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Die diesjährigen Gagen-Anpassungstarifverträge, näher
erläutert in der letzten Ausgabe unserer Zeitschrift (Ausg.
3/08, S. 32), weisen ebenso wie ihre Auswirkungen auf die Theater
ein paar Merkwürdigkeiten auf, die näher zu betrachten
sich lohnt, wobei unsere Aufmerksamkeit zunächst nur dem Abschluss
im Geltungsbereich des TVöD gelten kann, also dem Tarifvertrag
für die Beschäftigten bei Bund und Kommunen.
Da ist zunächst die Höhe des Abschlusses,
die als unerwartet zu bezeichnen entweder einige Weltfremdheit
verrät oder den
Versuch, unzulängliche Einstellungen in den Haushalt zu begründen.
Seit April 2003 hatten die Gewerkschaften sich ungeachtet sinkender
Netto-Reallöhne auf Einmalzahlungen eingelassen. Über
den auch aus Kreisen der Berliner Koalition propagierten „kräftigen
Schluck aus der Pulle“, der in der Tarifrunde 2008/09 angesichts
von Wirtschaftswachstum und Inflationsrate fällig sei, bestand
also dem Grunde nach, wenn auch leicht resignative Einigkeit. Bemerkenswert ist ebenso die Struktur des Abschlusses: im Jahr
2008 eine Anhebung aller Monatsentgelte um 50 Euro plus einer linearen
Steigerung um 3,1 Prozent, der 2009 weitere 2,8 Prozent sowie eine
Einmalzahlung in Höhe von 225 Euro folgen sollen (für
2008 wurde dieser Abschluss in etwa in die Gagenregelungen des
Normalvertrags Bühne-Kommunen bereits übernommen). Anders
als Einmalzahlungen, die, wie ihr Name sagt, nur von einmaliger
Wirkung, also nicht bleibend „tabellenwirksam“ sind,
bewirkt die Anhebung der Entgelte um einheitlich 50 Euro eine auf
Dauer wirksame, sozial gespreizte Anhebung zwischen rund 7,5 Prozent
für die unteren, rund 4,0 Prozent für die oberen Gehälter.
Das war sozialpolitisch gewollt.
Schwer verständlich, eigentlich skandalös zu nennen sind
jetzt die Reaktionen einiger Rechtsträger kommunaler Bühnen
auf diesen Tarifabschluss. Als hätten sie nicht gewusst, dass
am Theater durchschnittlich schlecht verdient wird, zeigen sie
sich empört, dass der Tarifabschluss angesichts der vielen
kleinen Gehälter mit daraus sich ergebendem Zuwachs von sechs
bis sieben Prozent überdurchschnittlich teuer erscheint. Und
diesen Zuwachs, meinen sie obendrein, könne das Theater doch
selber erwirtschaften, zumal das leider in einigen Zuwendungsverträgen
mit in privater Rechtsform betriebenen Bühnen ausdrücklich
so geregelt ist.
In unserer Rubrik „Brennpunkte“ haben wir Beispiele
aufgelistet, bei denen vor allem die in jedem Fall gen Himmel stinkende
mal Ignoranz, mal Tätigkeitsunlust der (Kultur-)Politiker
auffällt: Statt in der diagnostizierten, ihnen bekannten Dauerkrise
geduldig und vor allem gemeinsam mit den betroffenen Theatern an
langfristigen, auch sozialverträglichen Lösungen zu arbeiten,
verfallen sie periodisch oder aus gegebenem Anlass, wie zum Beispiel
dem einer Tarifbewegung, hackebeilschwingend in politische Veitstänze.
Das ist besonders bedauerlich, wenn das Theater oder das Orchester
einer mittleren Kommune, oft genug mit Unterstützung Dritter,
dem bundesweit zu erkennenden guten Trend folgt, sich bildungspolitisch
zu vernetzen, sei es in der Kooperation mit Kindergärten und
Schulen, sei es durch Pflege des Kinder- und Jugendtheaters.
Dem Eindruck sich zu verschließen, die deutsche Provinz werde
immer provinzieller, fällt schwer. Ihr Stefan Meusche
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