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Kulturpolitik

Noch mal gut gegangen

Weltfunkkonferenz hat keine Entscheidung zur Mikrofonie getroffen

Von Oktober bis November letzten Jahres tagte im ägyptischen Sharm el Sheikh die Weltfunkkonferenz. Die alle vier Jahre stattfindenden Weltfunkkonferenzen dienen dazu, sich international über die Funkdienste zu verständigen. Dabei werden auf internationaler Ebene sowohl Regelungen getroffen als auch Zuweisungen von Frequenzen an einzelne Funkdienste vorgenommen. Sie sind erforderlich, damit das Funkfrequenzspektrum störungsfrei genutzt werden kann.

Veranstalter der Weltfunkkonferenzen ist die Internationale Fernmeldeunion mit Sitz in Genf. Sie ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen und befasst sich als einzige, weltweite Organisation verbindlich mit den technischen Aspekten von Telekommunikation.

Jede Weltfunkkonferenz legt die Tagesordnung für die kommende Weltkonferenz fest, die vier Jahre später stattfindet. In Sharm el-Sheikh ging es im Oktober und November also nicht nur um die Regelungen und Zuweisungen, die aktuell anstanden, sondern auch um die Themensetzung für die nächste Weltfunkkonferenz.

In Deutschland war für die Vorbereitung der Weltfunkkonferenz das Bundesministerium für Wirtschaft und digitale Infrastruktur zuständig, das zwar eine nationale Vorbereitungsgruppe eingerichtet hatte, aber für die besonderen Probleme aus dem Kulturbereich nicht sensibilisiert war. Denn vor der Weltkonferenz bestand die Sorge, dass weitere Rundfunk- und Kulturfrequenzen (600 MHz-Band) für den Mobilfunk geöffnet werden sollten. Insbesondere von arabischen Staaten kam die Forderung, die Öffnung des 600 MHz-Band für den Mobilfunk verbindlich auf die Tagesordnung der nächsten Weltfunkkonferenz zu setzen.

Das Frequenzband zwischen 470 und 694 MHz wird derzeit für die terrestrische Rundfunkverbreitung von audiovisuellen Medien einschließlich TV und Radio und den Einsatz drahtloser Produktionsmittel (zum Beispiel Funkmikrofone) – die in der Kultur- und Kreativwirtschaft von hoher Bedeutung sind – genutzt. Mit einer Öffnung des 600 MHz-Bandes für mobile Breitbanddienste würden diese Frequenzen de facto für Veranstalter aus der Kulturwirtschaft, öffentliche Theater- und Orchester, soziokulturelle Zentren sowie auch andere Kulturveranstalter wie beispielsweise die Amateurtheater langfristig nicht mehr zur Verfügung stehen. Das würde den gesamten Kulturbereich vor große Probleme stellen, weil es keine gleichwertigen Ersatzfrequenzen gibt, unabhängig von den dann erforderlichen Investitionen in neue Empfangs- und Produktionsgeräte.

Der Rundfunk nutzt das UHF (ultra high frequeny)-Band für die terrestrische Verbreitung seiner TV- und Radioangebote, um auch die Haushalte versorgen zu können, die über keinen Kabelanschluss oder eine Satellitenempfangsanlage verfügen. Für Theater, Orchester und andere Veranstalter sind Funkmikrofone unverzichtbar, damit die Künstlerinnen und Künstler das Publikum erreichen. Bei Musiktheatern sind aufwendige Performances überhaupt nur mit Funkmikrofonen möglich. Jedes einzelne Mikrofon braucht eine eigene Frequenz, die bei der Aufführung nicht gestört werden darf. Dafür eignen sich aber nur bestimmte Frequenzen.

In den vergangenen Jahren gingen für den Kulturbereich durch die Versteigerung der Rundfunk- und Kulturfrequenzen an den Mobilfunk bereits die Hälfte der für diesen Sektor wichtigen Frequenzen verloren. Auch wenn es sich vorrangig um eine technische Frage zu handeln scheint, geht es im Kern um nicht weniger als die Funktionsfähigkeit der Kultur- und Kreativwirtschaft. Denn neben den Theatern und Orchestern sind viele weitere Veranstalter, wie zum Beispiel Kirchen, Stadthallen, soziokulturelle Zentren, Volksfeste von dem Thema betroffen.

Der Deutsche Kulturrat hat daher die Bundesregierung aufgefordert,
sich vor und bei der Weltfunkkonferenz 2019 dafür einzusetzen, dass das 600 MHz-Band nicht für den Mobilfunk freigegeben wird, und es langfristig für den Rundfunk und die Kultur- und Kreativwirtschaft zu sichern und schnellstens in einem Masterplan ausreichend und geeignete Frequenzbereiche für den dauerhaften Einsatz von Funkmikrofonen zu definieren, damit die Theater und Orchester sowie weitere Kulturveranstalter Planungssicherheit erhalten.

Die deutschen Vertreter haben bei der Weltfunkkonferenz in Sharm el-Sheikh die Position vertreten und durchgesetzt, dass das 600 MHz-Band noch nicht für den Mobilfunk freigegeben werden soll. Das bedeutet, dass zunächst aufgeatmet werden kann. Die Gefahr ist aber nicht vollständig gebannt. Die fortschreitende Digitalisierung und insbesondere die Nutzung von Industrie 4.0 werden den Bedarf an Frequenzen steigen lassen.

Es gilt daher zum einen die technische Entwicklung in der Mikrofonie voranzutreiben und zum anderen den weiteren Diskussionsprozess genau zu beobachten und ein technisches Thema, das für den Kultur- und Mediensektor hoch relevant ist, im Blick zu halten.

Olaf Zimmermann

Olaf Zimmermann ist Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates.


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