Hintergrund
Wohin kommt der Notenschrank?
Neue Heimat für die Staatsoperette Dresden
Am 16. Dezember soll die Staatsoperette Dresden, die gemeinsam mit dem Theater der Jungen Generation ihre neue Wirkungsstätte im Kraftwerk Mitte erhält, eröffnet werden. Schon seit einiger Zeit prägen die modernen Bühnentürme sowie die Fassade aus historischem Klinker und markantem Cortenstahl des aus einer Industriebrache entstandenen Baus den neuen Kulturstandort in Dresden.
Das neue Gebäude – noch im Bau. Foto: Dag Hornschild
Die Arbeiten im Innenbereich gehen zügig voran. Das Foyer ist schon fast fertig. Viele Bauarbeiter und hochspezialisierte Handwerker arbeiten auf Hochtouren in der Endphase vor der schrittweisen Übergabe der Spielstätten. Die neuen Theaterwerkstätten und das Verwaltungsgebäude konnte der Baukonzern Ed. Züblin AG bereits an den Bauherren und künftigen Vermieter Kommunale Immobilien Dresden GmbH Co. KG (KID) übergeben. Werkstätten und Verwaltung konnten also schon umziehen. Im Herbst soll dann der Innenausbau soweit abgeschlossen sein, dass mit dem Probenbetrieb begonnen werden kann.
Mit großem Interesse nutzten die Mitglieder des Chores die Gelegenheit, von Technikdirektor Mario Radicke durch die Baustelle geführt zu werden. Dag Hornschild, Ortsdelegierter der VdO, berichtet von den Eindrücken:
Die Spannung steigt. Mit großer Neugier nutzten wir die Chance, unser zukünftiges Domizil im Kraftwerk Mitte kennenzulernen. Schneiderei, Chorgarderoben, Kantine, Chorprobensaal, Orchestersaal, Probebühne, Ballettsaal, Maske und Bühne – so gestaltete sich der Rundgang. Interessiert besichtigten wir unsere neue Arbeitsstätte. Im Kopf entstanden Bilder, wie sich unser zukünftiger Arbeitsalltag wohl gestalten werde.
Natürlich verbinden sich damit Hoffnungen auf bessere Arbeitsbedingungen. Ein eigener Chorsaal im Gebäude: Wird die Akustik stimmen? Eine Eins-zu-Eins-Probebühne: Werden Arbeitsabläufe in einer sinnvollen Probendisposition stattfinden können? Neue Belegungspläne in den neuen Chorgarderoben: Wird das funktionieren? Die Kantine: pulsierendes Herz der beiden Theater – und zentraler Treffpunkt für die Mitarbeiter?
Unsere neue Bühne, von der aus wir Impulse für das kulturelle Leben unserer Stadt setzen wollen: Hoffnungsvoll betraten wir sie das erste Mal. Erfreulich ist die spürbare Nähe zum Zuschauerraum sowie zum Orchestergraben. Beeindruckend sind die größeren Ausmaße der Bühne und die Möglichkeiten, die sich mit kompletter Hinterbühne, rechter Seitenbühne, Unterbühne und einer etwas kleineren linken Seitenbühne eröffnen werden. Kleiner Wermuts
tropfen: Nicht alle Wünsche an das 92 Millionen Euro teure Projekt können in Erfüllung gehen. Die Kosten dürfen nicht überschritten werden. Schmerzlich deutlich werden daher die fehlenden Investitionen in die gewünschte Bühnen- und Lichttechnik. So hat man sich von der Idee einer versenk- und kippbaren Drehbühne, die ursprünglich geplant war, verabschiedet. Die Unterbühne fällt damit zur Nutzung weitestgehend weg. Ein Fragezeichen steht auch noch hinter dem Beleuchtungskonzept, welches vorerst mit nur 50 Prozent starten wird. Ein weiteres Manko stellt die mangelhafte Verbindung zwischen den Gebäuden von Theater und Verwaltung dar. Für das gestrichene Raumakustikkonzept wiederum konnte eine preiswertere Alternative gefunden werden, die dankenswerterweise durch den Förderverein getragen werden soll.
Nach 70 Jahren Notlösungs-Nachkriegs-Provisorium am Rande der Stadt ziehen wir nun endlich wieder zurück in die Innenstadt. Nur wenige Gehminuten von Zwinger und Semperoper entfernt treffen sich die Kraft von Operette und Jugendtheater, Musical, Puppenspiel und Oper in einem alten Kraftwerk. Eine klassische Gebäudeumwidmung vom 19. direkt in das 21. Jahrhundert steht vor der Vollendung. Wir alle sind gespannt, aufgeregt, manchmal hitzig, motiviert und letzten Endes zuversichtlich. Und ganz bestimmt wird sich für den Notenschrank auch noch der rechte Platz im neuen Domizil finden.
Dag Hornschild |