|

Maurice Béjart ist tot
Das Alter machte
seinem Körper zu schaffen. Doch im Geist
ist Maurice Béjart bis zuletzt jener junge Rebell geblieben,
der seit den 1950er-Jahren die Tanzwelt mit oft spektakulären
Choreografien in Atem hielt. Im Vordergrund seines Schaffens stand
dabei von Anfang an das eigene Ensemble: 1953 „Les Ballets
de l’Étoile“, aus denen 1957 das „Ballet-Théâtre
de Paris“ hervorging und ab 1960 sein in Brüssel beheimatetes „Ballet
du XXe siècle“, das er nach dem Umzug in die Schweiz
1987 in „Béjart Ballet Lausanne“ umbenannte.
Der Formenkodex des klassischen Balletts allein genügte dem
am 1. Januar 1927 in Marseille geborenen Künstler nicht, weshalb
er, der weder Pomp noch Pathos scheute und sich über Kritiker
hinweg setzte, den Tanz durch eine Art von „Spectacle total“ auf
höchstem Niveau popularisierte. Dieser Erfindung ist er bis
ins Spätwerk hinein treu geblieben. Kosmopolitisch eingestellt
griff er neben aktuellen Zeit- und Modeströmungen zunehmend
auch buddhistisches und fernöstliches Kulturgut auf. Er beschäftigte
sich eine zeitlang intensiv mit dem Schaffen Richard Wagners. In
Brüssel inszenierte Béjart einmal auch Léhars „Lustige
Witwe“, die er mit theatralischem Furor in den Ersten Weltkrieg
taumeln ließ. Die Aufführung war Vorbild für viele
Nachahmer. 2005 widmete er mit „Zarathustra. Das Lied vom
Tanz“ Friedrich Nietzsche eine opulente Hommage. Anfang 2007
in „La Vie du Danseur“ verarbeitete der mittlerweile
80-Jährige Reflektionen über das eigene Ich und Œuvre.
Bis zum Schluss begleitete er seine Compagnie zu Gastspielen. Im
Februar 2008 wollte Béjart seine jüngste Kreation „In
80 Minuten um die Welt“ in Paris präsentieren. Dazu
wird es nun nicht mehr kommen. In einer Lausanner Klinik ist Maurice
Béjart am 22. November an Herz- und Nierenversagen gestorben.
Die Ballettwelt hat einen ihrer ganz Großen verloren. Aber
Béjart wäre nicht Béjart, hätte er nicht
vorgesorgt: Seine Interpreten und Schüler werden sein Repertoire
und seine Liebe zum Tanz weiter tragen.
Vesna Mlakar
Nach dem Tod Gudrun Wagners
Gudrun Wagner, die
zweite Ehefrau des 88 Jahre alten Leiters der Richard Wagner-Festspiele
Bayreuth, ist am 28. November 2007 im
Alter von 63 Jahren nach einer Operation in einem Bayreuther Krankenhaus
völlig überraschend gestorben. Die in Ostpreußen
geborene, in Regensburg aufgewachsene, als Fremdsprachensekretärin
ausgebildete Gudrun Armann begann ihre Tätigkeit auf dem „Grünen
Hügel“ 1965 im Pressebüro; mit ihrer Eheschließung
im Jahr 1976 wurde sie zur engsten Mitarbeiterin ihres Mannes.
Mal als „Mädchen für alles“, mal als die „Frau
im Feuer“ bezeichnete sie sich selbst, deren Führungsfähigkeiten
und Managementtalente ihre ärgsten Neider ihr nicht absprechen
konnten. 2001 bewarb sie sich um die Nachfolge in der Festspielleitung,
wurde aber vom Stiftungsrat zugunsten von Wolfgang Wagners Tochter
aus erster Ehe, Eva Wagner-Pasquier, abgelehnt. Wolfgang Wagner
konnte in seiner Position als Alleingesellschafter auf Lebenszeit
diese Entscheidung ignorieren. Neben Eva Wagner-Pasquier und Nike
Wagner, einer Tochter Wieland Wagners, bewirbt sich derzeit eine
Dreiergruppierung bestehend aus Gudruns und Wolfgangs 1978 geborener
Tochter Katharina, dem Dirigenten Christian Thielemann und dem
Komponisten und Kulturmanager Peter Ruzicka, der als früherer
Intendant der Staatsoper Hamburg und Leiter der Salzburger Festspiele
der Bewerbung einiges Gewicht verleiht. Wolfgang Wagner favorisiert
das Dreiergespann.
Pionier der elektronischen Musik: Zum Tod von Karlheinz Stockhausen
Zum „Dreigestirn der Neuen Musik“, das sich in den
1950er-Jahren in Paris formierte, gehörte neben Luigi Nono
und Pierre Boulez auch Karlheinz Stockhausen, einer der renommiertesten
Nachkriegskomponisten Deutschlands. Er gilt als Pionier der elektronischen
Musik. Am 5. Dezember ist er im Alter von 79 Jahren gestorben.
Nach seinem Studium in den Fächern Schulmusik und Klavier
an der Kölner Musikhochschule sowie Musikwissenschaft, Philosophie
und Germanistik an der Kölner Universität ging Stockhausen
nach Paris, wo er 1952 und 1953 bei Olivier Messiaen studierte.
Stockhausens erste Kompositionen waren Chor-Werke, in denen er
eigene Texte vertonte. Als Lehrer bei den Internationalen Darmstädter
Ferienkursen, Professor für Komposition an der Musikhochschule
Köln und Kompositions-Dozent in der ganzen Welt gab er sein
Wissen und Erfahrung an die folgenden Generationen weiter. Jahrzehntelang
war er zunächst Mitarbeiter, später Leiter des Studios
für elektronische Musik des WDR. Dort entstanden bereits in
den 50er-Jahren Kompositionen, mit denen Stockhausen sich international
einen Namen als innovativer und streitbarer Komponist machte.
Von 1977 bis 2003 schrieb Stockhausen an einer der umfangreichsten
Opern der Musikgeschichte, dem siebenteiligen Werk „Licht“.
Der Musiktheaterzyklus thematisiert die sieben Schöpfungstage.
An Werk und Person Stockhausens schieden sich die Geister von Kritikern
und Kollegen. Einen Sturm der Entrüstung löste er nach
den Anschlägen vom 11. September 2001 aus, als er im Zusammenhang
mit den Attentaten vom „größten Kunstwerk, das
es je gegeben hat“, sprach. Aber auch an seinem musikalischen
Werk entzündeten sich heftige ästhetische und gesellschaftliche
Debatten. Mit Karlheinz Stockhausen ist einer der bedeutendsten
Komponisten des 20. Jahrhunderts gestorben.
|