Brennpunkte
Zur Situation deutscher Theater und Orchester Gera-Altenburg
Die TPT Theater und Philharmonie Thüringen GmbH steht vor
großen Finanzierungsproblemen. Abgesehen von einer aktuell
drohenden Insolvenz fehlen wohl bis zum Ende der Spielzeit 2011/12
mindestens 1,8 Millionen Euro. Dem Theater droht, wenn keine zusätzlichen
Gelder fließen, spätestens Mitte Dezember die Zahlungsunfähigkeit.
Offensichtlich hatten der Verwaltungsdirektor und die kaufmännische
Leiterin es versäumt, den Intendanten rechtzeitig zu informieren;
beide wurden zwischenzeitlich gekündigt. Dem Generalintendanten
Matthias Oldag wird entsprechend die Vernachlässigung seiner
Kontrollpflichten gegenüber der kaufmännischen Leitung
vorgeworfen.
Die Krise ist zu einem beträchtlichen Teil hausgemacht. Zum
einen wurde der Honoraretat für Gäste weit überzogen,
zum anderen werden bereits die festen Kosten nicht mehr von den
Zuschüssen gedeckt.
Der Vorsitzende des Aufsichtsrates Michael Wolf führt hierzu
aus: „Schuld daran sind Kostenerhöhungen in allen Bereichen,
in allererster Linie aber nicht planbare Tarifsteigerungen sowie
in nicht unerheblichem Maße gestiegene Honorarkosten.“ Unter
anderem wirft er den Gewerkschaften vor, im Haustarifvertrag versteckte
Tarifsteigerungen vereinbart zu haben, die dem Aufsichtsrat verschwiegen
worden seien. Hierzu kann nur in aller Schärfe angemerkt werden,
dass es doch sehr verwunderlich ist, dass Herr Wolf sich selbst
offensichtlich als Analphabet sieht, denn der Haustarivertrag lag
dem Aufsichtsrat vor, der ihn ausdrücklich genehmigt hat.
Im Haustarifvertrag sind die Tarifsteigerungen deutlich erkennbar
auf maximal 2,8 Prozent, im Bereich Chor und Tanz sogar auf 2,0
Prozent begrenzt worden. Nicht ausgenommen war nachvollziehbarer
Weise die längst überfällige Ost-/Westanpassung,
deren Umfang ebenfalls mit drei Prozent von vornherein feststand.
Der aktuell geleistete Verzicht der Beschäftigten beträgt
rund acht Prozent und wird bis Ende 2012 noch weiter bis zu einem
deutlich zweistelligen Prozentsatz anwachsen. Eine Belastung durch
rückwirkende Kosten gibt es schlicht und ergreifend nicht.
Dass nun den Beschäftigten genau das quasi vorgeworfen wird,
entbehrt jeglichen Anstandes und stellt den offensichtlich verzweifelten
Versuch dar, die eigenen Unzulänglichkeiten auf andere abzuwälzen.
Denn nicht zuletzt die nicht erfüllten Überwachungsaufgaben
eben gerade dieses Aufsichtsrates sind für die aktuelle Situation
des Theaters verantwortlich.
Neben bereits beschlossenen Sofortmaßnahmen wie der Streichung
von Vorstellungen und Produktionen sowie der Reduzierung des Budgets
u.a. für Marketing und Ausstattung soll nun ein Konzept für
die Jahre bis 2017 erarbeitet werden, auf dessen Grundlage Kultusminister
Christoph Matschie entscheiden wird, ob das Land in die Bresche
springt. Es könnte einerseits die Zuschüsse erhöhen
oder aber durch die Akzeptanz dieses langfristigen Konzepts die
Voraussetzungen für die Aufnahme eines Bankkredits schaffen.
Es bleibt hier zu hoffen, dass keine kurzfristigen Entscheidungen
getroffen werden, die die künstlerische Substanz des an sich
sehr erfolgreichen Hauses unwiederbringlich schädigen. Neubrandenburg/Neustrelitz
Die für die Theater und Orchester GmbH Neubrandenburg/Neustrelitz
für den 3. November 2011 angesetzten Verhandlungen über
einen Haustarifvertrag wurden, bevor sie überhaupt beginnen
konnten, überraschend abgesagt. In einer Zusammenkunft der
Rechtsträger am 12. Oktober 2010 kamen Landräte, Oberbürgermeister
und Bürgermeister überein, dass die erst im Juli gefassten
Beschlüsse der Gesellschafterversammlung zur Änderung
des Gesellschaftervertrages und zur Einführung eines Finanzierungssystems
ab 01.01.2011 in den kommunalen Vertretungen nicht mehrheits- und
damit auch nicht umsetzungsfähig sind.
Hintergrund dieser unerwarteten Entwicklung sind wohl sehr unterschiedliche
Auffassungen der Gesellschafter über die von der GmbH bespielten
Standorte und die damit zusammenhängende Verantwortlichkeit
der Gesellschafter für die Höhe ihrer jeweiligen Finanzierungsbeiträge.
Eine drohende Insolvenz soll nun dadurch abgewendet werden, dass
die Betriebskostenzuschüsse für 2010 noch abschließend
nach dem Verhältnis der aktuell gehaltenen Geschäftsanteile
gezahlt werden. Dies steht unter der Bedingung, dass auf der Grundlage
des Landesregierungskonzepts der Kulturkooperationsräume bis
zur Ende November stattfindenden ordentlichen Gesellschafterversammlung
ein tragfähiges und zukunftsfähiges Theaterverbundmodell
erarbeitet wird. Dabei sollen die Sparten zwar erhalten bleiben,
jedoch die Möglichkeit geschaffen werden, diese künftig
in eigenständigen Spartenstrukturen zu führen, um sodann
mit einer sogenannten Management-Verbund-Struktur auf Spartenebene
Synergien für den Kulturkooperationsraum II des Landes Mecklenburg-Vorpommern
zu generieren. Dies bedeutet im Klartext, dass die GmbH, die erst
vor zwei Jahren die Sparten eben gerade wegen erhoffter Synergieeffekte
miteinander vereinigte, nun wieder aufgespalten werden soll – offensichtlich
in der Hoffnung, im Rahmen von Kooperationen mit den anderen Standorten
im Lande Einsparungen zu ermöglichen.
Das einzig Positive an dieser Entwicklung ist, dass den Beschäftigten
zumindest für dieses Jahr ein HTV mit entsprechendem Lohnverzicht
erspart bleibt. Die künftige Entwicklung, insbesondere Verselbständigung
der Sparten sowie evtl. zukünftige Kooperationen mit anderen
Spielstätten, ist aber in jedem Falle mit erhöhter Aufmerksamkeit
zu verfolgen. |