Kulturpolitik
Brennpunkte
Zur Situation deutscher Theater und Orchester
Mecklenburg-Vorpommern
Wie bereits berichtet, hatten sich am 16. Oktober 2017 die verantwortlichen Tarifpartner zu einem Auftaktgespräch zum Staatstheater Nordost getroffen. Im Anschluss daran wurde von Arbeitgeberseite ein Eckpunktepapier vorgelegt, über das wir ebenfalls in der letzten Ausgabe berichtet hatten. Dieses ist von Seiten der Künstlergewerkschaften auf erhebliche Kritik gestoßen; auch in einem Folgegespräch am 16. November 2017 konnte von der Arbeitgeberseite keine Bewegung in den zentralen Fragen der Arbeitsbedingungen sowie insbesondere hinsichtlich der künftigen finanziellen Ausstattung und der Rückführung zu flächentarifgerechter Bezahlung erzielt werden. Da die Vorstellungen der beteiligten Verhandlungspartner hinsichtlich der tariflichen Regelungen zu unterschiedlich waren, um zu einer Einigung zu gelangen, wurden die Verhandlungen von den Künstlergewerkschaften unterbrochen.
Nun gibt es aber auch von Rechtsträgerseite neue Diskussionen um die künftige Ausrichtung. Wie zu vernehmen ist, ist die geplante Fusion nicht nur ins Stocken geraten, sondern wird in der derzeit geplanten Form grundsätzlich in Frage gestellt. Entscheidende Streitpunkte sind hierbei die zentrale Ansiedlung der Werkstätten in Neustrelitz, die Ausgestaltung der Spielpläne sowie die Frage der Spielstättenvermietung. Insbesondere hinsichtlich der Verteilung der künftigen Gesellschafteranteile konnten sich die Rechtsträger nicht einigen, und in diesem Zusammenhang wird auch eine stärkere Beteiligung von Landesseite gefordert.
„Es ist längst kein Geheimnis mehr, dass die unüberwindbaren Probleme einer Zwangsfusion die Verhandlungen der kommunalen Träger ins Aus geführt haben“, teilte Marco Zabel, Sprecher des Theaternetzwerks Mecklenburgische Seenplatte, mit.
Bei einem Treffen der Rechtsträger im vergangenen Dezember in Schwerin zur Zukunft der Theater im Osten des Landes wurde nun ein alternatives Modell für Strukturveränderungen ins Spiel gebracht, wonach ein sogenanntes Kooperationsmodell geprüft werden soll, mit dem die Theatergesellschaften ihre Selbständigkeit behalten sollen.
Die Gewerkschaften hatten u.a. in Zusammenarbeit mit den Fördervereinen der Theater in der Vergangenheit bereits alternative Modelle entwickelt, die eine verstärkte Kooperation der Standorte vorsehen und die nun (endlich) auch als Gesprächsgrundlage dienen sollen.
Momentan werden an den verschiedenen Standorten entsprechende Gespräche geführt, um zu prüfen, inwieweit hier ein gemeinsamer Weg gefunden werden kann. Der designierte Generalintendant für das geplante Staatstheater Nordost, der auch Intendant des Theaters Vorpommern ist und zwischenzeitlich bereits zum zweiten Geschäftsführer der TOG berufen wurde, Dirk Löschner, zeigt sich gegenüber diesen neuen Entwicklungen eher skeptisch und zurückhaltend.
Hoffnungsvoller hört sich da die Kultusministerin Birgit Hesse (SPD) an, die im Dezember erklärt hatte, offen zu sein für ein Kooperationsmodell, bei dem die Selbständigkeit der Theater erhalten bleiben könne. Darüber hinaus machte sie deutlich, dass eine wie auch immer geartete Zusammenarbeit der beiden Häuser auch auf Akzeptanz stoßen müsse.
Inwieweit das Land sich an einem Kooperationsmodell beteiligt, blieb bisher offen. Allen Beteiligten ist bewusst, dass wegen der finanziellen Situation der Theater ein hoher Handlungsbedarf besteht. Viel Zeit bleibt also nicht, um über alternative Modelle zu beraten. Bereits Ende Januar soll ein weiterer Theatergipfel stattfinden. Es bleibt zu hoffen, dass die ersten Erkenntnisse, die gegen die Zwangsfusion sprechen, sich durchsetzen können und eine vernünftige Lösung mit einem Kooperationsmodell gefunden werden kann, um den kulturellen Kahlschlag im Osten des Landes zu vermeiden.
Sachsen
In der letzten Ausgabe hatten wir über die festgefahrene Situation der Theater in Annaberg und Görlitz berichtet, die symptomatisch für die Frage der (un-) auskömmlichen Theaterfinanzierung in Sachsen stehen. Trotz des besonderen Kulturraumgesetzes in Sachsen ist die Theaterfinanzierung u.a. wegen fehlender Dynamisierung um die regelmäßigen Tarifsteigerungen erheblich in Schieflage geraten, was insbesondere im ländlichen Raum zu einer strukturellen Unterfinanzierung geführt hat, die von den Kommunen nicht mehr aufgefangen werden kann. Anfang des Jahres haben sich DOV, ver.di, GDBA und VdO in einem gemeinsamen Gespräch darüber beraten, welche Schritte unternommen werden können, um die politisch zuständigen Akteure in die Verantwortung zu nehmen.
Neben den ohnehin stattfindenden Bemühungen auf kommunaler Ebene sowohl in Verhandlungen als auch in persönlichen Gesprächen mit den kulturpolitischen Entscheidungsträgern und den verantwortlichen Rechtsträgern Fortschritte zu erzielen, haben die Gewerkschaften in einem weiteren Schritt den neuen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer mit der Bitte um ein persönliches Gespräch angeschrieben, um an die politische Verantwortung zu gemahnen, Bedingungen für eine auskömmliche Theater- und Orchesterfinanzierung zu schaffen.
Auch wenn die Messen für den aktuellen Haushalt 2018 mehr oder weniger gelesen sind (immerhin wurden die Mittel für den Kulturraum um ca. sechs Mio. Euro erhöht, was jedoch das strukturelle Defizit nicht ausgleicht), bleibt die Hoffnung, dass die Frage der Theater- und Orchesterfinanzierung noch Eingang in die Agenda des für Ende Januar vom MP angekündigten 100-Tages-Plan findet und damit auch in die Diskussion um die Haushalte 2019/20, um eine langfristige Lösung dieses Problems zu finden.
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