Zur Startseite


 

 
Zur Startseite von Oper & Tanz
Aktuelles Heft
Archiv & Suche
Stellenmarkt
Oper & Tanz abonnieren
Ihr Kontakt zu Oper und Tanz
Kontakt aufnehmen
Impressum
Datenschutzerklärung

Website der VdO


 

Aktuelle Ausgabe

Editorial

Kulturpolitik
Brennpunkte
Zur Situation deutscher Theater und Orchester
Ernsthaftigkeit ohne Konzessionen
Anmerkungen zur Ära Mielitz am Opernhaus Dortmund
Am Herzschlag des Lebens
Landesbühnen in Deutschland: Das Beispiel Detmold

Portrait
Zeitgenössisches Balletttheater
Ballettchef Goyo Montero am Staatstheater Nürnberg
Ein nationales Heiligtum
Zum 85. Geburtstag der Tänzerin Maija Plissezkaja

Gesundheit
Den Teufelskreis durchbrechen
Déirdre Mahkorns „Lampenfieber-Ambulanz“

Berichte
Nürnberg als Gesellschaftsmodell
„Die Meistersinger von Nürnberg“ in Leipzig
Kinderoper ernst genommen
Pierangelo Valtinonis „Schneekönigin“
Hymnische Feierlichkeit
Johanna Doderers „Der leuchtende Fluss“ in Erfurt
Spagat unter kaltem Mondlicht
Ricardo Fernando mit Henze und Molière in Hagen

VdO-Nachrichten
Nachrichten
Tarifeinigung in Berlin – Haustarifverhandlungen für Oper Frankfurt – Stabile Lage bei der VddB – Sanierungsfall „Musikalische Komödie“ in Leipzig – Wir gratulieren

Service
Schlagzeilen
Namen und Fakten
Stellenmarkt
Spielpläne 2010/2011
Festspielvorschau (pdf)

 

Noch etwas richtig zu stellen

Ioan Holender, Ich bin noch nicht fertig. Zsolnay 2010, ISBN 978-3-552-05493-6, 288 Seiten, 19,90 Euro

Hartnäckig begleitete das augenscheinlich untilgbare Vorurteil, die Wiener Staatsoper sei ein Hort der Reaktion, auch die 19-jährige Rekord-Amtszeit von Direktor Ioan Holender. Aber an welchem Ort auf der Welt hält ein normaler Monatsspielplan neben den diversen deutschen und italienischen Repertoireklassikern zugleich noch den gesamten „Ring“, Schönbergs „Moses und Aron“ sowie Reimanns „Medea“ für das Publikum bereit? Da wäre also noch etwas richtig zu stellen.

„Ich bin noch nicht fertig“ – unter diesem Ausruf des Theaterdirektors La Roche, der in der Oper „Capriccio“ von Richard Strauss in komischer Ausführlichkeit seine Verdienste als Theaterpraktiker glorifiziert, kredenzt Holender nun auf knapp 300 Seiten seine eigenen „Erinnerungen“. Mit diskretem Nachdruck schildert Holender, wie sich die Staatsoper unter seiner Leitung zu einem modernen, zeitgeschichtlich wachen Musiktheater entwickelt hat und wie die Regiearbeiten von Peter Konwitschny, Robert Carsen oder Barrie Kosky für beträchtlichen Wirbel unter den berüchtigten Wiener Oper-eiferern sorgten. Dabei werden auch die letztlich ja in die Verantwortung des Hausherrn fallenden Misserfolge mit harschen Worten beim Namen genannt, so zum Beispiel David Pountneys Schiffbruch mit einer „aufgesetzten, dümmlich-provokativen Inszenierung“ der „Macht des Schicksals“. Die Verteidigung der Rechte des Theaters, der Musik und des Gesangs gegenüber den Vermessenheiten des Regisseurstheaters ist Holender ganz im Sinne seines Vexierbildes La Roche auch in seinem Buch eine Herzensangelegenheit.

Ebenso selbstverständlich wie Holender die eigenen Fehlgriffe reflektiert, nimmt er sich das Recht, die Arbeit seiner Vorgänger kritisch unter die Lupe zu nehmen oder mit dem geschäftigen Fes-tivalbetrieb in Bregenz, Salzburg oder Mörbisch abzurechnen. Man muss Holender nicht in jeder Einzelheit folgen, um zu konzedieren, dass die von ihm beschriebene Aushöhlung der Opernkunst zu einem eitlen Gesellschaftszirkus erschreckend weit vorangeschritten ist. An Stéphane Lissner, dem Direktor der Mailänder Skala, macht Holender das Inbild jener aalglatten Generation von Opernleitern dingfest, die sich bestens auf politische Netzwerkdiplomatie verstehen, denen es aber sonst weitgehend an geistig-künstlerischer Eigenständigkeit mangelt.

Eine ganz andere Facette der Persönlichkeit Holenders offenbaren die literarisch besonders gelungenen Erinnerungen an die Jugend des Autors in Rumänien. Mit der ihm eigenen schnörkellosen Ehrlichkeit gesteht der Autor Ioan Holender über die Zeit vor seiner Konfrontation mit dem kommunistischen Regime: „Ich zählte ohne Frage zu denen, die nach dem Zweiten Weltkrieg an die marxistische Theorie des Sozialismus glaubten.“ Was Holender in diesem Teil seines Buches an subjektiv durchlebter historischer Erfahrung artikuliert, ist so spannend, dass man darüber den Staatsoperndirektor seitenlang ganz vergisst.

Christian Tepe

startseite aktuelle ausgabe archiv/suche abo-service kontakt zurück top

© by Oper & Tanz 2000 ff. webgestaltung: ConBrio Verlagsgesellschaft & Martin Hufner