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Berichte

Mit imposantem Nachdruck

»Attila« an der Oper Bonn

Verdi zum dritten: nach „Giovanna d‘Arco“ und „Jérusalem“ stand nun „Attila“, die Oper um den legendären Hunnenkönig, auf dem Spielplan der Bonner Oper – und Will Humburg wieder am Pult des Beethoven Orchesters. Wieder mal hatte man eine Rarität aus dem Frühwerk Verdis ausgegraben und wieder mal zeigte sich, wie Dirigent und Orchester diese Wiederentdeckung retten. Denn sängerisch und im Hinblick auf die Regie unterbleiben zwar grobe Makel, der große Wurf wird es dennoch nicht.
Zu Anfang rekurriert Regisseur Dietrich W. Hilsdorf auf die Figur des Holofernes und lässt selbigen während einer zeitgleich zur Ouvertüre gespielten Bettszene von Judith enthaupten. Die historische Entsprechung der Todesarten beider Tyrannen hat in Bonn auch eine szenische, lief hier doch vor kurzem die Oper „Holofernes“ von Nikolaus von Reznicek. Von der Hand zu weisen ist diese Parallele nicht, genauso wenig wie die Bezüge, die zahlreiche Ausstattungsdetails und auch das Bühnenbild von Dieter Richter aller Zeitlosigkeit zum Trotz zur nationalen Bewegung des Risorgimento herstellen: Zerschossene Ruinen und bewaffnete Kämpfer finden sich allüberall.

George Oniani (Foresto), Ivan Krutikov (Ezio), Jonghoon You (Uldino), Magdalena Rahn (Martha, Dienerin), Franz Hawlata (Attila) und Yannick-Muriel Noah (Odabella). Foto: Thilo Beu

George Oniani (Foresto), Ivan Krutikov (Ezio), Jonghoon You (Uldino), Magdalena Rahn (Martha, Dienerin), Franz Hawlata (Attila) und Yannick-Muriel Noah (Odabella). Foto: Thilo Beu

Das hinterlässt einen soweit auch durchaus schlüssigen Eindruck, wenn Hilsdorf sich zuweilen nicht einige vermutlich ironisch gemeinte, letztlich aber bemüht wirkende Lizenzen erlauben würde. Die mögen zwar flapsig sein, das Regiekonzept wird dadurch aber eher unterlaufen, als dass es ihm dienlich wäre: der ausufernde Gebrauch von immer zeitlosen, aber auch etwas nichtssagenden, weil mittlerweile auf unzähligen Bühnen allgegenwärtigen Campingstühlen als Allerweltsmöbel und Platzhalter etwa. Genauso die Wurstbude mit TV-Anschluss, die inmitten der Ruinen aufgebaut ist, oder das Elektromobil, mit dem Papst Leo I. (Leonard Bernad) wie in einem Mini-Papamobil über die Bühne kutschiert wird.

Das wirkt doch zuweilen eher klamaukhaft und deplatziert, als dass es szenisch wirklich etwas Essentielles zu sagen hätte. Doch hat Hilsdorfs Inszenierung auch ihre überzeugenden Seiten, die insgesamt überwiegen. Warum der Regisseur bei der Premiere von einer kleinen Gruppe massivst ausgebuht wurde, bleibt letzen Endes rätselhaft, verdient hat er dies jedenfalls nicht. So wird die Figur des Protagonisten etwa nicht als eindimensionaler Held glattgebügelt, sondern differenziert, mit durchaus gebrochenen Nuancen portraitiert.

Hier zeigt sich Franz Hawlata (Attila) als überzeugender Vertreter seines Faches, der stimmlich zwar eher zurückhaltend – in „Jérusalem“ hatte er einen deutlich markanteren Eindruck hinterlassen – agiert, dafür aber mit seiner Bühnenpräsenz zu punkten weiß. Auch die übrige Besetzung ist exquisit: Ivan Krutikov (Ezio) gibt den Feldherrn kraftvoll und viril, mit voluminöser Stimme. So auch Yannick-Muriel Noah (Odabella), die in Bonn zuletzt als Butterfly reüssierte. Auch hier beweist sie stimmliche Größe und Belcanto-Qualitäten, famos. Überaus geschmeidig singt Jonghoon You (Uldino) seine Partie, während George Oniani (Foresto) deutlich mehr Stahl in der Stimme hat. Dafür aber auch genügend Schmelz und Kraft, denn insgesamt überzeugt er.

Auf der Haben-Seite dieser Produktion ist eindeutig auch der Chor der Oper Bonn. Zu Anfang der Premiere agierte man noch recht zurückhaltend und vorsichtig, doch spätestens als der Extrachor hinzukam, gab es kein Halten mehr. Die großartigen Ensemble-Szenen gestaltet vor allem der Chor stimmlich tadellos und mit imposantem Nachdruck. Das eigentliche Highlight der Aufführung ist aber das Beethoven Orchester. Unter der Leitung von Will Humburg spielt es stets mit musikantischem Schwung und dramatischer Wucht. Humburg wütet wieder mit dem glutvollen Furor eines erfahrenen Verdi-Apologeten im Orchestergraben und das Orchester dankte es ihm mit einer in jeder Hinsicht grandiosen Leistung.

Guido Krawinkel

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