
Mitgliedschaft zahlt sich aus
Ein Überblick über die Leistungen der VdO · Von
Gerrit Wedel Warum eigentlich soll ich Mitglied in der Gewerkschaft sein? Die
verhandeln nur immer alles schlecht, wir müssen auf immer
mehr verzichten – und außerdem profitiere ich doch
ohnehin von dem, was die aushandeln – wieso soll ich also
dafür auch noch bezahlen?
Dies wurde ich so oder so ähnlich im Laufe der letzten Zeit
immer wieder gefragt. Diese Fragen sind – ehrlich gesagt – ein
wenig enervierend und frustrierend zugleich, denn wir kämpfen
tagtäglich darum, unseren Mitgliedern durch Ratschläge
und Empfehlungen zur Seite zu stehen, um deren Arbeitsbedingungen
zu verbessern bzw. zu erleichtern oder Probleme bereits im Ansatz
aus der Welt zu schaffen. Dies findet nicht zuletzt seinen Niederschlag
auch in den zahlreichen für die Mitglieder zu führenden
Verfahren vor dem Bühnenschiedsgericht und den Haustarifverhandlungen,
die oftmals noch eine besondere politische Sprengkraft haben, wie
wir gerade insbesondere in den neuen Bundesländern erleben.
Was also bringt die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft? Zunächst
einmal ist hier das für die Künstler geltende Tarifrecht,
der Normalvertrag Bühne (NV Bühne) hervorzuheben, der
im Übrigen nur für Gewerkschaftsmitglieder unmittelbare
Wirkung entfaltet. Die im NV Bühne enthaltenen spezifischen
Regelungen sind ausschließlich den jahrzehntelangen Bemühungen
der verhandelnden Gewerkschaften zu verdanken. Auch wenn der für
die Künstler geltende NV Bühne nicht immer ganz einfach
zu verstehen ist, so wurden viele Regelungen erreicht, die den
Schutz vor Willkür erst manifestiert haben. Dies drückt
sich nicht zuletzt auch durch die Einführung einer eigenen,
den künstlerischen Belangen gerecht werdenden Schiedsgerichtsbarkeit
für Opernchöre aus. Insoweit appelliere ich auch an das
soziale Gewissen eines jeden, der von den Errungenschaften profitiert.
Ein jeder sollte hierzu einen Beitrag leisten, damit auch künftig
für sozial gerechte Arbeitsbedingungen gekämpft bzw.
deren Abbau verhindert werden kann.
Die Vereinigung deutscher Opernchöre und Bühnentänzer
e.V. ist Berufsverband und Gewerkschaft der Opernchor- und Tanzgruppenmitglieder
der deutschen Bühnen. Sie vertritt unabhängig die sozialen,
wirtschaftlichen und kulturellen Interessen ihrer Mitglieder (wie
z.B. in den relevanten Gremien der Versorgungsanstalt der deutschen
Bühnen, der Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten,
der Künstlersozialkasse etc.) und nimmt als Tarifpartner des
Deutschen Bühnenvereins für ihre Mitglieder die kollektiven
Interessen im Rahmen der flächendeckenden Tarifverhandlungen
wie auch der Verhandlungen über Haustarifverträge wahr.
Dabei sind alle Entscheidungsgremien der VdO (wie z.B. die einzelnen
Orts- und Landesverbände, der Bundestarifausschuss und der
Bundesvorstand) von ehrenamtlich tätigen Sängern und
Tänzern besetzt.
Daneben berät die VdO ihre Mitglieder in allen Rechtsfragen
aus dem Arbeits-, Sozial- und Urheberrecht und gewährt bei
allen aus dem Arbeitsverhältnis herrührenden Streitigkeiten
Rechtsschutz vor den Schiedsgerichten für Opernchöre
sowie vor den Arbeits-, Sozial- und Zivilgerichten. Gerade die
kurzfristige Verfügbarkeit einer Beratung durch die VdO, die
jedes Mitglied in die beneidenswerte Lage versetzt, einfach zum
Telefon greifen zu können, um sich beraten zu lassen, ist
in dieser unbürokratischen Form einzigartig.
Abgesehen von der grundsätzlichen Verbandsarbeit der VdO,
die in ihrer Breitenwirkung nicht zu unterschätzen ist (z.B.
das Verfahren über die Steuerfreiheit der Arbeitgeberbeiträge
zur VddB), muss sich jeder einzelne fragen, ob er hinsichtlich
der Arbeitsbedingungen ohne die Gewerkschaft da stehen würde,
wo er jetzt steht – mit Sicherheit nicht, denn der einzelne
Arbeitnehmer kann nur dann Forderungen stellen und Ansprüche
durchsetzen, wenn er als Kollektiv gestärkt dem Arbeitgeber
gegenübertreten kann.
Diesen Leistungen gegenüber steht ein durchaus moderater Beitrag
für die Mitgliedschaft in der VdO. Der Beitrag beträgt
gemäß § 8 der Satzung der VdO aktuell 0,9 Prozent – im
ersten Jahr der Mitgliedschaft sogar lediglich 0,3 Prozent – der örtlichen
Grundgage, ohne Einberechnung der Zulagen, Sondervergütungen
oder anteilig der Zuwendung! Bei Zugrundelegung einer örtlichen
Grundgage in Höhe von 2.325 Euro (Höchstbetrag Gagenklasse
2 b West) beträgt der monatliche Mitgliedsbeitrag 20,92 Euro,
im Jahr dementsprechend 251,04 Euro.
Allein die Kosten für eine entsprechende Rechtsschutzversicherung
ohne Selbstbeteiligung betragen je nach Umfang durchschnittlich
zwischen 250 Euro und 340 Euro jährlich, ohne dass hierbei
die Gewähr dafür besteht, eine Rechtsvertretung zur Seite
gestellt zu bekommen, die sich in diesem speziellen Künstlertarifrecht
auskennt, um den individuellen Belangen und Bedürfnissen in
diesem besonderen künstlerischen Bereich gerecht werden zu
können. Für jemanden, der weder eine Rechtsschutzversicherung hat,
noch Mitglied in der Gewerkschaft ist, entstehen im Falle einer
arbeitsrechtlichen Streitigkeit ganz schnell erhebliche Kosten.
Schon die Erstberatungsgebühr bei einem Rechtsanwalt beträgt
in der Regel oft bereits 190 Euro – schon fast ein Jahresmitgliedsbeitrag!
Im Falle einer weitergehenden Auseinandersetzung und anwaltlichen
Vertretung, sei es vor Gericht oder sogar schon im vorgerichtlichen
Wege, fallen nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG)
zügig Gebühren von über 2.000 Euro an.
Neben den oben näher beschriebenen Vorteilen der gewerkschaftlichen
Arbeit rechtfertigt
somit der durch die Gewerkschaft gewährte Rechtsschutz allein – schon
aus finanzieller Sicht – die Mitgliedschaft in der VdO, deren
Beiträge im Übrigen noch deutlich unter den Beiträgen
vergleichbarer Berufsvereinigungen liegen.
Gerrit Wedel
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