|

Brennpunkte
Zur Situation deutscher Theater und Orchester Landestheater Coburg
Über das Coburger Ballett-Debakel hatte diese Zeitschrift
berichtet (vgl.
O&T Ausg. 2/07, S. 6): Bedingt durch eine Kürzung
des städtischen Betriebszuschusses um gut eine halbe Million
Euro hatte Intendant Dieter Gackstetter, selbst einst Ballett-Tänzer,
das Tanzensemble auf je drei Tänzerinnen und Tänzer verkleinert.
Da er dennoch auf große Tanztheater-Produktionen nicht verzichten
wollte, so beispielsweise Prokofjeffs „Romeo und Julia“,
rissen die Kosten für die hinzuzuengagierenden Gäste
tiefe Löcher in den ohnehin karg bemessenen Etat. Die Sparmaßnahme
erwies sich als die typische Kaputtsparmaßnahme mit dem Ergebnis,
dass das Tanzensemble mit Ende der Spielzeit 2006/2007 seinen Betrieb
einstellte. Wer das Debakel zu verantworten hatte, wurde zur Streitfrage
zwischen dem Intendanten und der Stadt, die seine Amtsführung
generell zu kritisieren begann, obschon sie seinen Vertrag im Juni
2003 bis 2011 verlängert hatte. Schwere Dispositionsfehler
warf sie ihm vor, ungeschickte Spielplangestaltung, zögerliche
Behandlung wichtiger Personalfragen. Sie konnte dabei mit den sinkenden
Auslastungszahlen und Eigeneinnahmen argumentieren und darauf verweisen,
dass allein die traditionellen Märchenaufführungen rund
4.000 Besucher verloren hätten.
Den Intendanten hatte das Glück verlassen, die Stadt verlor
die Geduld. „Mit Gackstetter ging es hier nicht mehr weiter.
Wir mussten die Reißleine ziehen“, erklärte Oberbürgermeister
Norbert Kastner (SPD) zur Begründung des im Theater-Verwaltungsausschuss
am 2. Januar 2008 einstimmig gefassten Beschlusses, den Intendanten
mit sofortiger Wirkung zu suspendieren. Zum kommissarischen Nachfolger
wurde der bisherige Oberspielleiter Detlef Altenbeck berufen. Der
Oberbürgermeister versprach, im Oktober 2008 werde es in Coburg
wieder ein Tanzensemble geben. Kenner der Coburger Interna meinen,
Gackstetters Abgang habe darin seinen Grund, dass er weder in seinem
Theater, noch in der Stadt, noch in der Politik „vernetzt“ gewesen
sei. Träfe das zu, wär’s ein Lehrstück für
so manch einen Intendanten. Opernchorstudio Dresden in Not
Das Opernchorstudio der Sächsischen Staatsoper Dresden und
der Hochschule für Musik darf seit 2005 keine Studenten mehr
aufnehmen, da seine Finanzierung durch das Sächsische Staatsministerium
für Wissenschaft und Kunst nicht gesichert ist. Die 1989 gegründete
Einrichtung, die für die Ausbildung von Sängerinnen und
Sängern im Opernchor als modellhaft angesehen wird, da sie
Gesangs- und Bühnenunterricht geschickt mit dem Einstieg in
die Praxis verknüpft, konnte entscheidend dazu beitragen,
den eklatanten Nachwuchsmangel nicht nur in der Semperoper zu mildern:
60 Studenten haben das vierjährige Studium absolviert, 54
von ihnen fanden sofort ein Engagement, 24 davon im Sächsischen
Staatsopernchor. Sollte bis 2009, sagt Enrico Schubert, der Leiter
des Opernchorstudios, die Finanzierung nicht gesichert werden können,
wird das Projekt geschlossen: 2009 stehen die letzten Abschlussprüfungen
der derzeit noch Studierenden an. Staatsoperette Dresden
Wahre Wechselbäder mussten die von der Landeshauptstadt Dresden
unterhaltene Staatsoperette und ihr Ensemble in den letzten Jahren über
sich ergehen lassen. Mal sollte sie wegen Baufälligkeit ihres
Behelfsspielortes in Leuben, mal wegen Sparmaßnahmen der
Stadt geschlossen werden, mal wurde diskutiert, sie – in
welcher Form auch immer – mit dem Sächsischen Staatsschauspiel
zusammenzulegen. Dann entwickelte die Stadt den Plan, am Wiener
Platz einen privatfinanzierten Neubau errichten zu lassen, in dem
die Staatsoperette eingemietet werden sollte. Ein die Personalkosten
jahrelang deckelnder Haustarifvertrag wurde ausgehandelt, dessen
Kernpunkt ein bis 2013 laufender Gehaltsverzicht der Beschäftigten
in Höhe von 14,3 Millionen Euro war, und ein Ausschreibungsverfahren
wurde in Gang gesetzt, das allerdings kein Ergebnis zeitigte.
Nach einer Phase der Rat- ja Hoffnungslosigkeit zeichnet sich
jetzt eine neue Chance ab. Mit breiter Mehrheit beschloss der Stadtrat
im Dezember 2007, das Vergabeverfahren für den Neubau am Wiener
Platz aufzuheben und die Projekte einer Sanierung der Spielstätte
in Leuben und alternativ einer Kooperation zwischen städtischen
und Landeseinrichtungen erneut zu verfolgen. Das letztere schließt
einen von der Landeshauptstadt finanzierten Neubau im innerstädtischen
Bereich ein. Der Freistaat, der bislang jegliche Fusion oder Kooperation
zwischen Staatsschauspiel und Staatsoperette abgelehnt hatte, schwenkte
ein: Da das Land ohnehin beabsichtige, die Situation der kostenintensiven
Bereiche Werkstätten, Fundus und Probebühnen des Schauspiels
auszubauen, könne es sich „Teilkooperationen“ vorstellen.
Jetzt beginnt die Suche nach einem geeigneten Standort für
den Operettenneubau unter Berücksichtigung der Kooperationsmöglichkeiten.
Stadt und Freistaat scheinen zu der Erkenntnis gelangt zu sein,
dass die Staatsoperette Dresden, so wie sie sich seit Jahren unter
ihrem Intendanten Wolfgang Schaller und seinem Chefdirigenten Ernst
Theis als Wiederentdecker der Kunstform Operette präsentiert,
keinen kleinbürgerlichen Amüsiertempel, sondern ein Dresden
und Sachsen schmückendes Juwel darstellt. |