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Fragwürdige Kulturexpertise für Nordrhein-Westfalen
„Kunst- und Kulturexperten haben der Landesregierung Ideen
für
neue Akzente in der Kulturpolitik präsentiert“, heißt
es in einer Meldung der Staatskanzlei Nordrhein-Westfalen. „Kunst
NRW“ ist das Ergebnis: eine Publikation, die von einem zehnköpfigen
Gremium aus Vertretern aller Kunstsparten entwickelt wurde. Beauftragt
waren erklärtermaßen Fachleute von außerhalb der
Landesgrenzen. Ziel der Initiatoren (Staatskanzlei NRW und Kunststiftung
NRW) ist es, das Land Nordrhein-Westfalen zu einer Kulturmarke
im internationalen Kontext zu machen.
Das Ergebnis lässt Fragen offen. So sollen zum Beispiel die
Bühnen der Stadt Köln sowie das Musiktheater und Schauspiel
Essen zu Staatstheatern werden. Welche Kriterien für diese
Auswahl angesetzt wurden, entzieht sich dem Außenstehenden.
Soll Essen aufgrund der hervorragenden künstlerischen Arbeit,
die dort in den letzten Jahre stattgefunden hat, aufgewertet werden,
so attestiert das Experten-Papier den Bühnen der Stadt Köln,
dass sie „seit vielen Jahren kaum mehr positiv in Erscheinung
traten und auch über die Stadt hinaus keine Rolle mehr spielten“.
Geht es hier also um Exzellenz-Förderung oder um Krisenmanagement? Ähnliches
gilt für die Empfehlung, das Konzerthaus Dortmund verstärkt
zu fördern. Grund für diese Auswahl ist die große
Innovationsbereitschaft des Hauses. Dass eine solche auch oder
sogar noch stärker in der mutigen und mehrfach ausgezeichneten
Programmgestaltung des Konzerthauses Essen erkennbar ist, findet
hier keine Erwähnung. Ein „Pina-Bausch-Archiv und Studiobühne
einrichten“ lautet der Vorschlag zum Thema Tanz; hinzu kommt
die nicht unbedingt konkrete Empfehlung, die „Tanzszene verstärkt
zu fördern“. Es bleibt der Eindruck einer sehr subjektiv
gestalteten Auswahl und die Frage am Schluss, ob es in einer solchen
Experten-Arbeit eigentlich nur um die Förderung des Bestehenden
gehen sollte oder nicht auch um den einen oder anderen Impuls zu
Neuem. Ansonsten hätte man vielleicht auch die Verwaltungsebene
der Landesregierung mit der Expertise beauftragen können.
Schutzfrist-Verlängerung
Nach deutschem Urheberrecht erlöschen die (Leistungsschutz-)
Rechte der Sänger und Musiker fünfzig Jahre nach Erscheinen
des Ton- oder Bild-/Tonträgers (Schallplatte, CD, DVD), auf
dem ihre Darbietung fixiert ist. In den USA ist diese Schutzfrist,
während der die Nutzung der Leistung einen Vergütungsanspruch
auslöst, auf fünfundneunzig Jahre verlängert worden.
Die Kommission der Europäischen Gemeinschaft hat am 16. Juli
2008 einen Richtlinienvorschlag verabschiedet, der dem US-amerikanischen
Beispiel folgt. Der globalisierte Musikmarkt und die Wettbewerbsfähigkeit
neuer Aufnahmen erfordere diese Anpassung, erklärte Binnenmarkt-Kommissar
Charlie McGreevy. Dem Vorschlag müssen, bevor er in Kraft
treten kann, das Europäische Parlament und die Mitgliedstaaten
zustimmen.
Kresnik schimpft
Das deutsche Tanztheater wird nach Ansicht des österreichischen
Choreografen und Regisseurs Johann Kresnik derzeit „verantwortungslos
ruiniert“. Kresnik, der kürzlich ein festes Engagement
am Bonner Theater verlor, schrieb in einem Beitrag für das
Magazin „Kultur-Spiegel“, die Bonner Lokalpolitiker
seien „enorm verlogen“ und seine ehemalige Wirkungsstätte
sei „eine finstere Stadt“. Zudem beschuldigte er den
amtierenden Bonner Theaterchef Klaus Weise, als „Theaterabwickler“ die
Tanzsparte abgeschafft zu haben, um Sparwünsche der Politiker
zu erfüllen. Kresnik griff auch jüngere Choreografen
an. Es fehle dem Nachwuchs an kritischem sozialem Engagement. Heftig
attackierte Kresnik außerdem Kritiker, die seine Arbeit „früher
großmäulig gefeiert“ hätten, jetzt aber „eine
ganze Kunst verdammen, die sie früher gut fanden“.
Bayreuth: Ein Würfel ist schon gefallen
Der Stiftungsrat der Richard Wagner-Stiftung Bayreuth wird am 1.
September 2008 über die künftige Leitung der Festspiele
entscheiden. Wolfgang Wagner, der von 1951 bis 1967 zusammen
mit seinem Bruder Wieland, seither allein Gesellschafter und
Geschäftsführer der Bayreuther Festspiele GmbH war,
wird am 30. August 2008, am Tag seines 89. Geburtstages die Leitungsposition
nach 57-jähriger Intendanten-Dienstzeit räumen. (Foto:
Festspiele)
Ariola wird japanisch
Der Medienkonzern Bertelsmann hat seinen ihm verbliebenen fünfzigprozentigen
Anteil an der in München ansässigen Schallplattenfirma „Ariola“ an
Sony verkauft.
Bertelsmann hatte sich schon 2004 mit Sony zusammengetan; jetzt
ziehen die Gütersloher sich endgültig aus dem operativen
Plattengeschäft zurück. Sony hat dem Vernehmen nach 1,5
Milliarden Euro für die 1958 gegründete „Ariola“ gezahlt;
nach EMI ist es nunmehr das zweitgrößte Musikunternehmen
der Welt und wird als „Sony Music Entertainment“ firmieren.
Bertelsmann will sich den Risiken und Strukturveränderungen
des schwächelnden Musikmarkts nicht länger aussetzen
und sich auf den Handel mit Musikrechten beschränken.
Kulturausgaben weiter gesunken
Die Kulturausgaben der öffentlichen Hand halten weder mit
der wirtschaftlichen Entwicklung noch mit den Steuereinnahmen Schritt.
Einer von AP am 14. Mai 2008 veröffentlichten Antwort der
Bundesregierung auf eine Anfrage der FDP-Fraktion ist zu entnehmen,
dass Bund, Länder und Gemeinden im Jahr 2007 rund 8,15 Milliarden
Euro für kulturelle Zwecke ausgegeben haben. Das sind 0,34
Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Im Jahr 2000 lag der prozentuale
Anteil bei 0,4 Prozent, 2005 immerhin noch bei 0,36 Prozent. Dabei
steigen die Kulturausgaben des Bundes kontinuierlich an, während
die der Länder und Gemeinden sinken.
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