
Parsifal in Bayreuth
Stephan Mösch: Weihe, Werkstatt, Wirklichkeit. Wagners „Parsifal“ in
Bayreuth 1882–1933, Bärenreiter-Verlag/J.B. Metzler
Verlag, Kassel/Stuttgart 2009, VII, 455 S., Abb., Notenbsp, ISBN:978-3-476-02315-5,
59,00, Euro
Stephan Mösch behandelt in einer sensationellen Publikation
das Thema „Parsifal in Bayreuth“ theaterwissenschaftlich,
musikologisch und historisch-politisch gleichermaßen schwergewichtig.
Neu ist dabei die erstmalige integrale Darstellung des Bühnenweihfestspiels
als „ein festspielpolitisches, szenisches und musikpraktisches
Bezugssystem“. Dabei kombiniert der Autor in dem 455 Seiten
umfassenden Buch die thematisch-kontextuelle und diachrone Darstellung.
Mösch kommt zugute, dass er auch selbst Sänger ist und
dass er als Kritiker zahlreiche Interviews mit Dirigenten, Regisseuren
und Sängerdarstellern geführt hat, deren Antworten auf
schon damals gezielt gestellte Fragen er nun ebenso heranziehen
kann. Neben dem Tagebuch des Komponisten Wilhelm Kienzl erweist
sich die Auswertung von Nachlässen der an der Uraufführung
beteiligten Gesangssolisten als besonders ergiebig: So werden die
fast täglichen Briefe der Kundry-Protagonistin Marianne Brandt
an ihre Schwester hier erstmals ausgewertet; sie sind partiell
auch im Anhang nachzulesen.
Wagner, dem es laut Mösch darum ging, „Stilbewusstsein
als Werkbewusstsein zu etablieren“, führte die Uraufführung
zu einem „erfolgreichen Scheitern“. Es wird deutlich,
wie schwer sich der Komponist selbst bei der szenischen Umsetzung,
bei seinen Proben mit den Sängern tat, und wie seine Ideen
teils bewahrt, teils von seiner Witwe bewusst verfremdet wurden.
Trotz mancher Einschränkungen gilt Möschs Arbeit höchstes
Lob. Sie ist flüssig und gut lesbar, da der umfangreiche Anmerkungsapparat
(bisweilen nahezu die halbe Seite) in den Fließtext integriert
ist. Einige seiner Kapitel bieten geradezu ein spannendes Lesevergnügen.
Peter P. Pachl
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