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Brenn-Punkte
Zur Situation deutscher Theater und Orchester
Cottbus
Die brandenburgische Landesregierung hat dem Landtag in Potsdam
den Entwurf eines Gesetzes über die Errichtung der „Brandenburgischen
Kulturstiftung Cottbus“ zugeleitet, der das Staatstheater
Cottbus und die Brandenburgischen Kunstsammlungen angehören
werden. Trotz der Ausgliederung beider Einrichtungen aus der Landesverwaltung
bleibt der Einfluss Potsdams erhalten: Finanz- und Kulturministerium
werden im Stiftungsrat vertreten sein. Die jährlichen Zuschüsse
des Landes und der Stadt Cottbus sollen bis 2009 konstant bleiben
(insgesamt 18,1 Millionen Euro); das Land übernimmt zusätzlich
die Kosten für die Angleichung der Ost- an die Westgehälter.
Alle übrigen Personal- und Sachkostensteigerungen muss die
Stiftung aus eigener Kraft erwirtschaften.
Erfurt
Die im September 2003 eröffnete neue Erfurter Oper rechnet
laut einer dem MDR vorliegenden Meldung des Theater-Werkausschusses
bereits für die erste Spielzeit mit einem Fehlbetrag von mehr
als 500.000 Euro auf Grund zu niedrig angesetzter Betriebs- und
Personalkosten. Das Haus werde ein Sparkonzept vorlegen und mit
dem Freistaat Thüringen über eine Anhebung des Betriebskostenzuschusses
verhandeln.
Görlitz
Dass die Zahl der Besucher der Musiktheater Oberlausitz-Niederschlesien
GmbH in Görlitz im Jahr 2003 um 12.500 auf 75.000 gestiegen
ist, dass das Haus mit der Uraufführung von Enjott Schneiders
„Bahnwärter Thiel“ (vgl. O&T, Ausgabe 2/04)
und mit attraktiven Sonderveranstaltungen wie „Jazz in der
Oper“ Aufsehen erregte, sind die guten Nachrichten. Die schlechten
sind, dass der am 1. Januar 2004 erst in Kraft getretene Haustarifvertrag,
der den Beschäftigten Gehaltsverzicht bis zu 14 Prozent zumutet,
nicht ausreicht, den wirtschaftlichen Bestand des Theaters zu sichern,
da weder Stadt noch Kulturraum ab 2005 zu erwartende Kostensteigerungen
ausgleichen können. Görlitz ist derart pleite, dass die
Schließung von Zoo, Theater, Museen und Straßenbahn
erwogen werden. Ein vom Betriebsrat mit der Theaterleitung entworfenes
Konzept sieht vor, die ohnehin reduzierten Löhne und Gehälter,
falls denn das Theater nicht geschlossen wird, zunächst bis
2007, eventuell bis 2011 auf dem heutigen Stand einzufrieren. Verhandlungen
wurden aufgenommen.
Halberstadt
Ähnlich katastrophal ist die Lage des Nordharzer Städtebundtheaters
Halberstadt/Quedlinburg. Das Land Sachsen-Anhalt kürzt seinen
Betriebszuschuss um 10 Prozent, der Zweckverband um 25 Prozent.
Die Theaterleitung soll bis Herbst 2004 einen Finanzierungsplan
vorlegen, der die Reduzierung des Zuschusses um 1,5 Millionen Euro
durch Verringerung des Spielbetriebs um 25 Prozent und durch Personalabbau
(32 Stellen, davon 10 im Orchester, 2 im Chor sind angedacht) abfängt.
Hannover
Mit Abschluss eines Haustarifvertrages, der den Verzicht auf das
13. Monatsgehalt zum Inhalt hat, reagierte das Niedersächsische
Staatsorchester auf die bei der Staatstheater Hannover GmbH eingetretenen
Betriebszuschusskürzungen. Als Gegenleistung garantiert die
Theaterleitung für die zweieinhalbjährige Laufzeit des
Vertrages sämtliche 104,5 Planstellen des Orchesters.
Köln
Das Kölner West-End-Theater und die Halle Kalk, zwei der
bisher ständigen Spielstätten der Bühnen der Stadt
Köln, werden zum Ende des Jahres 2004 geschlossen; mit der
Halle Kalk verliert das Theater einen Spielort, der bisher insbesondere
dem modernen Tanz gewidmet war. Insgesamt müssen die Bühnen
der Stadt Köln in den Jahren 2005 bis 2007 auf Betriebszuschüsse
in Höhe von 11,5 Millionen Euro verzichten, von denen 7,4 Millionen
die Oper betreffen. Mit besserer Ausnutzung einer geringeren Zahl
von Produktionen und mit einer linearen Anhebung der Eintrittspreise
um 10 Prozent hofft Opernintendant Christoph Dammann, die Einnahmen
um rund 2,5 Millionen Euro steigern zu können.
Meiningen
Die Sparte Ballett, ein zuletzt noch zwölfköpfiges Ensemble
des Südthüringischen Staatstheaters Meiningen, wird zum
Ende der Spielzeit 2003/04 geschlossen. Die bereits angelaufenen
Haustarifvertragsverhandlungen für Oper, Schauspiel und Orchester
sind auf große Schwierigkeiten gestoßen, da der Fehlbetrag,
der durch eventuellen Gehaltsverzicht der Mitarbeiter auszugleichen
wäre, offenbar wesentlich höher ist als ursprünglich
errechnet.
Plauen/Zwickau
Die im Jahr 2000 vollzogene Fusion des Vogtland Theaters Plauen
mit der „theater zwickau GmbH“ war ein sächsisches
Vorzeigeprojekt. Jetzt droht ihm Gefahr. Die Stadt Zwickau hat sich
finanziell übernommen und erwartet, angesichts eines mit einem
Defizit von 10 Millionen Euro nicht ausgeglichenen Verwaltungshaushalts
einen Konsolidierungshaushalt vorlegen zu müssen, der ohne
Reduzierung auch des Theaterzuschusses nicht darstellbar ist. Die
Zuschussminderung durch Zwickau würde eine Kettenreaktion auslösen,
da prozentual entsprechende Mittelkürzungen der anderen Zuschussgeber
die Folge wären. Im schlimmsten Fall würde der augenblickliche
Zuschuss von 15,19 Millionen Euro um 3,6 Millionen sinken, was,
so Generalintendant Ingolf Huhn, das Ende der Fusion und die Schließung
des Theaters bedeute. Auf einer vom Betriebsrat einberufenen Krisensitzung,
an der neben Theaterleitung und Gewerkschaften auch die Bürgermeister,
die Verwaltungsräte und ein Vertreter des sächsischen
Kunstministeriums teilnahmen, wurde festgestellt, dass allenfalls
eine Betriebszuschussminderung um 900.000 Euro durch Haustarifvertrag
und Personalabbau ohne Gefährdung des Spielbetriebs ausgeglichen
werden könne. Da der Freistaat Sachsen, seit dort Kulturmuffel
Milbradt regiert, behauptet, weder helfen zu wollen noch zu können,
liegt der Schwarze Peter jetzt allein bei der Stadt Zwickau.
Schwerin
Die 66-köpfige Mecklenburgische Staatskapelle soll nach den
Vorstellungen der Theaterleitung, um Personalabbau zu verhindern,
von der Vergütungsgruppe A in die Vergütungsgruppe B herabgruppiert
werden. Hierzu ist ein besonderer Tarifvertrag erforderlich.
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