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Kulturpolitik

Auf ein Wort mit...
... Hein Mulders, Intendant der Oper Köln

Im Gespräch mit Barbara Haack und Tobias Könemann

Hein Mulders, geboren und aufgewachsen in den Niederlanden, begann nach seinem Studium in der Gesangsabteilung einer der führenden nationalen Musikagenturen in Den Haag als Assistent der Geschäftsführung. Anschließend übernahm er die Position des Orchesterleiters des niederländischen National-Jugendorchesters. 1996 wurde er Leiter für Casting und künstlerische Planung an der Vlaamse Opera in Antwerpen und Gent. Im Sommer 2006 wechselte Mulders als Operndirektor an die Nederlandse Opera in Amsterdam. Von 2013 bis 2022 leitete Mulders als Intendant das Aalto-Musiktheater Essen, die Philharmonie Essen und die Essener Philharmoniker. Im April 2021 wurde er zum Intendanten der Oper Köln ab der Spielzeit 2022/2023 ernannt. Barbara Haack und Tobias Könemann sprachen mit ihm über seine erste Spielzeit in Köln und seine Pläne.

Barbara Haack: In Essen waren Sie Intendant eines Opernhauses, Konzerthauses und Orchesters in Personalunion. Langweilen Sie sich in Köln als „Nur-Intendant“ der Oper?

Foto: Felix Broede

Foto: Felix Broede

Hein Mulders: Nein, überhaupt nicht. Wir haben ja noch immer kein Theater, das beschäftigt uns hier sehr. Man muss natürlich vorbereitet sein auf Eventualitäten. Ich sage sehr selbstbewusst, dass wir 2024/2025 eröffnen.

Haack: Das heißt aber, dass Sie als Realist tatsächlich Plan A und Plan B im Kopf haben?

Mulders: Ich würde es so sagen: „Wir sind vorbereitet.“

Tobias Könemann: Es war ja erklärte Absicht der Stadt, einen Schnitt zu machen und jemanden als Intendanten oder Intendantin zu finden, der oder die den Übergang ins neue Haus als Neuanfang gestalten kann.

Mulders: Genau. Das habe ich natürlich auch gemacht, aber dann habe ich am Anfang der Saison festgestellt, dass ich die Ambitionen ein bisschen zurücknehmen muss, um realistisch in die Zukunft zu schauen. Viele „Zutaten“ habe ich natürlich von dem, was ich geplant hatte, behalten, aber man muss reagieren können, auch im letzten Moment. 2015 kam die Nachricht, dass man den Termin nicht halten würde, drei Monate vor der geplanten Eröffnung. Um solche Überraschungen zu vermeiden, gibt es Alternativen. Wir sind vorbereitet und schauen sehr konstruktiv in die Zukunft.

Haack: Auch für die musikalische Leitung mussten Sie jetzt eine neue Lösung finden…

Ausweichspielstätte Staatenhaus mit Haupt- und Bühneneingang. Fotos: Matthias Jung

Ausweichspielstätte Staatenhaus mit Haupt- und Bühneneingang. Fotos: Matthias Jung

Ausweichspielstätte Staatenhaus mit Haupt- und Bühneneingang. Fotos: Matthias Jung

Mulders: Wir haben, kurz nachdem ich angefangen habe – besser hätte ich es mir nicht wünschen können –, mit François-Xavier Roth „Les Troyens“ realisiert. Ein paar Wochen später hat er uns gesagt, dass er uns verlässt. Nach zehn Jahren ist das eine gute Zeit, und ich verstehe das aus künstlerischer Sicht sehr gut, aber dann mussten wir in dieser Gemengelage auch noch einen neuen Chef oder eine neue Chefin finden. Der Prozess ging dann sehr schnell. Der Markt ist so dynamisch: Man kann seine Wunschliste erstellen, aber ein halbes Jahr später sieht die Wunschliste wieder total anders aus, weil die Personen auf der Liste dann wieder andere Jobs angenommen haben. Wir haben uns schnell entschieden. Andrés Orozco-Estrada wollte kommen, und er passt sehr gut ins Profil der Stadt und zu dem, was wir mit dem Orchester und der Oper vorhaben. François-Xavier Roth war mit dem Bürgerorchester und dem Bürgerchor auch ein Vermittler in die Stadt hinein. Dieser Aspekt ist Andrés Orozco-Estrada auch wichtig, da wird es also eine Kontinuität geben.

Könemann: Herr Roth ist vom Orchester sehr geliebt worden. Wie ist jetzt das Feedback des Orchesters?

Mulders: Andrés Orozco-Estrada hatte im Herbst in Köln ein Projekt. Die Temperaturmessung beim Orchester war damals super, das war ein tolles Konzert. Ich habe ihn als Philharmonie-Intendant in Essen persönlich kennengelernt. Dort konnte ich bereits mit der Crème de la Crème der Welt arbeiten. Als Orozco-Estrada ins Orchester kam, hat man gemerkt, wie kommunikativ und wie expressiv er ist.

Haack: Noch einmal zurück zur derzeitigen Situation. Ich frage mich immer, ob nicht so eine Ausweichspielstätte auch die Chance bietet, mal ein wenig kreativer oder verrückter zu agieren.

Mulders: Absolut. „Nebenan“ ist natürlich ein Top-Festival, die Ruhrtriennale. Dort muss man bei jeder Produktion das Rad neu erfinden. Ähnlich geht es uns hier im Interim. In einem Theater ist vieles gesetzt, da hat man einen Graben und eine Bühne, die kann man gestalten, aber man kann nicht plötzlich dort, wo die Zuschauer sitzen, das Orchester platzieren. Das geht hier natürlich auch nicht, aber man kann das Orchester zum Beispiel an die Seite setzen. Aber acht Jahre sind eine lange Zeit; da ist man inzwischen ein bisschen erschöpft. Technisch kann man fast nichts machen, man kann nur eine Drehscheibe hineinbringen, aber mit Kreativität immer wieder etwas Neues entwickeln. Es ist gut, dass das Ende jetzt absehbar ist.

Haack: In einem Interview haben Sie gesagt, man müsse sein Publikum kennenlernen, nicht in jeder Stadt sei es gleich. Wie weit kennen Sie das Kölner Publikum schon und reagieren darauf?

„La Cenerentola“ mit dem Herrenchor der Oper Köln, Tänzern und Omar Montanari als Don Magnifico. Foto: Matthias Jung

„La Cenerentola“ mit dem Herrenchor der Oper Köln, Tänzern und Omar Montanari als Don Magnifico. Foto: Matthias Jung

Mulders: Relativ gut, ich wurde ja vor zwei Jahren schon ernannt. Ich kenne vor allem auch die Staus und die Stoßzeiten gut, weil ich sehr oft zwischen Essen und Köln hin und her gefahren bin. Ich habe ja schon andere Stationen hinter mir: Amsterdam und Köln sind zwar nicht austauschbar, haben aber ein vergleichbares Flair, ein Publikum, das sehr international und sehr offen ist. Das Publikum in Köln ist, was ich sehr erfreulich finde, nicht nur divers, sondern variiert auch in der Altersstruktur und reagiert auf ein sehr variables Programm: von Hampes sehr bewährten Inszenierungen von „La Bohème“ oder „Die Zauberflöte“ bis hin zu Regietheaterkonzepten oder Uraufführungen.

Ein Statement ist, dass wir jetzt jedes Jahr mindestens eine Uraufführung bringen – auch das funktioniert hier gut. Gleichzeitig machen wir kein reines Feuilleton-Programm. Man entwirft das Programm erst einmal fürs Publikum und reagiert. Ich bin nicht mal ein Jahr unterwegs, aber offenbar scheint es zu klappen, weil wir wieder eine bessere Auslastung haben.

Könemann: Michael Hampe hat Köln auf dem internationalen Parkett positioniert. Das ist nach seiner Intendanz ziemlich verlorengegangen. Es hat Anläufe gegeben, Köln wieder eine überregionale Bedeutung zu geben. So wie ich es einschätze, hat das bis heute nicht besonders gut geklappt. Haben Sie diese Ambitionen auch, Köln wieder auf ein internationales Parkett zu bringen, mit den großen Stars zu arbeiten? Oder sagen Sie: Mein Schwerpunkt ist das Publikum aus Köln und aus dem Umland?

Mulders: Sowohl als auch. Man kann die Zeit von Hampe nicht mit heute vergleichen, nirgendwo in der Welt. Wir Opernkollegen haben ein Portfolio von vielleicht 50 Stars. Hohe Qualität ist mein Anspruch, und den kann ich mit meinen Erfahrungen auch wahrmachen. Bei „Les Troyens“ war die Situation, dass wir die Sängerinnen und Sänger sehr kurzfristig finden mussten. Meine Expertise und meine Leidenschaft sind das Casting, also habe ich mich ein paar Wochen darangesetzt und so zwei junge italienische Sänger gefunden, die auch als Liebespaar glaubwürdig waren. Das ist es, was ich an dem Job toll finde. Ich würde ihn nie nur machen, um Manager und Intendant zu heißen. Ich mache ihn, weil mir das Künstlerische sehr wichtig ist – auf höchstem Niveau. Auch mit weniger Budget ist es möglich, internationale Strahlkraft zu erreichen.

Könemann: Meine Frage bezieht sich auch auf die Inszenierungen, auf Regisseurinnen und Regisseure. Wenn ich mir Ihren Spielplan anschaue, macht dieser einen konservativen Eindruck. Was sich dahinter verbirgt, ist allerdings wieder etwas anderes.

Mulders: Da widerspreche ich vehement. Cecilia Ligorio zum Beispiel hat mit ihrer sehr intelligenten Inszenierung von „La Cenerentola“ ihr Deutschland-Debüt gegeben, nach einem Furor in Italien. Wir haben nächstes Jahr Damiano Michieletto oder Christof Loy hier. Das ist kein konservatives Programm.

Könemann: Ich spreche auch von den Titeln, die auf dem Spielplan stehen.

Mulders: Ja, natürlich, Purcell zum Beispiel ist schöne Musik, aber für „Miranda“ muss man die Leute auch erst einmal begeistern. „Les Troyens“ ist wirklich „not everybody’s cup of tea“; auch der Doppelabend mit „Der Zwerg“ und „Petruschka“ ist kein Durchmarsch. „Cenerentola“: Ja. Aber „Luisa Miller“ ist auch kein „Rigoletto“, kein „Trovatore“, keine „Traviata“. Bei den Wiederaufnahmen kommen einige bewährte Titel. Das hängt aber auch mit dem fehlenden Repertoire hier zusammen, weil hier wenig aufgebaut wurde.

Könemann: Wie man sagt, wurden im 20. Jahrhundert mehr Opern geschrieben als in jedem Jahrhundert davor. Sie planen eine Uraufführung, klar. Ansonsten viel Barock, auch das Purcell-Projekt klingt spannend. Die Frage ist, wie in die Gegenwart hinein eine Verbindung zu schaffen ist. Das führt uns dann zu einem anderen Thema: Was hat eigentlich die Oper für eine Legitimation in der heutigen Zeit, in der heutigen Gesellschaft? Da fehlen mir nur aus dem Spielplan heraus ein wenig die Argumente.

„Der Zwerg“ mit Claudia Rohrbach als Ghita. Foto: Paul Leclaire

„Der Zwerg“ mit Claudia Rohrbach als Ghita. Foto: Paul Leclaire

Mulders: Uraufführungen scheinen selbstverständlich, sie sind es aber nicht. In Essen habe ich in meiner zweiten Spielzeit „Le Grand Macabre“ gemacht, eigentlich ein Kanon- und ein Meisterwerk… Ich wurde dafür beschimpft. Später kam „Dogville“ von Gordon Kampe; ich war bei der Premiere sehr stolz, es gab Standing Ovations in dieser Uraufführung. Ich habe gemerkt, dass man Zeit dafür braucht. Hier gehe ich ins Risiko mit gleich zwei Uraufführungen im nächsten Jahr, weiß aber auch, dass das hier gehen wird.

Haack: In der nächsten Spielzeit gehen Sie inhaltlich durchaus auf aktuelle gesellschaftliche Themen ein.

Mulders: Ja, das trifft auf beide Uraufführungen zu. „The Strangers“ von Frank Pesci ist eine Art Einwanderungsdrama: Sizilianer kommen im 19. Jahrhundert nach New Orleans in ein relativ korruptes Ambiente. Als der Polizeichef umgebracht wird, werden sie im Gericht freigesprochen, jedoch am selben Abend von einem Mob gelyncht. So etwas passiert um uns herum leider jeden Tag. Am Ende der Saison dirigiert unser GMD François-Xavier Roth „Ines“ von Ondřej Adámek, das ist eine „Orfeo ed Euridice“-Geschichte in nuklearen Zeiten: sehr aktuell, und trotzdem sehr poetisch gemacht. Diese Sinnlichkeit ist immer wichtig in der Oper. Man muss mitgenommen werden, wie schlimm oder wie schwer das Sujet auch ist.

Haack: Wie weit sehen Sie sich beziehungsweise das Theater als Player in der Gesellschaft, der eine gesellschaftliche oder politische Verantwortung hat, zum Beispiel mit solchen Stücken, die Sie gerade beschrieben haben? Wie weit ist die Oper politisch oder gesellschaftspolitisch?

Mulders: Sehr, aber ohne belehrend zu sein. Ich halte nicht so viel von sehr verkopften Stücken, wie interessant sie auch sein mögen. Ich versuche natürlich schon, mit allem, was wir tun, ein breites Publikum zu erreichen, ohne auf dessen Knien zu sitzen. Es gibt einige Kollegen, die etwas Herausforderndes bringen, das drei- oder viermal gespielt wird, und dann spielen sie zwanzigmal das „Weiße Rössl“. Das kann man machen, aber ich finde das nicht gut.

Könemann: Es ist letzten Endes auch eine Frage der Größe der Stadt, des Theaters und eine Frage des Charakters der Stadt. Sie haben eingangs Köln mit Amsterdam verglichen. Ich denke, ein wesentlicher verbindender Faktor ist die Weltoffenheit. Und Köln hat eine große Tradition im Bereich der Neuen Musik. Ich glaube schon, dass sich das Kölner Publikum dahin mitnehmen lässt.

Haack: Köln ist auch eine sehr bunte Stadt, es gibt hier viel Migration. Haben Sie das Ziel, auch solche Menschen verstärkt in die Oper zu bekommen oder in die Stadtteile zu gehen, so wie es zum Beispiel in Berlin die Komische Oper macht?

Mulders: Das machen wir immer wieder mit verschiedenen langfristig angelegten Projekten, auch unabhängig von Vorgaben der Politik. Wir werden in der kommenden Spielzeit zum Beispiel „Die Bremer Stadtmusikanten“ aufführen, von dem aus Izmir stammenden Komponisten Attila Kadri Şendil. Die Tiere singen und sprechen einen besonderen Slang, der aus mehreren Sprachen besteht.

Haack: Sie haben ja schon gesagt, Casting sei sozusagen ein Steckenpferd von Ihnen beziehungsweise etwas, das Sie schon lange machen und mit dem Sie viel Erfahrung haben. Sie haben auch gesagt, dass Sie ein besonderes Interesse daran haben, Sänger dabei zu unterstützen sich weiterzuentwickeln. Wie machen Sie das? Gleichzeitig die Frage nach Ihrem internationalen Opernstudio: Wie funktioniert das? Was wird aus den Absolvent*innen?

Mulders: Natürlich ist der Anspruch jedes Opernstudios – das ist nicht nur in Köln so –, kleine Stars von morgen zu verpflichten. Es gibt auch hier namhafte Sängerinnen und Sänger, die ihre ersten Schritte im Opernstudio gemacht haben, übrigens dem ältesten seiner Art im deutschsprachigen Raum. Zudem arbeiten wir mit bestimmten Musikhochschulen zusammen, und wir haben ein tolles Opernstudio-Ensemble für die nächste Spielzeit. Fast alle singen hier – das ist einmalig – in der Kinderoper.

Könemann: Sie haben über das Opernstudio gesprochen, es gibt aber noch einen anderen Übergang von der Ausbildung in die Praxis, gerade in die Opernpraxis hinein, das ist der für die Chöre. Die Hochschulen tun da, nehmen wir jetzt Düsseldorf mit seinem Masterstudiengang mal aus, relativ wenig für professionellen, gerade auch szenischen Chorgesang. Haben Sie Pläne, dort auch aktiv zu werden?

„Miranda“ mit Adriana Bastidas-Gamboa als Miranda, Alastair Miles als Prospero, der Chor der Oper Köln und Mitglieder des Internationalen Opernstudios der Oper Köln. Foto: Sandra Then

„Miranda“ mit Adriana Bastidas-Gamboa als Miranda, Alastair Miles als Prospero, der Chor der Oper Köln und Mitglieder des Internationalen Opernstudios der Oper Köln. Foto: Sandra Then

Mulders: Tatsächlich haben wir eine Chorakademie in Zusammenarbeit mit der Musikhochschule. Das sind acht Stellen, die bei uns permanent besetzt sind. Diese Chorakademie bringt sehr viel, weil natürlich die meisten Sänger*innen solistisch denken, auch solistisch ausgebildet werden. Früher war es noch eine Ehre, in den Chor zu kommen. Das wurde in letzter Zeit schwieriger, und es kommt jetzt hoffentlich wieder ein bisschen zurück, teilweise aus Realitätssinn, aber auch weil dieser Chor wirklich zum Niederknien ist, so gut… Da ist es dann eine Freude mitzumachen. Das ist für mittlere und kleinere Städte natürlich viel schwieriger.

Haack: Wir hören, dass sich im Tanz an der Oper Köln etwas tut. Im Moment haben Sie keine eigene Tanzsparte. Wie sind da die Pläne?

Mulders: Als ich mich hier vorgestellt habe (ich war schon von einer Findungskommission ausgewählt worden, aber ich musste mich noch vor den politischen Parteien präsentieren), habe ich die Frage nach einer Tanzsparte aktiv angesprochen. Jetzt ist die Zeit so reif, dass es bald zu einer Findung kommen und wahrscheinlich in ein oder zwei Jahren eine neue Tanzsparte geben wird. Schön wäre es natürlich, wenn das in der Spielzeit 2024/2025 passiert, wahrscheinlicher ist die Spielzeit 2025/2026 mit dem Vorlauf, den man braucht.

Könemann: Geht Ihre Vorstellung eher in Richtung Tanztheater oder in Richtung klassisches Ballett?

Mulders: Wie man Köln kennt, glaube ich, lässt sich diese Frage schon beantworten. Ich bin da sehr offen aufgestellt, ich könnte mir das sehr breit vorstellen, aber ich sehe es pragmatisch: Es hat so lange gedauert, dass die Notwendigkeit, dass jetzt etwas kommt, wichtiger ist als das, was ich persönlich denke.

Haack: Das zeigt aber, dass die Stadt Köln hinter der Oper steht, wenn diese Tanzcompagnie kommt. Die wird ja auch einiges kosten.

Mulders: Die Stadt Köln steht, so wie ich es in der kurzen Zeit erlebt habe, wie unterschiedlich die politischen Farben auch sind, immer total hinter ihrer Kultur, und das ist sehr schön. Natürlich gibt es auch Leute, die sagen: Das ist alles zu teuer, warum kann es nicht billiger sein? Aber Kultur wird hier nicht grundsätzlich zur Debatte gestellt. Das ist in anderen Städten schon anders.

Haack: Nachhaltigkeit ist gerade ein großes Thema, auch in den Theatern. Wo setzen Sie da an?

Mulders: Das geht bei ganz kleinen Beispielen los. Es passiert bei Koproduktionen, national oder international, dass wir nicht nach jeder wunderbaren Produktion die Materialien wegwerfen, sondern bewusst mit allem umgehen, was wir schaffen. Es geht auch um Materialien, die nachhaltig, aber manchmal teuer sind oder vielleicht nicht so cool aussehen. Plastik oder Polyester kann in bestimmter Beleuchtung manchmal besser aussehen als der echte Stoff, aber man trifft doch bewusst so eine Wahl. Oder man versucht, mit drei, vier oder fünf Opernhäusern eine große Produktion an verschiedenen Orten zu zeigen, vielleicht nicht gerade „next door“, damit man das Material mehrfach verwertet. Aber es sind auch ganz banale Sachen: in Energiezeiten die Heizung nicht über 19 Grad zu drehen, das hilft natürlich in einem großen Unternehmen. Ich selbst habe so ein automatisches Bewusstsein – vielleicht ist das der Niederländer in mir –, sparsam mit meinen Ressourcen und meinen Sachen umzugehen. Wir werden das Thema hier weiter vertiefen, es ist ein sehr breites Feld. Ich finde es sehr gut, dass das jetzt in vielen Köpfen ist.

Haack: Sie haben eine künstlerische Zusammenarbeit mit dem Kölner Männer-Gesang-Verein und zeigen jedes Jahr zur Karnevalszeit das „Divertissementchen“. Wie stehen Sie als Niederländer zum Karneval – wenn Sie jetzt Kölner sind?

Mulders: Ich bin katholisch, also…

Haack: Das ist keine Antwort.

Mulders: Ich denke, die Frage, wo man konfessionell herkommt, ist nicht unwichtig bei dieser Frage. Karneval ist nicht meine erste Priorität. Aber ich bin immerhin Ehrensenator in der Ehrengarde, eine intensive Erfahrung!

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