
Brennpunkte
Zur Situation deutscher Theater und Orchester Stiftung Oper in Berlin
Vorbehaltlich der bei Redaktionsschluss noch nicht bekannten
Beschlussfassung des Abgeordnetenhauses von Berlin zum vom Senat
vorgelegten Doppelhaushalt
2008/2009 zeichnet sich für die künftige Finanzierung
der aus Staatsoper, Deutscher Oper, Komischer Oper, Staatsballett
und Bühnenservice bestehenden Stiftung eine Lösung
ab.
Der Senat stellt 20 Millionen Euro für Umbau und Instandsetzung
des Schiller-Theaters in Charlottenburg zur Verfügung, in
dem die Staatsoper während der Sanierung des Knobelsdorff-Baus
Unter den Linden spielen wird. Weitere 3,4 Millionen Euro werden
für Baumaßnahmen in der Deutschen Oper ausgegeben, damit
dort das Staatsballett ein neues Quartier findet. Der Umzug soll im Sommer 2010 stattfinden. 42 Monate sind für
die Sanierung des Hauses Unter den Linden veranschlagt; von den
Gesamtkosten der Sanierung in Höhe von 265 Millionen Euro übernimmt
der Bund 200 Millionen. Im Gegenzug verpflichtet sich das Land
Berlin, den Etat der Staatsoper, der sich in 2008 auf 32,6 Millionen,
in 2009 auf nur noch 31,6 Millionen belaufen sollte, ab 2008 für
die nächsten zehn Jahre auf 41 Millionen Euro aufzustocken.
Die seit 2001 der Staatskapelle gewährten 1,7 Millionen Euro
Bundeszuschuss bleiben unberührt.
Als Ausgleich wird das Land die Betriebszuschüsse für
Deutsche Oper, Komische Oper und Staatsballett im Jahr 2008 um
6,4 Millionen, im Jahr 2009 um 9,6 Millionen anheben; die Verteilung
auf die Einzeletats der Häuser soll der Stiftungsrat regeln.
Es darf gewettet werden, dass die offenkundige Besserstellung der
Staatsoper und der Staatskapelle unter Leitung Daniel Barenboims
in der Stiftung Debatten auslösen wird.
„Der Bund wird seiner Mitverantwortung für die Hauptstadt gerecht“,
erklärte Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) anlässlich
der Unterzeichnung des neuen, bereits zum 1. Januar 2008 in Kraft
tretenden Hauptstadtvertrages. „Der Bund finanziert jetzt
die Hälfte der Berliner Kulturausgaben.“ Brandenburg an der Havel
Künftig solle das Staatstheater Cottbus Musiktheaterproduktionen
dem aus Brandenburg/Havel, Frankfurt/Oder und Potsdam bestehenden
Theater- und Orchesterverbund anbieten, gab die Kulturministerin
des Landes Brandenburg bekannt. Aus Kostengründen müsse
sie die Brandenburger Theater GmbH von der Aufgabe entbinden, für
den Verbund Musiktheater zu produzieren. Auf gut deutsch: In Brandenburg
verbleiben ein 51-Mann-Orchester samt GMD, ein Schauspiel-Inspizient,
ein Souffleur und ein aus drei Personen bestehendes Schauspiel-Ensemble;
das Musiktheater arbeitete ohnehin seit Entlassung von Solisten
und Chor nur noch mit Gästen. Eisenach/Meiningen
Das Ensemble der Landestheater Eisenach GmbH wird, nachdem vor
drei Jahren bereits der Opernchor aufgelöst wurde, zum Ende
der Spielzeit 2007/2008 entlassen; es verbleiben nur die von 43
auf 24 Mitglieder verkleinerte „Staatskapelle“, die
als Kammerorchester auftreten wird, und 16 Tänzerinnen und
Tänzer. Das Landestheater soll in die Kulturstiftung Meiningen
integriert werden; das Meininger Theater wird künftig Eisenach
mit Musiktheater, Schauspiel und Konzerten versorgen. Die Stadt
Eisenach war weder willens noch in der Lage, die vom Thüringer
Kultusminister verordnete Kürzung des Landeszuschusses von
4,19 auf 1,5 Millionen Euro auszugleichen. Halle/Saale
Halles Stadtrat hat beschlossen, spätestens ab 2009 die bisher
eingeständigen Regiebetriebe Opernhaus, Staatskapelle, Kulturinsel
und Thalia Theater in der Rechtsform einer gemeinnützigen
GmbH zu einem Mehrspartenhaus zusammenzuführen. Das „Kleine
Haus“ des Thalia Theaters wird bereits Anfang 2008 geschlossen.
Die gGmbH soll eine zentrale kaufmännische Direktion erhalten,
die „inhaltlich-administrative Verantwortung“ bei den
bisherigen Intendanten verbleiben. Von der Zusammenlegung von Verwaltungen,
Werkstätten und Marketing verspricht sich der Stadtrat Einsparungen
in Höhe von 680.000 Euro. Rostock
Die mit rund 400 Millionen Euro verschuldete Hansestadt Rostock,
der die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern die Zwangsverwaltung
angedroht hat, hat beschlossen, ihr derzeitiges Mehrspartentheater
auf das Schauspiel zu reduzieren. Um den Sparauflagen des Landes
nachzukommen, soll der Betriebszuschuss für das Volkstheater
von derzeit 7,8 Millionen Euro im Jahr 2008 auf 6,6 Millionen,
im Jahr 2009 auf 4,7 Millionen abgesenkt werden; 2009 sollen das
Musiktheater, das Ballett und die Norddeutsche Philharmonie ihren
Betrieb einstellen. Der Beschluss wurde in der Bürgerschaft
mit einer breiten Mehrheit der Stimmen von CDU, SPD und Bündnis
90 gefasst.
Das Rumpftheater soll des Weiteren in eine gGmbH umgewandelt
werden; die Theaterleitung ist beauftragt, bis Juli 2008 ein Konzept
vorzulegen,
wie das Theater künftig bespielt werden kann.
Politischer Widerstand gegen diesen beabsichtigten kulturpolitischen
Kahlschlag regt sich allenthalben; massive Proteste, auch des Deutschen
Bühnenvereins und der Gewerkschaften, sollten zumindest geeignet
sein, die Bürgerschaft zu bewegen, ihren skandalösen
Beschluss rechtzeitig zu überdenken.
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