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Berichte

Der Preis der Macht

„Hamlet“ von Ambroise Thomas in Krefeld

Unerreichbar scheint der Thron zunächst, hoch gehängt, so hoch, dass der kriechende Pöbel ihn nicht in seine Fänge bekommt. König Claudius greift dennoch danach – am Ende ist er tot und Hamlet sitzt auf dem Thron. Allerdings steht dieser mutterseelenallein vor dem Vorhang, seine geliebte Ophelia ist tot, der Held isoliert. Zwar ist er nicht wie im Shakespearschen Original ebenfalls tot, aber dennoch, die Frage nach dem Preis der Macht könnte kaum eindringlicher gestellt werden.

Dies ist nur eine der Lehren aus Helen Malkowskys Inszenierung von Ambroise Thomas‘ selten gespielter Oper „Hamlet“, für die sie immer wieder symbolträchtige Bilder findet. Der mal unerreichbare, mal tragische Thron ist eines davon, das schachbrettartige Muster, auf dem die Protagonisten des Dramas durch ihre Intrigen wie Spielfiguren hin- und hergeschoben werden, ein anderes. Auf der leicht angeschrägten und nur mit wenigen Requisiten gegliederten Bühne spielt sich im Theater Krefeld ein veritables Drama um Macht und Rache ab, sparsam, aber punktgenau inszeniert, mit großen Ensembleszenen und ausgezeichneten Solisten.

Matthias Wippich als Claudius, Janet Bartolova als Gertrude und Andrew Nolen als Narr. Foto: Matthias Stutte

Matthias Wippich als Claudius, Janet Bartolova als Gertrude und Andrew Nolen als Narr. Foto: Matthias Stutte

Das wirklich herausragende an dieser Inszenierung ist die Tatsache, dass sie komplett mit hauseigenen Kräften besetzt ist. Kein zugkräftiger „Star“ macht hier jemandem die Aufmerksamkeit streitig, das Ensemble ist der Star und wieder einmal der beste Beweis für die Möglichkeiten eines an langfristigen Entwicklungen orientierten Ensembletheaters. Auch die Wahl des Stückes zeugt von einem gewissen Weitblick, denn Thomas‘ Hamlet zählt trotz mancher Inszenierung immer noch zum sträflich unterbelichteten Repertoire abseits des hinlänglich bekannten Opernkanons.

In Krefeld weiß das Ensemble trotz kleinerer Wackler zu überzeugen. Matthias Wippich als Claudius und Rafael Bruck als Hamlet schenken sich als die beiden stimmlich wie darstellerisch überaus präsenten Protagonisten des Dramas nichts. Beide verkörpern ihre Charaktere im Spannungsfeld von Macht und Mord mit großer Vehemenz, ebenso wie Sophie Witte, die als Ophelia vor allem in der Wahnsinnsarie im zweiten Teil durchaus mit einer gewissen Leichtigkeit zur Höchstform aufläuft. Aber auch Eva Maria Günschmann als Gertrude und Hayk Dèinyan zählen neben Alexander Liu als Laertes, Kairschan Scholdybajew als Marcellus und Alexander Kalina als Horatio zu den unbestrittenen Aktivposten einer formidablen Besetzung, die von dem vor allem szenisch sehr präsenten Andrew Nolen als Narr und Stimme des von Claudius ermordeten Vaters Hamlets gekrönt wird.

Der Chor des Theaters Krefeld und Mönchengladbach erweist sich als ebenso solider wie schlagkräftiger Klangkörper, der großen Ensembleszenen die nötige klangliche wie szenische Wucht verleiht. Nur gelegentlich leidet – etwa in der großen Festszene des ersten Aktes – ein wenig die Präzision. Die Niederrheinischen Sinfoniker – am besuchten Abend unter der Leitung von Andreas Fellner – zeigen sehr überzeugend, dass sie klangliche Feinsinnigkeit ebenso wie Opulenz beherrschen. Insgesamt ist dies ein ebenso spannender wie lohnender Opernabend.

Guido Krawinkel

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