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Weniger ist oft Mehr
Der Theater-Website-Check: Semperoper Dresden
Von Martin Hufner
Gerade erst online gestellt, präsentiert sich die Semperoper Dresden im neuen Online-Gewand. Ein gewisses
Understatement kann man bescheinigen, es wird nicht mit Bildern oder Events geprotzt, der Besucher nicht durch die Aktivität erschlagen. Das Gebäude schmilzt zusammen auf ein kleines einfarbiges, logoartiges Bild. Klassisch: konzentriert, sauber und locker strukturiert, ruhig im Bild, kein Schnickschnack, solide und zugleich mit aktueller Webtechnologie ausgestattet. Modern ist es heute, nicht zu viel Navigationshilfen bereitzustellen (Links oben, Links an der Seite, Links unten), sondern die Nutzer so unbemerkt zu führen wie es geht – also vom Grundprinzip her auf Einspaltigkeit zu setzen. Da ist weniger schon mal mehr, weil Ablenkungsmanöver fehlen. Wenn man das einmal mit der aktuellen Struktur der hier schon besprochenen Oper Frankfurt vergleicht, kann man die angenehme Ruhe auf der Dresdner Seite erst richtig würdigen. Das hat freilich auch Nachteile. Es lässt die Nutzer beispielsweise im Unklaren über die konkreten Inhalte der Mediathek, die erst beim Überfahren mit dem Mauszeiger ihre Geheimnisse preisgibt. Ebenso schwierig ist es manchmal, den Weg zum Kartenkauf zu finden. Die Mediathek-Inhalte sind von unterschiedlicher Qualität; leider in den vorgenommenen Stichproben akustisch nicht besonders gut aufgelöst, was bei der Gattung Oper und Musiktheater besonders schade ist. Ansonsten: Die Stückeübersichten sind vorbildlich, alles Nötige zur Veranstaltung ist schnell gelesen, allerdings verzichtet man aus unerfindlichen Gründen auf Verweise zur Rezeption durch die Opernkritik.
Mobile
Für die Nutzer am Smartphone oder Tablet ist auch gesorgt. Die Website der Semperoper lässt sich problemlos nutzen: Das ist vorbildlich. Speziell für mobile Apple-Geräte existiert sogar eine entsprechende kostenpflichtige APP (0,89 Euro), die laut Facebook-Eintrag momentan aktualisiert wird. Ob sie wirklich notwendig ist, da man ohnehin auf die Website mit Mobilgeräten bestens zugreifen kann, sei dahingestellt. Man macht es vielleicht, weil man es einfach kann. Abwarten, was kommt!
Kartenkauf und Datenschutz
Der Weg zur Karte im Netz wirkt an sich ganz bequem. Platz wählen oder vorschlagen lassen, persönliche Daten eingeben und dann bezahlen. Bis zu einem gewissen Maß ist es sogar möglich, zu simulieren, wie von dem gewünschten Platz aus der Blick auf die Bühne sein wird. Wie so häufig bei anderen Institutionen macht auch die Semperoper leider keinen Gebrauch von einem hilfreichen Hinweis, auf welchem Weg man bezahlen kann (PayPal, Rechnung, Kreditkarte, Vorauszahlung, Bankeinzugsermächtigung). In Dresden gehen Sofortüberweisung und Bezahlung mit Kreditkarte. Allerdings funktioniert dies über einen fremden Dienstleister (ogone.com); auch darauf wird man zuvor nicht hingewiesen, und man darf sich durchs Kleingedruckte mühen, um sein eigenes Vertrauen aufzubauen. Schlichtweg rechtlich bedenklich ist der Abschluss der Bestellung mit einem schlichten „Kaufen“-Button. Rückgabe ist nicht möglich, das Fernabsatzgesetz gilt nur eingeschränkt. Also doppelt Vorsicht, Flüchtigkeitsfehler bei Kartenbestellungen lassen sich anscheinend nicht später korrigieren. Besucher der Website werden mit Hilfe des Statistikprogramms Piwik „getrackt“. Schade, dass die Semperoper keinen Gebrauch davon macht, ihren Besucher auch eine Nichtverfolgung anzubieten. Technisch wäre das simpel zu realisieren (Piwik bietet es selbst an). Schleierhaft ist, dass im Impressum steht, dass man ein entsprechendes Statistik- und Tracking-Tool von Google verwenden würde, welches dagegen nicht auffindbar ist.
Social Media
Die Semperoper spielt auch in den sozialen Medien mit. Bei Twitter hat sie zurzeit zirka 1.700 Follower, auf Facebook finden sich knapp 10.000 „Gefällt-mir“-Nutzer. Die unterschiedlichen Medien sind so unterschiedlich erfolgreich, weil letztlich ähnliche Themen angesprochen werden, Twitter und Facebook aber unterschiedliche Funktionalitäten bieten. Das Facebook-Team der Semperoper gibt sich große Mühe, das Haus interessant darzustellen; der Umgang mit Kritik ist einwandfrei, wenn auch vielleicht ein bisschen hölzern.
Fazit: Die neue Website der Semperoper kann sich sehen lassen; erstaunlich insbesondere wegen der problematischen Intendantenfrage in diesem Haus – manches geht so vielleicht auch besser von der Hand. Sie spielt ihre Stärken eher nebenbei aus. Optimierungsbedarf gibt es beim Datenschutz sowie bei der akustischen Qualität der Mediathek und dem Einpflegen von Pressematerial.
Martin Hufner
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