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Hintergrund

Opernbaustellen in Deutschland

Ein Update

Für ein Opernhaus kommen Um- oder Neubauphasen meistens zur Unzeit. Eingespielte Betriebsabläufe werden auf den Kopf gestellt, der Spielbetrieb muss schlimmstenfalls verlegt werden, auch ein potenzieller Besucherschwund wird angesichts veränderter und unsicherer Verhältnisse oft befürchtet. Viele Fragen stehen im Raum, die möglichst im Vorfeld gelöst und kommuniziert werden müssen. Doch so ein Um- oder Neubau kann auch eine Chance sein: Betriebsabläufe können neu gedacht und optimiert werden, neue Spielstätten verlangen neue kreative und organisatorische Herangehensweisen und auch die Besucher können, ja müssen dabei mitgenommen werden. Das haben die Opernhäuser scheinbar erkannt, denn wenn man sich bei einer neuerlichen Betrachtung des Themas Opernbaustellen umschaut, was sich angesichts vielfacher Kritik an solchen Maßnahmen so tut, dann ist es vor allem eines: Die Öffentlichkeitsarbeit ist in die Offensive gegangen.

Baustelle Nationaltheater Mannheim (Foto: Maximilian Borchardt)

Baustelle Nationaltheater Mannheim (Foto: Maximilian Borchardt)

Erkannt hat man das nicht zuletzt auf den Baustellen, auf denen es die größten Probleme und lauteste Kritik gegeben hat. Köln ist ein Paradebeispiel hierfür. Die Sanierung des Opernhauses war anfangs schlecht geplant, nicht besser organisiert und lief deshalb auch wenig überraschend völlig aus dem Ruder. 2016 gab es den sprichwörtlichen großen Knall. Danach besann man sich eines Besseren, stellte einen neuen Technischen Betriebsleiter ein und nahm die Öffentlichkeit besser mit, unter anderem durch Baustellenführungen und eine eigene Website für die Sanierung, auf der zum Beispiel monatliche Berichte eingestellt werden. Dennoch: Summa summarum werden, wie es im September-Bericht etwas verschämt steht, inklusive aller Zusatzkosten am Ende 999 Millionen Euro für die Sanierung des Kölner Theaterensembles mit Schauspielhaus und neuer Kinderoper auflaufen – die Milliarde ist damit im Prinzip erreicht. Angesichts eines solchen Desasters ist eine gute Öffentlichkeitsarbeit nötiger denn je, zumal es schon wieder Unkenrufe über eine verspätete Wiedereröffnung gibt. Erst jüngst tauchten neue Probleme auf, „Verzögerungen im Bauablauf“, wie es im Verwaltungsdeutsch so schön heißt, die die für März 2024 geplante Schlüsselübergabe verzögern könnten. Dem will man mit zusätzlichen Kräften eines Münchner Ingenieurbüros begegnen, die auf den Abschluss von derartigen Großprojekten spezialisiert sind und Terminkontrolle, Unterstützung der Objektüberwachungen sowie eine effizientere Verzahnung der Abläufe sicherstellen sollen. Es bleibt also spannend, auch wenn offiziell die Parole ausgegeben wurde, dass der Termin für die Schlüsselübergabe unverändert bleibt. Im benachbarten Bonn will man es besser machen, hier geht man die Sache gründlich an. „Für die Prozesssteuerung und Organisation der Voruntersuchungen hat das Theater Bonn im vergangenen Jahr die Firma M.O.O.CON beauftragt. Mit den Ergebnissen der Machbarkeitsstudie wird bis Ende 2025 gerechnet“, heißt es aus dem Presseamt. Es gebe zudem eine Lenkungsgruppe, die dem kontinuierlichen Informationsaustausch diene. Zudem habe man ein zentrales Zielbild formuliert: „Die Standorte und Gebäude sind Ausdruck der Identität der Bundesstadt Bonn, sie sind das Erbe der Bonner Republik und gleichzeitig Marktplätze der Demokratie in der Stadt des Grundgesetzes, sie sind zentrale Begegnungsorte – für ein diverses Publikum, für Diskurse in der Stadtgesellschaft und aktive Beteiligung. Sie sind offene und lebendige Orte vielfältiger Nutzung. Fazit: Bonn bereitet mit fundierter Planung die nächsten Meilensteinentscheidungen zur Zukunftssicherung der Theaterimmobilien vor.“

OPAL 2022 (Foto: Maximilian Borchardt)

OPAL 2022 (Foto: Maximilian Borchardt)

So weit, so gut, aber manchmal ist die Realität eben doch schneller als die beste Planung, vor allem wenn es die öffentliche Hand ist, die plant. Das liegt zum einen an langwierigen Planungsprozessen, aber auch an Unwägbarkeiten wie etwa Firmeninsolvenzen, von denen gleich mehrere der derzeit laufenden Theatersanierungen betroffen sind – und natürlich an Kostensteigerungen. „2020 rechnete man mit einer allgemeinen Teuerungsrate von zwei Prozent jährlich, wir sind wegen der damals sehr regen Baukonjunktur von drei Prozent im Jahr ausgegangen. Nun rechnen wir mit 6,5 Prozent“, rechnete der Betriebsleiter der Kölner Sanierung, Bernd Streitberger, kürzlich vor. In Köln gab es einige Insolvenzen während der Sanierungsarbeiten, und auch am Nationaltheater Mannheim blieb man nicht davon verschont. Hier war man gerade dabei, die „OPAL“ genannte Ausweichspielstätte für das Nationaltheater zu bauen, als der hierfür ins Boot geholte Generalunternehmer insolvent wurde. Der Schreck war groß, doch packte man den Stier kurzerhand bei den Hörnern und übernahm die Bauträgerschaft selbst.

So soll der Chorprobensaal in Mannheim aussehen (Foto: Schmucker und Partner)

So soll der Chorprobensaal in Mannheim aussehen (Foto: Schmucker und Partner)

Trotz einer damit einhergehenden Kostensteigerung von gut sechs Millionen Euro und einer Verzögerung des Gesamtprojektes unter anderem durch Kampfmittelfunde um zirka ein Jahr seien alle ganz optimistisch, so Nele Haller, die die Kommunikation der Generalsanierung verantwortet. „Die Mannheimer Stadtgesellschaft steht hinter dem Theater.“ In Mannheim kommt noch die Erschwernis hinzu, dass das Nationaltheater während der Sanierungsarbeiten auf nicht weniger als acht Spielstätten aufgeteilt ist, eine enorme logistische Herausforderung. Nicht zuletzt angesichts der finanziellen wie auch logistischen Belastungen für die Stadt, hat man die besondere Bedeutung einer guten Kommunikation erkannt. Haller selbst ist der beste Beweis dafür, ist ihre Stelle doch eigens für die Sanierung geschaffen worden. Auf der Homepage wird sehr ausführlich über die verschiedensten Aspekte der Sanierung informiert, bald wird zudem ein Informationsbüro direkt an der Baustelle eingerichtet werden, weitere Aktionen sind geplant.

Gleich zwei Baustellen hat man bei der Oper am Rhein in Düsseldorf und Duisburg an der Backe. In Düsseldorf soll neu gebaut werden, das Duisburger Haus ist ein noch recht neuer Zugang auf der Liste der sanierungsbedürftigen Theaterbauten. Die Bausubstanz hat sich als marode herausgestellt, nachdem man das Haus nach einem Wasserschaden durch die Sprinkleranlage gerade erst mühsam wieder renoviert hatte. In Düsseldorf geht es auch architektonisch um den großen Wurf, hier hat der Rat der Landeshauptstadt den bisherigen Standort für die Umsetzung eines Neubaus beschlossen. Gerade laufen die Vorbereitungen für einen Architekten- und Ingenieurwettbewerb. Für eine Landeshauptstadt standesgemäß, ist nicht weniger als „das Opernhaus der Zukunft“ nebst einer Durchführung einer Machbarkeitsstudie zur Umsetzung einer Interimsspielstätte ausgeschrieben. Bauherr soll ein städtisches Tochterunternehmen werden. In Duisburg dagegen geht es um die Rettung des Bestands. Hier soll zunächst eine Studie zur Überprüfung der qualitativen, baulichen und funktionalen Substanz des Theaters durchgeführt werden, dann wird man weitersehen.

So könnten Oper und Schauspiel am Willy-Brandt-Platz in Frankfurt in Zukunft aussehen. Abb.: gmp-Architekten

So könnten Oper und Schauspiel am Willy-Brandt-Platz in Frankfurt in Zukunft aussehen. Abb.: gmp-Architekten

Neben „Kommunikation“ gibt es ein weiteres Zauberwort, das die Sanierungslage prägt: Vernetzung. Viele Opernhäuser haben ähnliche Probleme, warum sollte man sich da nicht zusammentun? Ein erster Schritt war eine Tagung in Augsburg im April 2023, zu der der dortige Intendant André Bücker eingeladen hatte. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit wollten sich an die 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmer an eine wirklich schonungslose Bestandsaufnahme wagen und eine stärkere Zusammenarbeit vorbereiten. Das Ergebnis? „Es gibt riesigen Gesprächsbedarf“, so Bücker, „und die Lust, sich auszutauschen, ist wirklich sehr, sehr groß.“ Kein Wunder, angesichts der riesigen Probleme, vor denen viele Häuser stehen, auch Augsburg. Gerade erst wurde das Orchester zum A-Orchester heraufgestuft – untypischerweise nach und nicht wie sonst so oft vor einer Wahl –, doch das heimische Haus ist noch auf absehbare Zeit Baustelle, die – welche Überraschung – teurer (derzeit zirka 302 statt 186 Millionen) und später als anfangs geplant fertig wird (jetzt: 2028/2029). Die Kick-Off-Veranstaltung soll in ein Netzwerk münden, das hilft Erfahrungen auch andernorts nutzbar zu machen, auch wenn die konkreten Problemstellungen vor Ort oft unterschiedlich sind. In Frankfurt sucht man noch nach dem passenden Standort für ein neues Theatergebäude, denn das alte, an dem jahrzehntelang herumgebaut wurde, ist angesichts seiner verqueren Baugeschichte nicht mehr zu retten. Und am Mainfranken Theater in Würzburg peilt man nach einem Wechsel des Architekturbüros und den üblichen Kostensteigerungen jetzt Ende 2026 als Fertigstellungstermin an. Es bleibt also spannend, Fortsetzung folgt.

Guido Krawinkel


Entscheidung in Frankfurt

Nach Redaktionsschluss wurde bekannt, dass der Magistrat der Stadt Frankfurt in seiner Sitzung am 10. November beschlossen hat, dass die Oper am Willy-Brandt-Platz auf eigenem Grund und Boden neu errichtet wird. Zudem sollen Verhandlungen für die Kulturmeile mit der Hessischen Landesbank (Helaba) und der Sparkasse aufgenommen werden. Die Kulturmeile sieht vor, dass das neue Schauspiel an der Neuen Mainzer Straße auf einem circa 5.500 Quadratmeter großen Grundstück errichtet werden kann. Baulich soll zudem das in jedem Fall notwendige Lager- und Logistikzentrum für die Bühnen umgesetzt werden. Begonnen werden soll auch mit der konkreten Standortsuche für ein Schauspielinterim. Sofern die Verhandlungen mit der Helaba und der Sparkasse über die Umsetzung der Kulturmeile erfolgreich sind, aber auch im Falle der Umsetzung der Spiegelvariante, kann die Oper im neu errichteten Schauspiel bis zur Fertigstellung der neuen Oper am Willy-Brandt-Platz spielen. Nur im Fall des Neubaus einer Doppelanlage müsste auch noch ein Interim für die Oper gefunden werden.

Nach Redaktionsschluss wurde bekannt, dass der Magistrat der Stadt Frankfurt in seiner Sitzung am 10. November beschlossen hat, dass die Oper am Willy-Brandt-Platz auf eigenem Grund und Boden neu errichtet wird. Zudem sollen Verhandlungen für die Kulturmeile mit der Hessischen Landesbank (Helaba) und der Sparkasse aufgenommen werden. Die Kulturmeile sieht vor, dass das neue Schauspiel an der Neuen Mainzer Straße auf einem circa 5.500 Quadratmeter großen Grundstück errichtet werden kann. Baulich soll zudem das in jedem Fall notwendige Lager- und Logistikzentrum für die Bühnen umgesetzt werden. Begonnen werden soll auch mit der konkreten Standortsuche für ein Schauspielinterim. Sofern die Verhandlungen mit der Helaba und der Sparkasse über die Umsetzung der Kulturmeile erfolgreich sind, aber auch im Falle der Umsetzung der Spiegelvariante, kann die Oper im neu errichteten Schauspiel bis zur Fertigstellung der neuen Oper am Willy-Brandt-Platz spielen. Nur im Fall des Neubaus einer Doppelanlage müsste auch noch ein Interim für die Oper gefunden werden.

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