Hintergrund
Ein starkes Miteinander
Zweiter Runder Tisch „Tanzförderung“ in der Akademie der Künste Berlin
Zum Ausklang des nationalen Tanzjahres 2016 wehte ein frischer Wind. 120 (!) Teilnehmer des zweiten Runden Tisches „Tanzförderung“ sehen sich gemeinsam auf dem wichtigen und richtigen Weg. Kunst und politische Entscheidungsträger haben in den vergangenen Jahren bei aller strukturellen Vielfalt zusammengefunden. Tanzschaffende, Vertreter der Kommunen, der Länder und des Bundes als Vertreter verschiedener Förderebenen loten gemeinsam eine angemessene Unterstützung der eigenständigen Kunstform Tanz aus.
Runder Tisch in der Akademie der Künste. © Dachverband Tanz Deutschland/Foto: Eva Radünzel
Im Mai 2014 luden der Dachverband Tanz Deutschland (DTD) und die Akademie der Künste zu einem ersten Runden Tisch „Tanzförderung“ ein – ein Höhepunkt für den kulturpolitischen Dialog über Tanz. Dieses Treffen brachte alle drei Förderebenen – Kommunen, Länder und Bund – in direkten Austausch und legte einen grundlegenden Konsens für die Stärkung des Tanzes. Die anschließend gebildete Arbeitsgruppe aus Vertretern und Vertreterinnen der Kulturausschüsse von Kultusministerkonferenz und Deutschem Städtetag und der Staatsministerin für Kultur und Medien waren vielversprechende Schritte in Richtung einer nachhaltigen bundesweiten Tanzförderung. Die Gespräche mit den öffentlichen Förderern und die Konzeptentwicklung wurden seit 2013 von einer Initiativgruppe vorangebracht, in der sich neben dem Dachverband Tanz Deutschland Vertreter von K3 – Zentrum für Choreografie Hamburg, Tanzbüro Berlin, Tanzfonds/Diehl + Ritter gUG und Tanzszene Baden-Württemberg zusammengeschlossen haben.
Der zweite Runde Tisch fragte: Wie steht es um die Tanzförderung heute – zwei Jahre nach dem ersten Gespräch und mehr als fünf Jahre nach dem Abschluss von Tanzplan Deutschland (2005-2010)? Die in der Koalitionsvereinbarung der Bundesregierung formulierte Zielsetzung eines „zeitgemäßen, nachhaltig wirkenden Förderprogramms“ für den Tanz ist trotz des anhaltenden Engagements von Akteuren sowohl aus der Tanzszene als auch aus Politik und Verwaltung in Ländern und Kommunen noch nicht erreicht. Doch es hat sich viel getan.
Es existieren zahlreiche Projekte und Initiativen, die im Rahmen von Tanzplan Deutschland entstanden und große Wirkung einer konzertierten Förderung aufzeigen. Weitere Projekte, die in Zusammenarbeit von Tanzszene, Städten und Ländern entstanden sind und teilweise bereits erfolgreich durchgeführt werden, verdeutlichen das große Potenzial. So referierten Tarek Assam (Tanzcompagnie Gießen) zur Initiative „Tanzland“ als Kooperationsprojekt für kleinere und mittlere Stadttheater (Erstausschreibung 2017), Johanna Roggan (TanzNetzDresden) zum angestrebten Erwerb der Villa Wigman als Produktions- und Begegnungsstätte für Tanz und Philipp Adlung (Thüringer Staatskanzlei) über die Möglichkeiten nachhaltiger Tanz-Vernetzung im Flächenland Thüringen. Begeistert wurden die Ausführungen von Udo Eichmeier (Kulturamt Stadt Freiburg) quittiert, der für ein tragfähiges Fundament von Tanzausbildung, Tanzqualifizierung, Tanzproduktion und Tanzaufführung plädierte und insbesondere angemessene Möglichkeiten zur Qualifikation (Tanztraining, Workshops, Coaching, Mentoring) seitens seiner Kommune neu in den Fokus nehmen möchte. Bettina Milz (Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport NRW) verdeutlichte die Wichtigkeit der Ensembleförderung und erklärte Spartenschließungen für extrem unökonomisch. Sie wünscht sich eine bundesweite drei- bis fünfjährige Bundesförderung zur Exzellenzförderung „um einen Quantensprung im föderalen System zu ermöglichen“. Auch Mareike Uhl (Künstlerhaus Mousonturm Frankfurt/Main) setzt mit der Tanzplattform Rhein-Main auf städteübergreifende Projekte, die Künstler und Zuschauer zusammenführen, und hofft für diesen Weg auf Gelder vom Bund.
Zu den Teilnehmern am zweiten Runden Tisch gehörten neben kulturpolitisch engagierten Künstlern und Vertretern der Tanzszene die Kulturausschussvorsitzenden der Länder, Vertreter der zuständigen Länderministerien sowie der Theaterreferate der Städte und Kulturämter der Länder, die kulturpolitischen Sprecher der Parteien im Deutschen Bundestag, Vertreter aus dem Haus der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien sowie kulturelle Institutionen und Verbände auf Bundesebene.
Karin Schmidt-Feister
Statements vom Zweiten Runden Tisch „Tanzförderung“
Hortensia Völckers (Kulturstiftung des Bundes):
„Tanzplan Deutschland war ein Glücksfall für uns als Kulturstiftung, um den Tanz zu stärken. Der größte Glücksfall waren die Akteure. Sie alle mussten in diesem kulturpolitischen Prozess der Kooperation mit Kommunen und Ländern das Gemeinsame finden. Das ist erfolgreiche Lobbyarbeit, die sich auch auf Bundesebene potenziert. So hat die Kulturstiftung des Bundes mit dem Tanzplan etwas in Bewegung gebracht. Ohne Tanz kommt man kulturpolitisch nicht mehr aus.“
Martin Eifler (Referatsleiter, Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien):
„Start war die Tanzplattform als nationales Referenzprojekt. Wo sind Bedarfe für ein Engagement des Bundes? Dann kam die Kulturstiftung des Bundes. Der Tanzplan war ein Glücksfall. Erstmals wurde beispielgebend die Abstimmung zwischen Kommunen – Ländern – Bund wirklich praktiziert. Die Tanz-Szene wurde mehr oder weniger genötigt Gemeinsamkeiten zu definieren. Der Dachverband Tanz Deutschland (DTD) ist ein wirkliches kulturpolitisches Instrument geworden, das es in den 90er-Jahren noch nicht gab. Partnerschaften ermöglichen eine bessere Entwicklung. Wir wollen eine stärkere politische Begleitung des Tanzes, Stichwort Tanzjahr. Wir wollen keine Nötigung, sondern die Tanzkultur konzeptionell einschließlich sozialer Standards entwickeln. Wir können vorsichtig optimistisch sein, dass hier etwas Positives entsteht.“
Hans Heinrich Bethge (Kulturbehörde Freie und Hansestadt Hamburg):
„Ausgehend vom Tanzplan hat sich ein guter Dialog mit den Kommunen ergeben. Diese Entwicklung ist für uns als Land und auch als Städte sehr positiv. Aber man könnte in vielen Bereichen die Potenziale auf ein höheres Niveau weiterentwickeln. Bundesförderung wäre eine gute Hilfe. Wir könnten loslegen, wenn das Geld da wäre.“
Mitten in den Meinungsaustausch traf die Nachricht, dass der Haushaltsausschuss des Bundestages in seiner Beratung am 10. November 2016 Mittel in Höhe von 5,63 Millionen Euro für die Förderung des Tanzes freigab. Aus der Pressemitteilung des Haushaltsausschusses:
„Damit wird erstmalig ein Förderkonzept realisiert, das Städte, Länder und der Tanzbereich gemeinsam mit dem Bund entwickelt haben. In einem fünfjährigen Programm sollen Tanzschaffende und Produktionsstrukturen vor Ort so zur Exzellenz gefördert werden, dass sie anschlussfähig werden an nationale und internationale Entwicklungen. Zu dieser Förderung des Bundes hinzu kommt die Ko-Finanzierung der Länder und Kommunen in gleicher Höhe.“
Johannes Kahrs MdB (SPD):
„Mit der Förderung verbindet sich auch die Auflage an die Einrichtungen und künstlerischen Leitungen, den beteiligten Tanzschaffenden faire und gerechte Honorare zu zahlen. Eine stärkere Tanzförderung des Bundes und der Länder muss auch zum Ziel haben, die soziale Lage der Künstler/-innen zu stärken.“
Rüdiger Kruse MdB (CDU):
„Ich freue mich, dass wir mit dieser Entscheidung eine zeitgemäße, nachhaltig wirkende Tanzförderung auf den Weg bringen, wie wir dies in der Koalitionsvereinbarung beschlossen hatten. Mit dem Tanz, der ohne Sprachbarriere Menschen unterschiedlichster Kulturen erreichen kann, verbinden sich wunderbare künstlerische Ereignisse, aber auch ein großes Potenzial für Bildung und Integration.“
Yvonne Magwas MdB (CDU/CSU):
„Heute ist ein guter Tag für den Tanz. Der Kulturetat wurde im Haushaltsausschuss behandelt. 5,6 Mio Euro stehen für eine fünfjährige Exzellenzförderung für Tanzensembles, Produktionsstrukturen und kooperative Tanz-Entwicklungsprojekte zur Verfügung. Ich möchte Ihr gemeinsames Engagement loben als ein positives Netzwerk. Der Tanz ist im Koalitionsvertrag verankert. Wir sind in einer sehr guten Diskussion mit Ihrer Initiative DTD. Aber auch die Länder und Kommunen gehören zu diesem Dreiklang. Die Bundesförderung hat sich in den letzten drei Jahren bis zum Tanzjahr 2016 gut entwickelt. Wir haben eine herausfordernde, bewegende Zeit. Unsere Aufgabe ist es auch Tanz als Brücke der Integration auszubauen. Wir nehmen den Tanz ernst.“
Eva Högl MdB (SPD):
„Das Förderkonzept wurde vorbildlich vom DTD entwickelt und nun genauso umgesetzt. 5,625 Millionen Euro sind exakt die vom DTD beantragte Summe für eine Stadt-Land-Bund-Exzellenzförderung. Wir brauchen Sie, und Sie brauchen uns für eine Verstetigung. Dies ist ein Dankeschön für Beharrlichkeit und die Anerkennung der Notwendigkeit einer gezielten Tanzförderung. Sie haben in Regierung und Opposition eine ganze Reihe von tanzaffinen Persönlichkeiten im Miteinander gewonnen.“
Konrad Schmidt-Werthern (Senatskanzlei Kulturelle Angelegenheiten Berlin):
„Erstmalig steigt der Bund in die Tanzförderung ein. Das ist epochal. Den Begriff der Exzellenz sollten wir nun angesichts sehr unterschiedlicher Tanz-Realitäten definieren und die Rahmenbedingungen für Vermittlung partizipativ klären.“
Sabine Bangert (Bündnis 90/Die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus):
„Wir haben in Berlin für die exzellente Tanzszene keine systematisch abgestimmten Fördersäulen. Nun haben wir die Chance im neuen Koalitionsvertrag SPD–Linke – Grüne diese systematisch zu etablieren.“
Nele Hertling (Akademie der Künste Berlin):
„Dies ist ein unglaublicher Erfolg, ein wunderbarer Ansatz der Gemeinsamkeit. Noch ist ein langer Weg zu gehen, damit möglichst viele gerecht davon profitieren können.“ |