Schwerpunkt
Leidenschaft für das
Theater muss sein
Der Studiengang Maskenbild an der Bayerischen Theaterakademie August Everding
Birger Laube ist freier Maskenbildner in Deutschland. Er arbeitete an zahlreichen erfolgreichen Film- und Fernsehproduktionen mit. 2017 etwa verwandelte er die Schauspieler Hanno Koffler und Christian Friedel in dem erfolgreichen Fernsehfilm „Die Dass-lers – Pioniere, Brüder und Rivalen“ in das zerstrittene Geschwisterpaar aus dem fränkischen Herzogenaurach. Gerade findet sich der BR-Mehrteiler „Bayerns Weg zur Demokratie“ in der Postproduktion. Gleichzeitig unterrichtet Laube seit mehreren Jahren an der Bayerischen Theaterakademie August Everding in München. Als Stellvertretender Studiengangsleiter für den Bereich Maskenbild gibt der 51-Jährige Einblicke in die Ausbildung zum Maskenbildner.
Julia Weigl: Sie arbeiten seit vielen Jahren als freier Maskenbildner. Wie sind Sie zur Lehre gekommen?
Birger Laube: Für ein Seminar an der Theaterakademie August Everding wurde ich von dem Chefmaskenbildner des Residenztheaters, Andreas Mouth, angesprochen. So begann ich zunächst als freier Dozent im Bereich Spezialeffekte für Theater und Film regelmäßig Seminare zu geben.
Weigl: Welche Voraussetzungen braucht man für Ihren Studiengang?

Theaterakademie: Tag der Offenen Akademie: in der Maske. Foto: P. S. Zoeller
Laube: Voraussetzungen für die Lehrenden sind sehr gute Erfahrungen auf einem oder mehreren künstlerischen Gebieten. In meinem Fall waren das eben Spezial-Make-up-Effekte. Das kann zum Beispiel auch historische Frisurengestaltung, das Herstellen von Perücken, Modellieren und Formenbau, Entwurfszeichnen, Theater- und Filmgeschichte oder auch Forensik sein – und natürlich ist vor allem praktische Erfahrung essenziell. Von unseren Bewerberinnen und Bewerbern erwarten wir ein großes Interesse an Kunst, Kulturgeschichte und natürlich auch Leidenschaft für Theater und Film. Der zeitliche Aufwand und die Belastung im Studium sind sehr hoch, da es sich bei dem Studiengang Maskenbild – Theater und Film (BA./MA.) um einen Intensivstudiengang handelt. Die Studierenden müssen deshalb sehr viel Persönlichkeit mitbringen und mit großer Begeisterung an das Studium herangehen.
Weigl: Wie ist das Studium an der Bayerischen Theaterakademie August Everding aufgebaut?
Laube: Der Studiengang bietet einen dreijährigen Bachelor an sowie ein einjähriges Masterstudium. In der Theorie haben wir zwei Bereiche: zum einen das Modul Fachspezifische Kulturwissenschaften mit den Seminaren Ästhetik, Inszenierungs- und Filmanalyse sowie Kunstgeschichte. Damit möchten wir unseren Studierenden sowie Absolventinnen und Absolventen den kulturellen Background mitgeben, um künstlerische Konzepte zu entwickeln und um auf Augenhöhe mit Kostüm-, Bühnenbildnern und Regie in Austausch treten zu können.
Wir möchten unseren Absolventen aber natürlich auch einen guten Start ins Berufsleben ermöglichen! Deswegen bieten wir im Modul „Prozessorientierung – Theater-und-Film“ Fächer wie Produktionsprozess Theater und Vertragsrecht, Prozessorientierung sowie Sozialkompetenzen an.

Im Akademietheater können sich die angehenden Maskenbildner in der Praxis üben. Foto: Felix Loechner
In den praktischen Modulen wird natürlich ein großer Teil von dem vermittelt, was ein Maskenbildner in der Praxis leisten muss: Unsere Studierenden müssen in der Lage sein, ihre entwickelten Konzepte künstlerisch und praktisch umzusetzen. Das beginnt damit, Figurinen nach einer Charakterisierung der Figuren eines Stücks, einer Oper oder eines Films zu zeichnen oder digital zu erstellen. Danach werden diese Entwürfe an Modellen umgesetzt und später im Berufsleben an den Darstellern. Im Modul „Visuelle Gestaltungsformen in Theater und Film“ lernen unsere Studierenden historische und zeitgenössische Gestaltungsprinzipien und konzeptionelle Perückengestaltung. Hier geht es um das Erstellen von Charakterfiguren mittels verschiedener Make-up-Techniken und unter Einsatz vielseitiger maskenbildnerischer Mittel wie Glatzen, Bärten und Haarteilen. Im Modul Maskengestaltung wird Maskenbau und eben auch mein Bereich „Maskenbildnerische Spezialeffekte in Theater und Film“ unterrichtet, das Herstellen von Gesichtsteilen aus Schaumgummi oder Silikon bis hin zu sogenannten Dummy-Körperteilen.
Weigl: Wie können die Studierenden schon während ihrer Ausbildung Praxiswissen erwerben?
Laube: Schon unsere Semester- und Abschlussprüfungen sind im Prinzip so aufgebaut, wie später auch im Berufsleben gearbeitet wird. Zunächst finden Ideensammlungen statt, dann wird ein Konzept entwickelt, auf dessen Basis eine Figurine gezeichnet wird und schließlich am Modell konkret umgesetzt wird. Unsere Studierenden erwerben durch die Arbeit an Produktionen in der Theaterakademie mit anderen Studierenden, bei Produktionen mit unseren Kooperationspartnern, zum Beispiel der Hochschule für Fernsehen und Film und bei dem von Professor Katharina Wagner gegründeten Projekt „Richard Wagner für Kinder“ im Rahmen der Bayreuther Festspiele sowie bei Praktika im In- und Ausland an der Opéra Garnier in Paris oder Sankt Petersburg, Kunstprojekten et cetera sehr viel praktisches und theoretisches Wissen, das sie gut auf ihr Berufsleben vorbereitet.
Weigl: Welchen Hintergrund haben Ihre Studierenden in der Regel? Mit welchen Vorstellungen, Wünschen, Plänen kommen sie an die Theaterakademie?
Laube: Unsere Bewerberinnen und Bewerber sind sehr vielseitig. Einige kommen aus Familien, durch die sie schon immer viel Kontakt mit der Theater-, Oper-, Film- und Kunstwelt hatten. Andere recherchieren im Internet, welche Ausbildungsmöglichkeiten es gibt. Wir haben auch viele Bewerberinnen aus Ländern, in denen es überhaupt keine spezifischen Studiengänge in diesem Bereich gibt. Da viele international erfolgreiche Maskenbildnerinnen und Maskenbildner bei uns unterrichten, werden wir natürlich auch in anderen Ländern immer bekannter.
Auch die Vorstellungen und Wünsche, mit denen die Studierenden an die Theaterakademie kommen, sind vielfältig. Manche streben eine Laufbahn am Theater oder beim Film an, andere entscheiden sich nach ihrer Ausbildung für ein weiteres Studium in einer ganz anderen Richtung – zum Beispiel im Bereich Kostümbild oder Kunst.
Weigl: Wie sehen die Zukunftsperspektiven der Studierenden nach ihrem Abschluss aus? Welche Möglichkeiten bieten sich unter anderem auch außerhalb des Theaters?
Laube: Viele lernen die Theaterwelt bei uns kennen und lieben – und bleiben deshalb nach dem Abschluss in diesem Bereich. Andere zieht es in die Welt des Films. In den drei oder auch vier Jahren Studium finden viele Studierende für sich heraus, ob sie lieber ein regelmäßiges Leben führen möchten oder ob sie sich zum Arbeiten auf dem freien Markt in der Film- und Fernsehwelt hingezogen fühlen.
Julia Weigl
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