nietzsche-Bilderbogen „Zarathustra“ konnte ebenso wenig überzeugen wie József Sáris haarscharf an Thomas Bernhard vorbei komponierter „Hutmacher“, und Manfred Knaaks Musical „Das Collier des Todes“ bleibt als vergeblicher Versuch, den „Cardillac“-Stoff nach Hindemith noch einmal aufzuwärmen, in unguter Erinnerung.

Hier darf man vom designierten Nachfolger Jens Neundorf von Enzberg – zwischenzeitlich immerhin für „bonn chance“ verantwortlich – mehr erwarten, auch wenn er aus der gemütlichen Welterbestadt kaum eine Avantgarde-Hochburg wird machen können.

Als persönlichen Erfolg kann Ernö Weil die Einrichtung der Kinder- und Jugendtheatersparte verbuchen. Im geplanten „Haus der Musik“, dem künftigen Sitz der Sing- und Musikschule, soll diese dann auch eine eigene Spielstätte bekommen. Ein gutes Signal für die Zukunft.

Juan Martin Koch


startseite aktuelle ausgabe archiv/suche abo-service kontakt zurück top

© by Oper & Tanz 2000 ff. webgestaltung: ConBrio Verlagsgesellschaft & Martin Hufner