Brennpunkte
Zur Situation deutscher Theater und Orchester Bewegung in Berlin?
Mehr als 1 1/2 Jahre nach dem letzten Tarifgespräch am 8.
September 2008 und nach zahllosen Aufforderungsschreiben und einer
von der VdO initiierten öffentlichen Protestaktion der Gewerkschaften
vor dem Roten Rathaus im vergangenen November hat nun – nach
Verabschiedung des Haushaltes für die Jahre 2010 und 2011
sowie einem Tarifabschluss für das nichtkünstlerische
Personal der Stiftung Oper in Berlin – der Senat den Deutschen
Bühnenverein beauftragt, in Verhandlungen auch für das
künstlerische Personal einzutreten.
Die erste Verhandlungsrunde am 20. April 2010 verlief enttäuschend:
Die gemeinsam verhandelnden Künstlergewerkschaften VdO, GDBA
und DOV hatten auf die immer wieder von Seiten des Senats und der
Opernstiftung gemachte Aussage vertraut, die „Potsdamer Abschlüsse“ von
2003 mit einer linearen Vergütungserhöhung im Volumen
von 4,46% würden ab 01.01.2010 – ebenso wie nach Auslaufen
des Beschäftigungssicherungstarifvertrages für das nichtkünstlerische
Personal – auch für die nach NV Bühne und TVK beschäftigten
Künstler uneingeschränkt umgesetzt. Die Arbeitgeberseite
verknüpft dies nun mit der Forderung nach Übernahme der
zwischenzeitlichen Neuregelungen im NV Bühne, wonach u. a.
das Urlaubsgeld entfällt und die Zuwendung auf 72% herabgesetzt
wird. Hierdurch würde die Vergütungserhöhung auf
grob gerechnet ca. 3% reduziert. Auch die Frage der zwischenzeitlich
an das nichtkünstlerische Personal erbrachten Leistungen (Einmalzahlungen
bzw. Anhebung der Vergütungen um 65,- € pro Monat) konnte
nicht hinreichend geklärt werden. Vor dem Hintergrund, dass
das künstlerische Personal schon in der Vergangenheit schlechter
gestellt worden ist und auch in dem neuen Tarifvertrag für
die nichtkünstlerisch Beschäftigten der Opernstiftung
erhebliche materielle Verbesserungen enthalten sind, die auf das
künstlerische Personal nicht 1:1 übertragbar sind und
deshalb aus Arbeitgebersicht aus dem Verhandlungsgegenstand schlicht
herausfallen, ist dieses „Angebot“ für die Künstlergewerkschaften
so nicht verhandlungsfähig. Hier wird deutlich, dass Land
und Opernstiftung entgegen allen früheren Beteuerungen den
Versuch unternehmen, sich aus jeglicher Bindungsklausel heraus
zu stehlen und das künstlerische Personal langfristig von
den Entwicklungen des öffentlichen Dienstes abzukoppeln.
Vielmehr muss – nach Übernahme des Potsdamer Abschlusses
und der zwischenzeitlichen spezifischen Berliner Tarifentwicklungen – im
Zusammenhang mit der Übernahme des aktuellen NV Bühne
ein Paket vereinbart werden, das neben einer sinngemäßen Übertragung
der im nichtkünstlerischen Bereich vereinbarten materiellen
Regelungen die allmähliche Angleichung der Vergütungen
an das zwischenzeitlich erreichte Niveau der übrigen TV-L-Häuser
ermöglicht. In diesem Zusammenhang werden natürlich auch
der Wegfall des Urlaubsgelds und die Anpassung der Zuwendung an
das im NV Bühne geltende Niveau zur Diskussion stehen.
Am 11. Mai 2010 steht eine weitere Verhandlungsrunde an. Dabei
wird es sich zeigen, ob Bühnenverein, Land und Opernstiftung
bereit sind, den im NV Bühne festgeschriebenen Begriff der „sinngemäßen
Anpassung“ auch für Berlin mit Leben zu erfüllen,
oder ob hier im Sinne einer umgekehrten „Rosinentheorie“ nur
Fragmente der allgemeinen Tarifentwicklung übernommen werden
sollen. Daran allerdings würde die Berliner Opernszene unabsehbaren
Schaden nehmen. Und keiner sollte dann sagen, er habe es nicht
kommen sehen. Bautzen
In der Stiftungsratssitzung der Stiftung für das Sorbische
Volk vom 04.05.2010 wurde das von der mit der Umsetzung der beschlossenen
Neustrukturierung des SNE betrauten Arbeitsgruppe vorgelegte Papier über
die künftige Strukturveränderung beschlossen.
Demnach werden zwar weniger Stellen als ursprünglich befürchtet
abgebaut - die Bühne wird von 107 auf 80 Stellen (statt ursprünglich
geplanten 62) verkleinert; zum 1. August nächsten Jahres soll
der Ensemble-Umbau abgeschlossen sein.
Leider jedoch ging die Stiftung auf die von den Gewerkschaften
gemeinsam verfasste Aufforderung nicht ein, die nötigen Umstrukturierungen
gemeinsam im Rahmen eines Haustarifvertrages sozial verträglich
zu gestalten, und so auch Raum für eine intensivere Diskussion
der möglichen Kooperation mit dem deutsch-sorbischen Volkstheater
zu geben. Dies hat zur Folge, dass nunmehr Abfindungen in Millionenhöhe
fällig werden, statt dass diese Gelder zweckgerichtet hätten
in die Umstrukturierung fließen können. Am härtesten
von dem Stellenabbau sind die Sparten Ballett und Orchester betroffen,
was zur Folge hat, dass die Rechtmäßigkeit des geplanten
Abbaus von den Gewerkschaften mit besonderem Augenmerk verfolgt
werden wird. Görlitz
Bzgl. der im Rahmen der Fusion der Theater Görlitz und Zittau
(s. Bericht S. 20) notwendig gewordenen Personalüberleitung
der künstlerisch Beschäftigten auf die Gerhart-Hauptmann-Theater
Görlitz/Zittau GmbH ist mit den Gewerkschaften für den
19. Mai 2010 ein erster Verhandlungstermin vereinbart. Wir werden
weiter berichten. Cottbus
In der Frage, wie die Verhandlungen über die Anpassung der
Tarifsituation der künstlerisch Beschäftigten der Brandenburgischen
Kulturstiftung Cottbus weitergehen, ist von Seiten der Stiftung
Bewegung signalisiert worden, die Gewerkschaften stimmen sich gerade
mit der Stiftung über einen Termin zur Fortführung der
Gespräche ab.
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