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Schon 1959 hatte sich die im selben Jahr gegründete Vereinigung
deutscher Opernchöre und Bühnentänzer (VdO) der
Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG) angeschlossen. 1978 bestimmten
die Vorstände von DAG und VdO den damals bei der DAG für
Kunst und Medien zuständigen Gewerkschaftssekretär Stefan
Meuschel zum Sprecher des VdO-Bundestarifausschusses, 1996 berief
ihn die VdO – als Nachfolger von Walter Kane und Bruno Lehmann – zugleich
zu ihrem Geschäftsführer.
Aus beiden Positionen, nach 31 Jahren als Sprecher des Bundestarifausschusses
und 13 Jahren als Geschäftsführer – und mit Rückblick
auf 60 gemeinsam mit Theo Geißler herausgegebene Ausgaben
der VdO-Verbandszeitschrift „Oper&Tanz“ – scheide
ich jetzt im Frühjahr 2009 aus. Die Gewissheit, dass die zuständigen
Gremien der VdO – der Bundesvorstand unter Vorsitz Winfried
Knolls, seit 2008 Margot Ehrlichs, sowie die Bundesdelegiertenversammlung – optimale
Lösungen für die Nachfolge gefunden haben, gestattet
mir einen Blick in die Zukunft der VdO, der nur von den Sorgen
um die allgemeine Wirtschafts-, Kultur- und gewerkschaftspolitische
Lage verschattet ist. Die neue Leitung der VdO verfügt über
einen gesicherten und funktionierenden Apparat, darf sich vor allem
der Solidarität und des kollegialen Miteinanders der Mitgliedschaft
sicher sein. Letzteres sind die wichtigsten Garanten für die
Bewältigung der Zukunftsprobleme.
Eine Deutsche Angestellten-Gewerkschaft, experimentierfreudiges
Institut zur Sicherung des gewerkschaftlichen Pluralismus – vor
allem im Bereich der Kultur – und der Gleichzeitigkeit von
spezifisch orientiertem Berufsverband und vereinheitlichender binnendemokratischer,
dem Staat gegenüberstehender Gegenmacht, war Anfang des dritten
Jahrtausends mit manch anderen zur Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft
(ver.di) verschmolzen. Allein schon deren Größe samt
der daraus resultierenden binnenstrukturellen Schwerfälligkeit
macht die sinnvolle Regelung zum Beispiel der Dienstzeiten des
rollenden, fliegenden, musizierenden, schreibenden Personals in
Lokomotiven, Flugzeugen, Krankenhäusern, Redaktionsstuben
oder Kultureinrichtungen zu einem Blinde-Kuh-Spiel, dessen maßstabsetzende
Sieger immer dann Verwaltung und Bürokratie zu bleiben drohen,
wenn die Betroffenen nicht über eigene, auch organisationsrechtliche
Durchsetzungsfähigkeit verfügen. Zwangsläufig entließ die
Gründung der ver.di die Mehrzahl der betroffenen Berufsverbände
in die verbandliche, in günstigen Fällen auch tarifliche
Selbständigkeit, die erforderlich ist, um im Einheitsbrei
des öffentlichen Dienstes die jeweiligen beruflichen und betrieblichen
Besonderheiten praxiskonform zu regeln.
Der Kader ist gewerkschaftspolitisch notwendig, ist aber kein
Köder,
zu seinen Gunsten die beruflich notwendigen Freiheiten, auch die
beruflich erforderlichen Zwänge aufzugeben.
Die VdO hat in der Zeit meiner Geschäftsführung diesen
einigermaßen mühsamen Weg beschritten. Ihn fortzusetzen,
dabei die Hoffnung auf künftige vernünftige Solidarität
zwischen gewerkschaftlicher Gegenmacht und individueller Berufspolitik
aufrecht zu erhalten, war für mich Überzeugungstäterschaft.
Meinen Nachfolgern, dem neuen Bundesvorstand und den Kollegen Tobias
Könemann und Gerrit M. Wedel, sei das gerade in unserer Branche
erforderliche, aber so schwer nur lenkbare Glück auf diesem
Weg gewünscht, der recht eigentlich die von uns vertretenen
Berufe in ihrer heutigen Form erst geschaffen hat.
Schaut zu, was die VdO aus dem ihr auf den Weg mitgegebenen Toi-toi-toi
machen kann.
Herzlichst
Euer Stefan Meuschel
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